In Oberösterreich wird derzeit Arbeiten in der Community neu erfunden. Gemeinsame Gewinne einer Genossenschaft sollen in Form von Freizeit ausbezahlt werden. Dies ist nur eine von vielen Ideen in offenen Technologielaboren Otelo entwickelt werden.
Sich der Wachstumsspirale entziehen
Für Mitgründer Hollinetz sind Otelos samt Genossenschaft Beiträge zu einem neuen Verständnis von Regionalentwicklung. Sie sollen als Vorbild für weitere, ähnlich gelagerte Initiativen dienen. Sie stoßen dabei auf großes Interesse. Sogar Raiffeisen hat Gefallen am Konzept der Genossenschaft gefunden und will sie unterstützen. Hollinetz erklärt sich das so: »Wir erfüllen damit eine Art Grundauftrag, wie ihn auch Raiffeisen bei der Gründung seiner Genossenschaften formuliert hat.« Der Fokus liegt dabei nicht auf schnellem Wachstum oder der Eröffnung neuer Otelo-Standorte, sondern in der präzisen inhaltlichen Ausgestaltung: »Otelo kriegt zunehmend die Aufgabe, seine Botschaft zu vermitteln: Es geht uns darum, Menschen zu ermutigen, ähnliche Projekte und Communities zu gründen. Wir wollen eher den Modellcharakter unserer Arbeit betonen als uns der Dynamik schnellen Wachstums auszusetzen.«
Systemischer Ansatz
Die Botschaft von Otelo zielt nicht auf die große Revolution ab. Hollinetz ist lange genug in der Regionalentwicklung tätig, um zu wissen, dass es sich nicht lohnt, »gegen das System anzurennen«. Es geht vielmehr um einen systemischen Zugang: »Wir wollen durch die Verknüpfung mit Bestehendem Neues schaffen. Damit entsteht viel mehr Boost als durch den Kampf gegen Strukturen.« Den empfindet er als viel zu anstrengend. Mit diesem Ansatz lassen sich die Otelos dem zurechnen, was der Philosoph Frithjof Bergmann als »Neue Arbeit« propagiert: eine Arbeit, die man wirklich machen will und zwar in einer Wirtschaft, in der Selbstversorgung und Dezentralität eine wichtige Rolle spielen und in einer Gesellschaft, die durch Kooperation in kleineren Communities gekennzeichnet ist. Der Weg dorthin ist für Bergmann eine evolutionäre Entwicklung, die nun durch Projekte wie Otelo stimuliert wird.
Neue Arbeit
Frithjof Bergmann ist so etwas wie Henry David Thoreau plus Technikaffinität. Leitgedanke seiner Philosophie der »Neuen Arbeit« ist, dass Menschen nur dann frei sind, wenn sie erkennen, was sie »wirklich, wirklich wollen« und das auch umsetzen können. Der in Österreich geborene und in den USA lebende Philosoph initiiert und begleitet seit vielen Jahren Projekte in aller Welt, die genau das zum Ziel haben. Technologien haben dabei einen hohen Stellenwert. Sie sind die Grundlage für ein robustes, dezentralisiertes Wirtschaftssystem, das jedem einzelnen aber auch Regionen mehr Unabhängigkeit bringt. Bergmann sieht die optimale Mischung für die neue Arbeit in der Formel: ein Drittel »High-Tech-Eigenproduktion«, ein Drittel „»Erwerbsarbeit« und ein Drittel »wirklich, wirklich Wollen«.
Mehr über »Neue Arbeit. Neue Kultur« unter www.neuearbeit-neuekultur.de
Über die Otelo-Genossenschaft
In den gemeinschaftlich organisierten Innovations- und Experimentierräumen der Otelos entstehen immer wieder wirtschaftlich verwertbare Ideen und Projekte, auch wenn es in erster Linie um den niederschwelligen, lustvollen und kreativen Umgang mit Technologie geht und »nichts Funktionierendes oder Verwertbares entstehen« muss. Die Otelo-Genossenschaft bietet die organisatorische Struktur für die Realisierung dieser Ideen sowie für die Abwicklung überregionaler Projekte und Kooperationen. Sie fungiert auch als Einkaufskooperation und Betriebsgesellschaft für gemeinschaftlich genutzte Güter und Infrastrukturen.
Wer sich als Entrepreneur in die Genossenschaft einbringen will, errechnet auf Basis eines Businessplans ein fiktives Monatseinkommen inklusive aller Zusatzkosten für Versicherung, Steuern und andere Gemeinkosten. Drei dieser Monatsblöcke werden dann als Kaution in die Genossenschaft eingebracht. Die Rechtsform einer Genossenschaft ist per definitionem darauf ausgelegt, wirtschaftliche bzw. soziale Leistungen für ihre Mitglieder zu erbringen. In diesem Fall sind das Anstellung, Infrastruktur und Coachingleistungen und zum anderen ist es die »Auszahlung« der Gewinne an die Angestellten in Form von Freizeit.
Mehr über Otelo unter www.otelo.or.at