Ein einziges Wort machte Friedrich Liechtenstein zum Star: Supergeil. Gesungen hat er es nie. Wir haben mit ihm über den Hype des Edeka-Werbespots und sein neues Album gesprochen.
Im Gegensatz dazu ist Ihr Album „Bad Gastein“ ganz ihr Projekt.
Ja. Ich weiß, viele lieben das Schlichte, Lustige, aber es gibt auch die, die das Komplexe mögen. Für die, die die Lust auf Musik und Nachdenken haben ist das Album.
Was haben Sie für einen Bezug zu Bad Gastein?
Ich war einmal in Bad Gastein, weil die hippen Leute aus Berlin eingeladen haben. Ich war sofort begeistert vom morbiden Charme der Stadt, von der Esoterik, vom Leerstand, von der gescheiterten Moderne mit diesem Congresszentrum. Bad Gastein ist wie ein riesiger Spielplatz, der bespielt werden will. So wie Ostberlin nach dem Mauerfall.
Es hat den Charme vergangener Zeiten.
Genau das ist das Schöne. Bad Gastein hat nichts mit Reichtum, sondern mit Pracht zu tun. Dieser Fluss, der sich zwischen den engen Häusern durchdrängt, das „Grand Hotel de l’Europe“, das dem „ Grand Budapest Hotel“ in Wes Andersons Film sehr ähnlich ist, die vielen Sagen um die Heilquellen – das alles mag ich sehr, das ist sehr inspirierend. In den Bergen gibt es ja mittlerweile schon viele Orte, wo jeder Quadratmeter verkauft ist und große Langeweile herrscht. Da ist Bad Gastein wirklich ein Geschenk. Und es war auch ein bisschen ein Frau-Holle-Gefühl, als ich dorthin gekommen bin.
Frau Holle? Hat es geschneit?
Nein. In dem Märchen gibt es den Apfelbaum, der ruft „Schüttel mich“ und so haben mich dort auch verschiedene Objekte angerufen und gesagt „Mach endlich mal!“. Ich habe viel nachgedacht, Konzepte geschrieben, mir Installationen überlegt. Ein Konzeptalbum war dann die nächstliegende Lösung. Ich habe zehn Songs geschrieben, die gemeinsam eine Geschichte geschrieben und das Album „Bad Gastein“ genannt. In Baden Baden haben sie mich letztens noch ausgelacht, als ich gesagt habe, wie mein Album heißt. Aber die werden sich noch anschauen. Bad Gastein hat so viel Potenzial, hier ist alles möglich.
Ist das ein Rettungsversuch?
Nein, ich bin ja kein Retter. Außerdem ist die Sache sehr ambivalent: Es ist ein Fall von klassischer Gentrifizierung. Die Künstler gehen wohin, wo alles leer steht und beleben den Ort, dann kommen die langweiligen Leute und machen alles teuer. Deshalb hat man erst mal eine schöne Zeit, wenn Bad Gastein jetzt in Schwung kommt, dann kommt die schlimme Zeit, wo jeder Zentimeter aufgekauft ist und sich nichts mehr bewegen kann. Wie in Berlin.
Für das Album haben Sie ja die Figur Kinky King erschaffen. Warum noch eine Kunstfigur?
Kinky King ist noch härter, er ist ein Hau-Drauf. Außerdem ist mein Lebensmodell ja die Alge, die Alge steht für das viele, für den Wandel, die Symbiose, die Explosion von Möglichkeit. Das Leben ist verwandelbar, alles ist möglich, deshalb ist mir auch die Verwandelbarkeit meiner Figuren wichtig.
Haben Sie noch mehr Ideen für Bad Gastein?
Ja, das Album war jetzt eine davon. Ich versuche auch immer wieder Leute zu animieren dort Urlaub zu machen. Am liebsten würde ich mit all meinen Freunden hinziehen und ganz viele, kleine Cafés aufmachen und schöne Parties organisieren. Im Congresszentrum könnte man einen Club wie das Berghain aufmachen. Es wäre eine schöne Zeit, bevor wieder die Langeweile kommt.
"Bad Gastein" von Friedrich Liechtenstein erschien am 25. Juli via Heavy Listening.