Die Szene in Wien floriert. Doch neben den großen Locations wird nach wie vor in kleinen Clubs, in den Beisln und Pubs der Hauptstadt gefeiert. Doch tut sich da irgendwas? Genau hier fragen wir nach. Heute bei Walter, Malika, Stefan und Nottl vom Tüwi.
Das Tüwi war früher schon sehr punklastig. Das kann man heutzutage nicht mehr behaupten.
W: Es ist heute wahrscheinlich durchgemischter als früher. Wir hatten beispielsweise Probleme mit einem Nachbar im gleichen Haus. Dadurch haben wir laute Veranstaltungen wie Punkkonzerte oder Technoparties eher zurückgeschraubt. Aber ich glaube auch, dass die Leute die früher im Tüwi aktiv waren auch noch eher Punks waren. Dass sich quasi die Zusammensetzung des Kollektivs auch in den Veranstaltungen widerspiegelt.
S: Ich finde in letzter Zeit entwickelt sich das Ganze eher immer mehr zu Ungunsten der gitarrenlastigen Musik. Man muss ja auch das Publikum mit einberechnen. Ich kann da nicht komplett auf meine persönlichen Vorlieben Rücksicht nehmen.
Findet ihr, dass sich dieses Phänomen auf ganz Wien ausbreitet?
S: Was heißt ganz Wien. Das ist weltweit der Fall. Auch der Pop basiert immer mehr auf elektronischen Elementen.
M: Wenn man in Wien ein Punk-, Hardcore- oder Crust-Konzert sehen will, geht man ins EKH, die Pankahyttn oder Arena. Im Tüwi waren die Punk Konzerte eher schlecht besucht in letzter Zeit. Bei Elektro-Sachen oder Reggae Konzerten ist es immer voll. Man muss halt das Kulturprogramm etwas anpassen.
War das früher anders?
W: Ich könnte mir vorstellen, dass das auch auf die Jahre, als wir Probleme mit lauten Veranstaltungen hatten, zurückzuführen ist. Die Veranstalter sind dann auch eher ins Venster oder Shelter abgewandert. Und dementsprechend auch das Publikum.
M: Bei uns scheppern halt wirklich die Wände und die Fenster, wenn die Musik lauter ist.
Gibt es hier oben eigentlich Laufkundschaft, abgesehen von Bokustudenten?
S: Momentan gibt es viele Baustellen und daher viele Baustellenarbeiter. Einer eher atypisches Klientel, aber es ist sehr witzig. Die essen dann ein veganes Mittagsmenü und kommen am nächsten Tag wieder.
W: Aber im engeren Sinn ist Laufkundschaft hier draußen eher kein Thema. Es kommen schon immer wieder neue Leute auf Veranstaltungen. Das erkennt man immer ganz gut, wenn sie im letzten Eck des Tüwis das Klo suchen, obwohl es ganz vorne ist.
S: Mein Highlight ist noch immer, dass ich einmal Alois Mock einen Kaffee servieren hab dürfen. Da kommt ein ehemaliger Außenminister und trinkt im Tüwi einen Kaffee. Das heißt natürlich nicht, dass nächste Woche Heinz Fischer kommt. Also die klassische Laufkundschaft war das nicht.
Gibt es denn den typischen Tüwi-Gast?
M: Es gibt eine extrem bunte Mischung an Menschen im Tüwi. So viele Freaks wie im Tüwi habe ich sonst auch noch nie auf einem Fleck gesehen. Es bleibt immer spannend.
S: Das klassische Beispiel für Feste, wo ein ganz ein anderes Publikum ins Tüwi kommt, sind die Feste vom First Vienna Fanclub. Die Vienna ist ein angenehmer Verein mit angenehmen Fans, genau so wie es der Sportklub ist. Die treffen sich am Weg zum Derby oft bei uns. Manchmal machen die Wanderers auch ein Festl. Das ist komplett außerhalb von dem, was das Tüwi normalerweise macht. Das zeigt auch, dass man die Einen nicht in einem Topf werfen kann und wir sowieso keinen in einen Topf werfen.
Was muss ich tun, um bei euch wieder rauszufliegen?
W: Dass man aus dem Tüwi rausfliegt, da muss man sich schon ordentlich aufführen.
M: Körperliche Übergriffe gehen gar nicht. Auch nicht grapschen oder so. Es sind zum Beispiel mal Burschenschaftler herkommen und haben provoziert. Denen haben wir schon gesagt, dass sie gehen sollen. Generell bilden Rausschmisse allerdings Ausnahmen.
Das Tüwi feiert im Mai seinen 21. Geburtstag. Wer 21 Jahre lang damit verbracht hat, dem Tüwi gekonnt aus dem Weg zu gehen, sollte es sich doch noch mal überlegen. Hier gibt es supernette Leute, Konzerte, Lesungen, Parties sowie Freistädter Bier um 2,80 im sonnigsten und alternativsten Gastgarten Wiens. Wer etwas anderes gehört haben sollte, hat wohl die Lügenpresse gelesen. Tüwi bleibt!
Mehr zur kleinen Clubkultur gibt es hier:
Das Bach: Der Punk geht den Bach runter
Polkadot: Jetzt bin ich der Chef
Café Carina: Rock’n Roll im Drogenmilieu
Local: Rock am Ende des Gürtels
B72: Indie Disco Inferno auf zwei Floors
Kiez: Einmal ohne Bühne, bitte!
Avalon: Wirtshaus mit Kulturschock
Tonstube: Fusion-Clubbar mit Privatstrand
https://thegap.atrubriken/stories/artikel/der-punk-geht-das-bach-runter/