Don'ts and Don'ts

Was sind ein paar klassische Anfängerfehler beim „Creative Writing“? Die Autorin Sophie Reyer hat die Wichtigsten zusammengefasst.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Wenn ich vom kreativen Schreiben spreche, dann unterscheide ich gern zwischen zwei Bereichen: das eine ist der Umgang mit Text, das andere ist der Umgang mit Textkritik. Hier möchte ich diese beiden Themenfelder bewusst gegen einander abgrenzen.

Hohle Phrase

Also, der erste Bereich umfasst das Schreiben selbst: Oft werden Formulierungen verwendet, die nichtssagend und hohl sind. Darunter fallen Redewendungen, die der Situation nichts Individuelles oder Spannendes hinzufügen. Beispiele dafür sind: „Das passt wie die Faust aufs Auge“, “dagegen war kein Kraut gewachsen“, oder: „jetzt ist wieder alles in Butter.“

Wertungen

Außerdem fehlt den Schreibenden oft noch der detaillierte Blick. Zustände werden eher „bewertet“, als wirklich erzählt. Nehmen wir den einfachen Satz „Ich hatte Angst“. Das Gefühl kann durch durch viel genauere, fast sezierende Blicke betrachtet werden, von den dabei entstehenden Körperfunktionen bis hin zu den psychischen Details: „Der Atem stockte. Meine Handflächen wurden feucht. Mir schossen rasch alle möglichen Bilder in den Kopf. Ich begann zu hecheln.“ Et cetera. Durch diese Techniken der Beobachtung gebe ich als Autor dem Leser einige Anhaltspunkte, die ihn selbst zu der Idee kommen lassen, dass die Figur sich fürchten könnte. Und Leser entdecken gern.

Syntax& Schachtelketten

Ein weiterer Fehler betrifft die Syntax: die Sätze sind oft zu lang, schwafeln, verzweigen sich sinnlos und weisen keinen knackigen Rhythmus auf. Hier gilt die Devise: „kill all Darlings“.

Adjektivketten

Viele meiner Schüler, die erst beginnen, Texte zu verfassen, sind außerdem verliebt in Reihungen von Adjektiven. Das macht nur in einer besonders barocken Spracharbeit wie z.B. im Fall von Sybille Lewitscharoff Sinn; Anfängern, die sich selbst erst entdecken müssen, würde ich solche Häufungen nicht empfehlen. In den meisten Fällen erschlagen sich Adjektive gegenseitig. („nass tränend“, „hell leuchtend“, „schnell hastend“ etc.). Logisch, oder?

Keine Kritik ist illegal

Der zweite Bereich ist der, der die Textkritik und dem Umgang mit Feedback betrifft. Wenn ich mit einer Schreibklasse zu arbeiten beginne, dann muss schon zu Beginn klargestellt werden, dass in einer Kritikrunde nie einfach nur gewertet werden darf. Worte wie „gut“ oder „schlecht“ sollten vermieden werden. Es geht darum, analytisch zu beschreiben, was für Bilder, Gefühle, Ideen ein Text erzeugt. Bei Kindern bietet sich an, ihnen einfache Vergleiche als Analysemöglichkeit zu präsentieren. Anregend sind da Formulierungen wie: „der Text hat die Farbe“, „der Text riecht nach“ etc. Auch das ist freilich immer subjektiv, aber es ist viel differenzierter als die einfache Formulierung „der Text ist gut“.

Keine Erklärungen

In meinen Klassen – wir sind immer 4 bis 12 Leute – gilt außerdem folgende Regel: Jeder kritisiert jeden. Der Schüler, um dessen Text es geht, darf sich in diesen Feedbackrunden alle Kommentare anhören, soll aber das Gesagte nicht persönlich werten und den Text nicht verteidigen oder erklären. Denn ein Mensch, der einen Roman in der Hand hat, ist damit auch allein. Freilich reagieren unterschiedliche Lesende unterschiedlich auf Texte. Spannend sollte für den Schreibenden sein, ob und wie die Eigen- und Fremdwahrnemungen auseinanderklaffen.

No hierarchy

Als dritter Leitsatz gilt: Jedes Feedback in der Gruppe ist gleich wichtig. Ich als Lehrende habe nicht mehr Stellenwert als die anderen. Wir alle sind nämlich potentielle Käufer und Leser. Daher präsentiere ich meine Kommentare zu einem Text auch immer zuletzt. So gebe ich den Schülern die Möglichkeit, eigenständig möglichst viele Aspekte zu entdecken, die verbessert werden können, bevor ich mit meiner Erfahrung komme. Meistens kann ich von meiner Kommentarliste immer mehr Bemerkungen streichen, je länger ich mit Schülern arbeite, weil sie nach und nach selbst erkennen, was funktioniert und was nicht. Das ist Hilfe zur Selbsthilfe, und die brauchen wir alle, denn mit dem Schreiben sind und bleiben wir letzten Endes allein. Und das macht es auch so spannend.

Sophie Reyer ist Vortragende an der Schreibpädagogik Wien. Sie gibt regelmäßig Workshops zu kreativem Schreiben. Reyer hat zahlreiche Preise und Stipendien erhalten. Zuletzt ist von ihr “insektizid” bei Leykam erschienen.

Bild(er) © 1: MC Escher, 2: Konstantin Reyer
Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...