Hans-Joachim Roedelius ist die personifizierte Ehrenrettung einer Musikgattung, die heutzutage glatt gebügelt, hochglanzpoliert und befreit von jeglichem störendem Intellekt als Hintergrundbeschallung in Massagestudios verwendet wird. Das zeigt er am 3. Jänner im Porgy & Bess.
Die Geschichte dieses Mannes zeigt, dass er woanders her kommt und auch woanders hin will. Ende der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts brach er mit den Traditionen von Harmonik und Rhythmik, um abstrakte Soundscapes zu entwerfen. Seine mäandernden Klang- und Geräuschflüsse legten den Grundstein für das Selbstverständnis ganzer Generationen von Elektronikmusikern. Das Debütalbum, das Roedelius 1971 gemeinsam mit Dieter Moebius unter dem Namen Cluster veröffentlichte, wird von der britischen Musikpublikation The Wire zu den „One Hundred Records That Set The World On Fire“ gezählt.
Es folgten weitere wegweisende Alben in unterschiedlichen Konstellationen: als Harmonia oder gemeinsam mit Brian Eno, der den deutschen Soundforschern wohl mehr verdankt als sie ihm. Daneben war Roedelius auch immer als Solokünstler aktiv und als solcher oft deutlich weniger abstrakt. Seine Arbeiten zeichnen sich aber allesamt durch einen augenzwinkernden Umgang mit diversen Musikstilen aus. Das Spektrum reicht von quasi-romantischen Klavierfiguren bis zu Anklängen diverser Volksmusiken. Vieles klingt beim oberflächlichen Hören ein wenig nach Meditationsmusik, bei intensiverer Beschäftigung entdeckt man aber interessante Wendungen, Überraschungen und viel intelligenten Witz. (Und zwar ganz ohne intellektuelle Verbissenheit.) Die Musik von Roedelius ist nicht geeignet für Kontemplation, sondern eröffnet – wie er es ausdrückt – ein „Klangkino oder Horchtheater“.
Am 3. Jänner ist Roedelius mit Stefan Schneider im Porgy & Bess zu sehen. Der Meister bringt Texte, Piano, Keyboards und vorbereitete Soundscapes. Schneider steuert Sampler, Synth und Laptop bei. Florian Tanzer, eine Hälfte des VJ Duos Luma.Launisch, macht die Visuals. Nach dem Weihnachts- und Silversterklimbim ein guter Start in das Konzertjahr.