Seit einigen Wochen sind die DJ Sets von Play.fm auch auf allen relevanten Smartphone-Plattformen erhältlich. Wem bringt das was und wohin steuert Play.fm damit? Wir haben Georg Hitzenberger, Gründer von Play.fm, per Mail getroffen und Antworten bekommen.
Smartphone-Apps sind oft nur die etwas coolere Visitenkarte großer Unternehmen. Einige können dennoch wirklich etwas und schleudern meistens gerade kleinere innovative Firmen ins Scheinwerferlicht. Play.fm hat soeben eine vielversprechende App veröffentlicht, The Gap berichtete online. Über den Unterschied zu anderen Streaming-Apps, mögliche Verbesserungen und die Visionen des Unternehmens gab Georg Hitzenberger, seines Zeichens CEO & Gründer von Play.fm, Auskunft.
Ihr habt euch heuer auf der Midem in Cannes vorgestellt. Gab es da schon Rückmeldungen, Ernüchterung, Begeisterung oder sonst Feedback? Und hat es sich gelohnt dorthin zu fahren?
Die Midem ist vielleicht geschrumpft in den letzten Jahren, aber dennoch die international gesehen wichtigste Musikmesse. Wir wurden aus vielen hundert Bewerbern als eines der 10 spannendsten Start-Ups im Musikbusiness (Kategorie Consumerangebote) ausgewählt. Das allein ist schon ein tolles Feedback. Aber ich habe dort auch sehr interessante Leute getroffen, die schon seit Ewigkeiten in der Musikbranche unterwegs sind, hatte ein Interview mit dem Guardian und generell mehr Aufmerksamkeit von der Presse, die wir nicht bekommen hätten, wären wir nicht zur Midem gefahren. Es hat sich also definitiv gelohnt. Wenn ich das nächste Mal zur Midem fahre, weiss ich aber auch, was ich besser mache: Termine rechtzeitig im voraus ausmachen. Die meisten Firmen haben dort nämlich überhaupt keine Stände mehr, sind aber auf jeden Fall dort. Wenn man keine Termine ausmacht, wird man kaum jemanden treffen.
Was sind für euch absehbar die größten Stolpersteine auf dem Weg zu noch mehr Internationalisierung?
Die größte Herausforderung ist es, Partner in anderen Ländern zu finden, die Play.fm betreiben können. Wir haben nicht geplant Büros in verschiedenen Ländern zu eröffnen und hunderte von Mitarbeiter zu beschäftigen, und wollen daher lieber mit Partnern vor Ort zusammenarbeiten, die sich um lokalen Content und die Vermarktung kümmern sollen – die technische Plattform und die Marke kommen von uns.
Sicher auch eine größere Herausfoderung sind die Musiklizenzen, die für jedes Land besorgt werden müssen. Das wird sicher ein sehr langwieriger Prozess, aber nicht unmöglich.
Gibt es für Play.fm ein globales Ziel, so etwas wie: Wir werden die größte Datenbank für Live-DJ-Sets? Oder: „Play.fm – wir schauen wohin der innere Schweinehund uns trägt“?
Das erste Ziel haben wir bereits erreicht: Wenn es um Live-Aufnahmen aus Clubs und von Festivals geht, ist Play.fm die größte Datenbank. Aber eine große Datenbank sagt nichts darüber aus, ob wir unsere Zielgruppe in anderen Ländern schon erreicht haben. Da gibt es sicher noch enorm viel Potenzial und natürlich zu tun. Unser globales Ziel ist es also, aus Sicht der Musikfans zur 1. Adresse für DJ Sets zu werden, die in Clubs und auf Festivals aufgenommen wurden.
Wie tragt ihr die frohe Kunde in die Welt, dass es Play.fm jetzt am Iphone, Android und am Windows 7 gibt? Wie schaut ihr darauf, dass möglichst viele Leute davon Wind bekommen?
Puh, das lässt sich jetzt kaum in einem Absatz unterbringen, aber ich versuch´s: Wir nutzen zunächst natürlich unsere eigenen Kanäle, d.h. Banner auf der Website, Newsletter an die User und unsere Kontakte bei diversen nationalen und internationalen Medien, denen wir unsere Presseaussendung schicken. Dann setzen wir auf virale Verbreitung: so haben wir z.B. die Produkt-Pages mit dem Facebook Like Button versehen und in den Apps können die User Mixes auf Facebook sharen und bewerben damit auch gleich die App. Außerdem haben wir mit der Firma Allaboutapps zusammengearbeitet, die uns bei unseren Aktivitäten sehr gut beraten und unterstützt hat, weiters besuchen wir Messen wie dem Mobile World Congress und nehmen an Wettbewerben teil, wie z.B. dem appstar.tv, wo wir es unter die Top 10 der besten Apps Deutschlands geschafft haben.
