Querdenker wie Max Borka sind im Designbusiness selten. Nun hat sich der Autor und Kurator, der heuer Gast bei der Vienna Design Week ist, ganz dem Social Design verschrieben. Von Design ohne Utopie hat er genug, von Che Guevara nicht.
Wer sich für Design interessiert, der kommt an Max Borka nicht vorbei. Der belgische Architektur- und Designpublizist hat schon unzählige Ausstellungen kuratiert, Festivals und Designinitiativen gestartet und das Magazin DAMn mitbegründet. Auf Einladung des Studios Walking-Chair wird er anlässlich der Vienna Design Week in Wien eine mobile Diskussionsplattform starten und ein neues Buch präsentieren. Um Design im klassischen Sinne geht es dabei nur am Rande – mit gutem Grund, wie er im Gespräch erklärt.
Wenn ein Taxifahrer Sie fragen würde, was sie beruflich machen, was würden Sie sagen?
Ich würde sagen, ich beschäftige mich mit Design. Aber ich würde ergänzen, dass das etwas ganz anderes ist, als er sich vorstellt. Für mich ist die Definition von Design sehr einfach: Tools for living. Werkzeuge. Alles ist ein Werkzeug, die Dinge, die wir benutzen, einfach alles. Ich werde in Wien dazu ein kleines Büchlein präsentieren, eine Art Manifest. Seit einem Jahr beschäftige ich mit einem Projekt, das »Mapping The Design World« heißt und bei dem es genau darum geht.
Um »Tools for living«?
Ja, das ist ein radikaler Ansatz, der der klassischen Designwelt den Rücken zukehrt. Denn beim Mapping geht es um Social Design und nicht um das klassische Industriedesign. Ich gehe von einem globalen Kontext aus, von Parametern wie zum Beispiel Auswirkungen auf die Umwelt und auf die nächsten Generationen: Das hat im Design normalerweise überhaupt keine Priorität. Ich habe auf Facebook eine Seite initiiert, auf der ich täglich ein Projekt vorstelle. Da geht es nicht mehr um Stühle, Tische und Schränke. Ich fasse den Begriff Design sehr breit, aber für mich ist alles Social Design – ob man das jetzt Critical Design, Eco-Design oder Recycling nennt. Bald werden wir auch mit einer Website starten, damit man die Projekte besser archivieren kann. Im vorigen Oktober habe ich ein Heft anlässlich der Social Design-Biennale in Lüttich herausgegeben, in dem 100 Projekte beschrieben werden.
Die meisten Menschen haben lange gebraucht, um überhaupt zu verstehen, was ein klassischer Industriedesigner macht. Ist es für sie nicht schwierig, mit Social Design konfrontiert zu werden, das ja nahezu alles einschließt – von Städteplanung bis zum Recycling-Event?
Natürlich gibt es Leute, die glauben, dass es bei Social Design um Menschen mit Behinderungen geht. Aber als ich dieses Magazin in Lüttich gemacht habe, das gratis an die Besucher verteilt wurde, haben die Leute das Thema sofort verstanden.
Vermittlung ist Ihnen bei allen Ihren Projekten sehr wichtig.
Ja, ich habe die Gewohnheit, in den Ausstellungen, die ich kuratiere, herumzulaufen und die Besucher anzusprechen. Design ist ja nicht wie Kunst, sondern braucht ein bisschen Erklärung. Wenn man einen Stuhl auf ein Podest stellt, ist das idiotisch. Da muss man erklären.
Und wie würden Sie diesem Taxifahrer Social Design erklären?
Ganz einfach, ich würde ihm von »Skateistan« erzählen, einem Projekt, das 2007 in Kabul begann – also an einem Ort, der einem nie einfallen würde, wenn man über Design spricht. Zwei junge Australier, die bei einer NGO arbeiteten, hatten nach Afghanistan ihre Skateboards mitgenommen. Die Kinder dort kannten das nicht und waren total begeistert. Mit dänischem, deutschem, norwegischem und sonstigem Geld gründeten sie schließlich eine Skater-Schule – in Afghanistan! Und das Besondere daran ist: Mehr als die Hälfte der Schüler sind Mädchen. Außerdem besuchen arme Kinder die Schule ebenso wie der Sohn eines Ministers, der es so cool findet. Das war ein Riesenerfolg, heute gibt es bereits weitere Schulen in Kambodscha und in Pakistan.