Worried Man & Worried Boy, zwei Schwergewichte der österreichischen Popgeschichte und Vater-Sohn-Duo, machen gemeinsame Sache. Wir haben den Stream, sie haben die Hadern.
Uh, Supergroup-Alarm. Immer, wenn man hört, dass gleich mehrere Künstler aus verschiedenen Bands gemeinsame Sache machen, darf man ein bisschen aufgeregt sein. Wenn diese Bands dann auch noch in ihrem eigenen Szenebiotop rasend hohe Relevanz haben, dann gerne auch ein bisschen mehr.
In diesem Fall, im Fall von Worried Man & Worried Boy, handelt es sich um das dynamische Vater-Sohn-Duo Herbert und Sebastian Janata. Ersterer ist das Mastermind hinter der wohl wichtigsten österreichischen Underground- und doch ein bisschen Mainstream-Band der 60er und 70er, der Worried Men Skiffle Group. Die wunderbare und auch heute immer noch sehr hörenswerte Mischung aus Folk, Rock, Blues und dem namensgebenden Skiffle, hat man in Wienerisch bis dahin nie gehört und sucht auch heute noch seinesgleichen. Wer durch die hier besprochene Kollaboration Lunte gerochen hat und mehr über die WMSG erfahren will, sollte bitte alles von ihnen kaufen. Unang’schaut. Der zweite im Vater-Sohn-Bunde ist seines Zeichens Schlagzeuger von Ja, Panik, die ohnehin in fast jedem Artikel hier lobend erwähnt werden – oder es zumindest sollten.
Auf dem selbstbetitelten Album fabrizieren die zwei zeitgenössische Updates alter WMSG-Nummern, ergänzt durch nur ein komplett neues Stück namens »Konzert«. Der Legende nach hat Dichterin Jutta Treiber ihr Gedicht nach einem Konzertbesuch geschrieben und Herbert Janata zukommen lassen, der dann doch dem Junior die musikalische Umsetzung überließ.
Alte Hadern, manchmal in neuem Gewand.
Und so geht’s los, die wilde Fahrt durch die Bandgeschichte des Seniors und – zusammen mit seinen alten Kollegen – auch Trägers des Silbernen Verdienstzeichen des Landes Wien. Manchmal muss man eben fünfzig Jahre was machen, damit es jemand »von oben« auch bemerkt.
»Flohzirkusdirektor« steht da ganz oben auf der Tracklist, es rumpelt gleich mal gehörig, das für Janata und die WSMG insgesamt prototypische Kazoo hat seinen Einsatz gleich einmal zum Start. Dann, das erste große Highlight: »Zeitschriftenannoncen«. Es ist nur sehr schwer vorstellbar, wie ein Song mit solch spärlicher Instrumentierung und dem Kapodaster am unteren Anschlag, so sehr nach vorne gehen kann und schon 1973 vorwegnahm, was Tinder und OkCupid schlussendlich mit uns anstellen sollten. Erstveröffentlicht wurde »Zeitschriftenannoncen« nämlich nicht von der WMSG, sondern von Franz Bilik & seine Brogressivschrammeln auf deren Album »Pfui Teifel, mir graust…«. Wenn du das hast, hab ich Respekt vor dir. »Zeitschriftenannoncen« birgt auch den besten banal-lakonischen Satz, den man heuer hören wird: »Romantisch ist die Liebe a priori«.