Soziales Engagement in Krisenregionen tut Gestaltern gut. Den Menschen vor Ort hilft’s allerdings nur dann, wenn sie dabei mitbestimmen können.
Wenn von Social Design die Rede ist, geht es fast zwangsläufig auch um Projekte für unterentwickelte Länder. So sprießen derzeit die Ideen, mit welchen Erfindungen man das Leben der Ärmsten und Armen verbessern könnte. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt: Von einfachen Wasseraufbereitungsanlagen über biologisch abbaubare Entsorgungssäcke für menschliche Fäkalien bis zu fruchtbringenden Seedbombs für Dürreregionen. Manches davon ist gutgemeintes Uni-Experiment, das nie in Serie geht. Andere spezialisieren sich kommerziell darauf: So verkauft das Unternehmen d.light – angeblich zu einem »fairen« Preis – solarbetriebene Lampen in Regionen, wo Lichtquellen oft mit Kerosin betrieben werden.
Medial immer wieder Beachtung finden Architekturprojekte, unter ihnen eines der FH Kärnten. Dort wurde das Projekt »SCHAP!« vom Studiengang Architektur umgesetzt, bei dem Studenten 2009 eine Schule nahe Johannesburg (Südafrika) geplant haben. Die Abkürzung steht für »School and Production«, was signalisieren soll, dass es nicht um ein Implementieren eines Modells von außen ging. Im Gegenteil: Lokale Ressourcen wurden genutzt, die ansässige Bevölkerung half bei den Bauarbeiten im Do-it-Yourself-Verfahren. Mit einem Wort: Neokoloniales Auftreten sollte vermieden, auf die Bedingungen vor Ort Rücksicht genommen werden.
Architektur für eine bessere Welt
Eines der international bekanntesten Beispiele für Design für die »Dritte Welt« ist Architecture for Humanity, eine Organisation, die der Amerikaner Cameron Sinclair 1999 mit seiner Partnerin Kate Stohr ins Leben rief. Deren Ziel: Design- und Architekturlösungen in Regionen anzubieten, die durch Krieg oder Naturkatastrophen verwüstet wurden. »Wir bauen eine nachhaltigere Zukunft durch die Kraft professionellen Designs«, heißt es selbstbewusst. Und das nicht zu unrecht. Sinclair und seinen Mitstreitern gelang es, tausende Experten zu vernetzen und dank der Mitarbeit von über 50.000 Freiwilligen unzählige Bauten und Serviceleistungen in Krisenregionen zu verwirklichen, wobei lokales Know-how so gut wie möglich eingebunden wurde. Rund 25.000 Menschen würden jährlich direkt von der Unterstützung profitieren, weitere 60.000 seien indirekt davon betroffen. Derzeit arbeitet man an rund 30 Projekten weltweit, unter ihnen einige Football for Hope Centres in Afrika und Schulen in Haiti. Und es gibt ein bemerkenswertes Spin-Off von Architecture for Humanity – die Open-Source-Initiative Open Architecture Network, die nachhaltiges Design mittels frei downloadbarer Pläne und Skizzen zur Verfügung stellt.
Es gibt allerdings auch Skeptiker gegenüber derartigen Initiativen. So bezweifelt etwa Anton Kottbauer vom Department für Raumplanung und nachhaltiges Entwerfen an der TU Wien, ob das Installieren westlicher »Lösungen« tatsächlich so nachhaltig sein könne wie man sich das gerne wünscht: »Dafür sind viele Projekte allein schon zeitlich zu befristet.« Das TU-Department arbeite zwar selbst seit vielen Jahren auch in Maghreb-Ländern, als eine Art Design-Entwicklungshilfe möchte das der Architekt allerdings ganz und gar nicht gelten lassen: »Unsere Studenten lernen dort, wie man mit Lehm baut oder mit der großen Hitze zurechtkommt. Dabei findet ein Know-how-Transfer statt. Allerdings vor allem von den dortigen Experten zu uns – und weniger umgekehrt.«