Von den drei Euro, die eure App kostet, wie viel davon geht an die Künstler, also DJs, aber auch die Artists, die in den DJ-Mixes vorkommen?
Vorweg muss man erwähnen, dass wir für Produzenten, DJs, Labels und andere Beteiligte in der Musikbranche seit 2004 eine kostenfreie Promotionplattform bieten, die es in dieser Form kein zweites Mal gibt. So eine Plattform ist aber gerade in einer Zeit besonders wertvoll, in der es für Musikproduzenten, DJs oder Labels immer schwieriger wird Aufmerksamkeit für ihre Musik zu bekommen, da einerseits die Menge an neu veröffentlichter Musik wächst, andererseits die Reichweite von traditionellen Medien wie Printmagazinen oder Radiostationen immer geringer wird. Wir lassen die Künstler aber nicht alleine mit ihrer Promotion, wie das auf den meisten anderen Social Media-Plattformen der Fall ist, sondern holen gute Acts immer auch auf die Frontpage, auf der sie mit einem Schlag die Aufmerksamkeit von 150.000 Musikfans bekommen. Dank der Mobile Apps für iPhone, Android und Windows Phone 7 können die Künstler oder Plattenlabels ihren Fans die Mixe nun auch für unterwegs verfügbar machen. Und das ist alles kostenlos, d.h. Speicherplatz, Communityplattform mit Statistik, Apps und die Frontpage Features.
Um auf deine Frage zurückzukommen: Die DJs bekommen nichts davon, sie müssen für das Service aber auch nichts zahlen. Die Künstler, die in den DJ-Mixes vorkommen, also die Produzenten der Tracks, werden durch Verwertungsgesellschaften vertreten, die 8% von all unseren Einnahmen bekommen.
Wie viel kostet euer Premium-Service und wie seid ihr auf die fünf Stunden monatliches Limit gekommen, die normale User die Play.fm-App benutzen können?
Das Premium-Service ist für das 2. oder 3. Quartal 2011 geplant, die Kosten dafür stehen noch nicht fest.
Die 5 Stunden monatliches Limit helfen uns die Last auf den Servern in einem verkraftbaren Rahmen zu halten. Das ist nötig, da Audiostreaming, das über mehrere Stunden läuft, die Server wesentlich stärker belastet und deutlich mehr Datentraffic produziert als eine App, die nur Text und Bilder ausliefert. Wenn User laufend hören, verursachen sie also auch laufend Kosten, haben aber nur einmalig 2,99 gezahlt. Allerdings wollen wir die Apps werbefrei halten und müssen uns daher überlegen, wodurch die laufenden Kosten, die durch zusätzliches Hören unterwegs entstehen, gedeckt werden können. Unser Ansatz dafür ist ein Premium Dienst für Leute, die besonders viel, d.h. mehr als 5 Stunden pro Monat, am Mobiltelefon hören wollen. Ob die 5 Stunden klug gewählt sind, können wir erst in ein paar Monaten sagen, wenn wir mehr über die Hörgewohnheiten der mobilen User wissen.
Woher kam das Geld für die Entwicklung der Play.fm-App? Gibt es darauf auch Werbung?
Das Geld kam zum Teil aus Förderungen, zum Teil haben wir es durch Werbekampagnen verdient und man kann sagen, dass ein Teil sogar von den Programmierern ehrenamtlich beigesteuert wurde. Werbung gibt es keine in der App.
Derzeit steuert alles auf Cloud Music zu. Gibt es ähnliche Service wie eures, das DJ Mixes mit einer App für Smartphones verbindet?
Abgesehen von Soundcloud, das den Fokus aber auf einzelnen Tracks hat, ist uns nur ein Dienst namens Let´s Mix bekannt, der die App aber nur im Rahmen eines Premium Modells anbietet, dh man muss den Dienst abonniert haben, um die App nutzen zu können.
Soundcloud löschte mittlerweile unzählige DJ-Sets, weil ihnen die Labels wegen ungeklärter Rechte auf die Finger klopfen. Habt ihr keine Probleme in dieser Richtung?
