Der Salon der alten Dame

…oder: das Cafe Korb als gesellschaftlicher Treffpunkt.

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Nach allem was man so sagen kann ist das Cafe Korb eigentlich kein sehr schönes und nicht besonders gutes Kaffeehaus, dennoch ist es zweifelsohne eines der wichtigsten Kaffeehäuser Wiens, in dem sich die Kunst-Society die Klinke in die Hand gibt. Hier teffen sich die, von denen man in den Seitenblicken hört, mit denen, die die Gesellschaft scharfzüngig kritisieren, und jenen, die sie gestalten. Kurz von der Politik über die Kunst bis zur Society-Lady ist jede und jeder der Rang und Namen hat hier im Wohnzimmer der alten Dame Korb zu Gast. Es gibt zwar einige Zaungäste aber bezeichnender Weise keine als solche erkennbaren Touristen in diesem sehr zentral gelegenen Cafe.

In dem recht kleinen mit Tischen und Sesseln eher vollgestopften Raum im 60er Jahre Design, aber vor allem dem wundervollen Schanigarten habe ich schon vom Ex-Kanzler über Society-Größen bis zum Avantgarde-Künstler alles gesehen. Mehr noch ich habe diese Menschen wie in ihrem Wohnzimmer oder bei Freunden zu Gast angetroffen, nicht als überraschende „berühmte“ Gäste, sondern als Stammkunden vom Ober begrüßt. Und diese Menschen, von denen viele sicher zu den „Lucky Few“ gehören, treffen sich dann quasi zufällig hier, begrüßen sich kurz, setzen sich zueinander an den Tisch und plaudern. Die Tische nahe der Küche sind scheinbar fast ausschließlich solchen „Prominenten“ und die Tische nahe dem Eingang eher dem Normalpublikum vorbehalten.

Hier im Korb steht die Kleidung der Gäste in einem eklatanten Widerspruch zum eher schmuddeligen Interieur. Auf seine Weise ist das Korb um nichts weniger trendig als das gegenüber liegende Delias, nur eben nicht so offensichtlich sondern eher für „Insider“.

Entgegen den Behauptungen vieler Korb-LiebhaberInnen finde ich den Kaffee zwar trinkbar, aber nicht besonders gelungen. Aber hier gilt einmal mehr: ins Cafe und erst recht ins Korb geht man so und so nicht wegen des Kaffees oder gar des Essens (das nicht schlecht ist).

Als unübertroffenes Beispiel des Wiener Kaffeehauscharmes empfand ich die folgende Begebenheit:

Ich saß schon seit einiger Zeit im an sich vollen Cafe Korb, als sich neben mir ein älterer Herr an den reservierten Tisch setzt. Der „Ober“ kommt, setzt sich zu dem Gast und begrüßt diesen mit „Mahlzeit, Herr Botschafter“. Nach einigen Minuten des gemütlichen Plauderns steht der Kellner wieder auf und geht zwar flink aber ohne merklichen Stress seiner eigentlichen Tätigkeit nach.

Nicht zuletzt wegen solchen kleinen „Besonderheiten“ geht es wohl kaum irgendwo wienerischer zu als im Korb, das an das Wohnzimmer einer älteren Dame und ehemaligen Schauspielerin erinnert: schon etwas schmuddelig, obwohl man sich etwas Neues leicht leisten könnte, nicht sehr einladend aber doch für jeden der möchte offen-und die moderne Kunst im Keller.

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