Eine kleine Showcase-Festival-Typologie – Unsere augenzwinkernde Einordnung der Besucher*innen von Waves Vienna

Showcase-Festivals werden von den unterschiedlichsten Besucher*innen bevölkert. Wir haben uns angesehen, wer sich so am Waves Vienna herumtreibt.

© Nina Ober

Professionals

Untertags auf der Konferenz, abends am Festival unterwegs sein und zwischendurch Verpflegung bei den diversen Receptions sowie Meet-ups abstauben: Professionals leben für die Dauer von Waves Vienna am, vom und für das Festival. Oft nicht mehr ganz jung, treten sie gerne in Gruppen Gleichgesinnter auf und zeichnen sich durch das stets präsente Goodie-Bag sowie den mit gewissem Stolz getragenen Festival-Badge aus. Während der Konzerte stehen sie meist ganz hinten. Sie kommen als Letzte und gehen als Erste – fünf Minuten müssen ausreichen, um die Erfolgsaussichten des Acts einzuschätzen. Dann heißt es flott weiterziehen zum nächsten potenziellen Signing. Denn das Line-up des eigenen Labels, Festivals oder Managementportfolios braucht stetig neues Futter.

Illustration: Nina Ober

Showcase-Nerds

Was wäre Musik ohne ihr Nerdtum? Wer sich gerne mit Wissen über obskure Bands und neuentdeckte Genres schmückt, ist auf einem Showcase-Festival genau richtig. Ein Stapel frisch erworbener Vinyls unterm Arm, T-Shirt eines obskuren Post-New-Wave-Acts (oder von Joy Division) am Körper und den individuell durchgeplanten Festival-Timetable in den Händen: So stehen sie meist in der ersten Reihe des Konzerts, den prüfenden Blick auf die Effektgeräte zu Füßen der Musiker*innen gerichtet und im Takt mit dem Kopf nickend. Sobald das Set vorüber ist, sind sie dann die Ersten am Merch-Stand, um für weiteren Zuwachs in ihrer Plattensammlung zu sorgen. Außer natürlich die Band bietet kein Vinyl an, aber dann ist sie für die Showcase-Nerds ohnehin gestorben.

Illustration: Nina Ober

Social Butterflys

Das eigentliche Festival ist rund ums Festival! So oder so ähnlich dürfte wohl der Leitspruch von Social Butterflys lauten. Ticket brauchen sie keines, weil ihr Ziel ohnehin nicht ist, Musik zu hören, sondern mit ihren Freund*innen vor den Venues zu quatschen. Und Freund*innen haben sie viele, scheinen sie doch gefühlt neunzig Prozent des Publikums persönlich zu kennen. Da wird ausgiebig begrüßt, ein Tschick nach dem anderen geschnorrt, anschließend gemeinsam geraucht, das mitgebrachte Dosenbier verteilt sowie über Gott und die Welt diskutiert. Nur über das Festival selbst wird verdächtig wenig geredet. Kein Wunder, denn welche Veranstaltung hier gerade stattfindet, tut ja wenig zur Sache und lenkt nur vom Socialising ab. Letzteres geht dann übrigens gleich anschließend vor dem Werk oder vor dem Flex weiter.

Illustration: Nina Ober

Friends of the Band

Waves Vienna zeichnet sich durch über hundert Acts aus, die hier live zu sehen sind. Doch Friends of the Band sind nur wegen genau einer Band zu Gast, wegen ihrer Band, von der sie zwei Drittel der Mitglieder schon seit dem Kindergarten kennen. Voll im zugehörigen Merch eingekleidet tanzen sie, noch bevor die erste Nummer überhaupt begonnen hat. Das Set kennen sie schließlich bereits von den letzten dreizehn Konzerten auswendig. Gleiches gilt für die Lyrics jedes Songs, die entsprechend laut und enthusiastisch mitgesungen werden. Damit auch ja keine Sekunde verpasst wird, werden alle Essentials stets in der praktischen Bauchtasche mitgeführt. Nach dem Auftritt geht es gleich Backstage, wo dann die restliche Zeit mit der Band verbracht wird – bis die Tourkarawane in die nächste Stadt weiterzieht.

Illustration: Nina Ober

Carpe-diem-Ultras

Sich am Waves Vienna ohne Plan und Vorwissen treiben zu lassen, kann sehr schön sein. Carpe-diem-UItras haben diesen Modus perfektioniert. Sie entdecken während des Festivals mindestens fünfmal die neue Lieblingsband, nur um sie gleich wieder aus dem Gedächtnis zu verlieren. Warum sie hier sind, wissen sie selbst nicht so genau – vielleicht hat ihnen jemand davon erzählt, vielleicht haben sie irgendwo davon gelesen, vielleicht hat sie auch einfach jemand mitgeschleppt – oder war es doch das Universum, das sie hergeführt hat? Fakt ist, dass sie nun das Beste aus dem machen, was hier geboten wird. Und sie lassen sich leicht begeistern, allerdings wollen sie eben auch begeistert werden. Dann spüren sie die Musik und tauchen in den Strom des Lebens ein. Zumindest bis Montag um acht Uhr, wenn der Bürojob wieder ruft.

Illustration: Nina Ober

Das Club- und Showcase-Festival Waves Vienna findet heuer von 1. bis 4. Oktober statt.

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