Ein einziger Scheiterhaufen

Bei mir ist das Scheitern bis dato immer ein sehr freundliches und höfliches Kerlchen gewesen.

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Seit jeher klopft oder läutet es vor Eintritt an. Das ist praktisch, kann ich mich doch so als guter Gastgeber beweisen. Abwimmeln ist nämlich zwecklos. Ich bitte es daher stets herein, das Scheitern, heiße es sich zu Tisch oder aufs Kanapee zu begeben und serviere dann kleine Snacks. Man will ja seine Gäste, also auch jene, mit denen man jetzt nicht unbedingt inniglich befreundet ist, nicht schlecht behandeln. Ja mehr noch. So mancher Besuch in meinen Wänden rauschte schon zeitiger ab, weil er das Übermaß an Aufmerksamkeit, welches ich ihm zukommen ließ, einfach nicht mehr ertrug. Von mir verhätschelt und verwöhnt, oder noch besser: gepampert zu werden, wie es so schön auf Wellnesserisch heißt, ist nicht unbedingt ein Zuckerschlecken.

Doch zurück zum Scheitern. Fünf orthografische Fehlversuche beim harmlosen Wörtchen Kanapee hatte ich eben. Bevor ich mich entschloss, das Wörterbuch zu konsultieren, suchte ich auch nach Synonymen. Allein, mir fielen nur Couch, Sofa und das nicht unbedingt von Sexyness übersprühende Wörtchen Bettbank ein. Damit so etwas nicht mehr passiert, werde ich mir beim nächsten kleineren Gedankenleerlauf eine nette Eselsbrücke für Kanapee überlegen. Das hat übrigens schon sehr oft gut geholfen. Bei skurril, Parallelgesellschaft und Libyen zum Beispiel.

Weniger gut funktioniert hat mein Ausflug in die Gefilde veganer Ernährung. Nachdem ich durch Zufall bemerkt habe, dass ich drei Wochen kein Fleisch gegessen hatte, wollte ich aus Übermut eins draufsetzen und auf alles Tierische beim Essen verzichten. Das gehört ja heute zum guten Ton dazu und ist oft gar lukrativ. Meint man es nämlich ernst und ist noch dazu ein lustiger Geselle mit einer kräftigen Portion Mitteilsamkeit wird man mit dem ganzen Gemüsefurz gar nicht selten zum Blog-Star und darf dereinst seine Erkenntnisse in witzig geistreicher Form zu Sachbüchern aufblasen. Zumindest aber ein Kochbuch machen. Eines, bei dem der Do-It-Yourself-Gedanke erfrischend ehrlich aus den Seiten tropft. Nicht nur, weil man sich plötzlich Koch-Know-how angeeignet hat, sondern auch der Food-Fotos wegen, die dafür mit der eigens gekauften digitalen Spiegelreflex (ca. 400 Euro) selbst gemacht wurden. Huhuh. Dass aus meinem Vegan-Projekt nichts wird, war mir schon bald klar. Warum? Hier die Sache im Schnelldurchlauf.

  1. Ich sorgte schon in der ersten Woche für Stunk im Veggie-Forum. In Vorfreude aufs nahende Wochenende eröffnete eine durch und durch blöde Kuh bereits Donnerstag abends einen »TGIF«-Thread. Abgesehen davon, dass ich diese radikalen Wochenendverherrlicher für widerlich hochprozentige Extrakte der Spaßgesellschaft halte, teilte ich ihr mit, dass ich es unverantwortlich von ihr fände, hier Werbung für die amerikanische Restaurantkette Thank God it’s Friday’s zu platzieren. Viel Schmäh hatte die jedenfalls nicht. Das war insofern blöd, da ich dazu neige, vom Einzelfall auf die Allgemeinheit zu schließen und oft in selbstgerechte Pauschalierungswut verfalle. Ein Ansatz übrigens, der zum Scheitern verurteilt ist.
  2. Ich bin ein ziemlicher Käsefanatiker und vertrete radikale Ansichten. Käse, der nicht aus Rohmilch hergestellt ist, wird von mir als kastriert bezeichnet. Dasselbe gilt auch für Nudeln ohne Eier.
  3. Ich will nicht ständig über Honig streiten und Spermagurgeln nachdenken müssen. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob man als Veganer Formulierungen à la »geil und eng wie ein Chinchilla-Arsch« verwenden darf. Zumindest sind Sätze dieser Art weder von Moby noch von Dirk Bach überliefert.
  4. Ich ertappte mich dabei, wie ich in herzensfrommer Dummheit an mehreren Tagen folgenden Sätze sagte: »Ich war lange Zeit mündiger Fleischesser.« »Ich liebe Schnittlauch.« »Mit Koriander kannst du mich jagen. Außer zu Avocadocréme, da passt er perfekt.« »Ich brauch dringend einen Matcha-Soja-Latte!« »Da drüben gibt es den besten Humus der Stadt.« »Ich könnte baden in Humus – urlecker!«

Wo die Sätze unter Punkt vier herkommen, gibt es übrigens noch mehr. Im Dokument »124_KNG.doc« nämlich. Dort hab ich hohle Phrasen versammelt und wollte sie zu einer Geschichte zusammenstückeln. Allein, ich bin daran gescheitert – und zwar grandios:

»Ich schau kaum fern, ich stream fast nur noch. Am liebsten les’ ich momentan das brand eins. Da interessiert mich fast jeder Artikel drinnen – und ich bin jetzt wirklich nicht sonderlich wirtschaftsbegeistert. Ich lass schon mal auch einen Teller zurück gehen – aber das ist ok, ich habe ja lange gekellnert und kenne die andere Seite ganz gut. Paul Weller ist groß, einfach nur groß. Aber ich muss schon sagen, die frühen Sachen gefallen mir besser. Style Council. The Jam. Wir surfen im Internet, aber schwimmen gehen wir in Magazinen. Ich leiste mir den Luxus, dazu jetzt dezidiert einmal keine Meinung zu haben. Unfassbar, dass die aus dem Kyoto-Protokoll ausgestiegen sind – scheiß auf Kanada!«

Man sieht, das hätte alles nichts gebracht. Wobei, heiliger Bimbam, ich weiß jetzt eine Eselsbrücke! Urinier auf Kanada, bis die letzte Silbe weg ist: Kana-pee. Soviel zum Scheitern.

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