Seit 2004 haben wir keine einzige Anfrage diesbezüglich. Bei Soundcloud muss man erwähnen, dass sie auch immer wieder öffentlich bekannt geben, dass sie keine Verträge mit Verwertungsgesellschaften haben. Sie verstehen sich als Tool und stellen sich auf den Standpunkt, dass sie das nicht brauchen. Da hat es mich ohnehin schon sehr gewundert, dass sie trotz der mehreren Millionen Investment-Kapitals, das sie erhalten haben, noch keine größeren Probleme mit den Labels hatten. Wir wollen solche Probleme erst gar nicht enstehen lassen und haben daher immer Verträge mit Verwertungsgesellschaften abgeschlossen.
Hat sich für euch schon die Frage gestellt aus Wien fort zu gehen? Würde man von Berlin aus nicht an noch mehr DJ-Sets kommen? Was sind Vor- und Nachteile der Stadt für euch?
Ja, die Frage hat sich gestellt, weil in Berlin doch noch einiges mehr los ist in der elektronischen Musikszene. Allerdings glauben wir, dass wir zu mehr DJ-Sets auch anders kommen, eben über Partner vor Ort, und dazu nicht die ganze Firma deswegen verlagern müssen. Hinzu kommt, dass unsere Einnahmequellen, also die Werbekunden, vor allem aus Österreich kommen. Es macht also durchaus Sinn erst mal in Wien zu bleiben.
Warum seid ihr eigentlich aus dem Wiener Museumsquartier abgewandert und wie zufrieden seid ihr eigentlich mit dem Flex-Café als neue Play.fm-Lounge?
Abgewandert ist gut, hehe, uns wurde der Mietvertrag nach 5 Jahren gekündigt mit der saloppen Begründung, dass die Räume anderweitig genutzt werden sollen. Ich vermute es ging vor allem um Geld, weil sie die Räume kommerziell vermieten wollten, aber einen Termin mit dem Direktor Herrn Waldner oder eine umfassendere Erklärung haben wir leider auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht bekommen.
Mit dem Flex sind wir eigentlich sehr zufrieden, weil es von der Zielgruppe sehr gut passt. Allerdings ist unser Studio nur mehr bis April dort, weil ab Mai die Türen geöffnet werden und daher keine laute Musik mehr gespielt werden darf. Im Herbst geht es dann voraussichtlich wieder weiter.
Wie sieht es mit Embedding- und Share-Funktionen für Play.fm aus: ja, nein, wäre gut, kein Geld, in Entwicklung, liegt ja doch eh auf der langen Bank?
Lustig, dass unser Widget bzw. die Share Funktion scheinbar so schlecht sichtbar ist, aber das gibt es alles bereits: www.play.fm/widgets. Wir wissen aber auch, dass die Usability unserer Seite optimiert werden kann – für viele User ist einfach zu viel Content auf einer Page bzw. zuviele Features, das überfordert sie. 2011 werden daher zahlreiche Pages und Features optimiert, darunter auch die Share Buttons und Userprofile.
Was sind die größten Schwächen eures Web-Interfaces?
Wie gesagt, zuviel Content auf einer Seite bzw. die Features sind oft nicht selbsterklärend. Darüberhinaus ist die größte Herausforderung für die User passende DJ Mixes zu finden, vor allem, weil sie die Namen der Acts nicht alle im Kopf haben, die sie mögen. Features, Set of the day und Sortiermöglichkeiten helfen zwar, aber wir wollen noch bessere Recommendation-Mechanismen einführen, die den Usern bei der Auswahl von Sets helfen sollen.
Inwieweit betrifft euch die Harmonisierung des europäischen Urheberrechts? Und die Schaffung einer globalen Repertoire-Datenbank (GRD)?
Die Harmonisierung, sofern sie zu einem One-Stop-Shop für Lizenzen für ganz Europa führt, wäre ein lang gehegter Traum von uns. Und bezüglich der GRD: wenn sie dazu führt, dass von uns bezahlte Lizenzen gerechter mit Artists und Labels abgerechnet werden, würde uns das natürlich sehr freuen, weil wir wissen wie unfair, vor allem gegenüber den Acts im elektronischen Musikbereich, das derzeitige Abrechnungssystem ist.
Werden eure DJ-Sets weiterhin frei abrufbar sein?
Klaro.
Wird es auch möglich sein, den Live-Stream der Play.fm-Radiosendungen mobil zu hören?
Sehe ich keinen besonders hohen Bedarf, aber wir starten demnächst eine Userumfrage, vielleicht träumen die User ja schon lange davon, wir werden es bald erfahren.
Das Premium-Service von Play.fm ist für das 2. oder 3. Quartal 2011 geplant, die Kosten dafür stehen noch nicht fest. Wer´s als erster erfahren möchte, kann hier den Newsletter abonnieren: i>http://www.play.fm/premium