„Heroes. Drei Frauen. Viele Verhöre.“ erzählt die Pervertierung der Hoffnung auf Freiheit, die irgendwo in der österreichischen Pampa in ihr Gegenteil umschlägt. Das Stück läuft seit Montag im Werk X Eldorado.
Obgleich sie aus unterschiedlichen Regionen stammen, flüchten sie aus denselben Gründen und mit denselben Sehnsüchten. Auf der einen Seite, die Gewalterfahrungen mit den patriarchalen Systemen der Heimat, auf der anderen das Versprechen auf ein Leben in Sicherheit in Europa.
Alle drei enden aber auf halber Strecke, an den Unorten der Asylerstaufnahmezentren: Schikanöse Asylverfahren, rasende Langeweile und existentielle Ungewissheit. Das ist der Rahmen in dem sich die drei Akteurinnen im Stück des Roma-Theatervereins Romano Svato bewegen oder viel mehr in dem sie zum Stillstand gezwungen sind. Inszeniert hat es Sandra Selimović, geschrieben Marianne Strauhs, die mit uns über das Stück spricht.
Gab es einen konkreten Anlass, der euch auf das Thema gebracht hat?
Sandra Selimović hat mit den Flüchtlingen der Votiv-Kirche über ein Dreiviertel Jahr an einem Theaterprojekt gearbeitet. Aufgrund zahlreicher Probleme ist es leider nie zur Aufführung gekommen. Die Theman Asyl und Schubhaft haben sie aber nicht mehr losgelassen und mit ihrem Verein „Romano Svato“ dieses Theaterprojekt initiiert und nach und nach das Team zusammengestellt.
Wer sind die Heldinnen und Helden in „Heroes“? Auf wen spielt der Titel an?
Natürlich kann man darin lesen, dass die drei Protagonistinnen die Heldinnen sind. Es wird aber auch die Frage gestellt: Wer sind diese Schlepper eigentlich? – Sind sie gewissenlose Kriminelle oder sind sie Helden, indem sie Menschen zu einem sicheren Leben verhelfen? Schlepper sind oft selber wenig Privilegierte, die sich auf illegalem Weg ihr Einkommen verdienen.
Wie soll man ein solches Migrationsdrama erzählen? Der Wissensstand zu diesem Thema ist ja recht unterschiedlich. Für ein paar Menschen ist es vielleicht wirklich neu, andere kennen die Thematik.
Das ist eine sehr interessante Frage. Unser Stück baut allerdings nicht auf Vorwissen. Generell finde ich Stücke, die ein wie auch immer gelagertes Vorwissen zum Thema verlangen, nicht besonders geschickt gebaut. Ich glaube die wirkliche Kunst liegt dann darin, dass man jene, die schon viel wissen auch noch überraschen kann und ich denke, das ist uns gelungen.
Welche Rolle spielt Geschlecht im Kontext der Flüchtlingsschicksale?
Eine sehr große. Zum einen wird vor allem Männern die „Reise“ nach Europa finanziert. Die Familie investiert in ihre männlichen Mitglieder in der Hoffnung, dass diese dann Geld aus Europa schicken. Frauen kommen sehr selten alleine. Wenn, dann kommen sie im Familienkontext. Oft ist es so, dass sie erst zu sprechen beginnen und von ihren jeweiligen Gewalterfahrungen berichten, wenn der Asylantrag ihrer Ehemänner abgelehnt wird. Wir zeigen allerdings drei Frauen die alleine nach Österreich gekommen sind. Drei Frauen aus drei sehr unterschiedlichen Kontexten mit sehr unterschiedlichen Motivationen ihre Heimatländer zu verlassen.
Welcher Aspekt lag euch beim Erzählen der Geschichte besonders am Herzen?
Zum einen ging es darum zu zeigen, wie willkürlich die Asylverfahren, die letztlich darüber entscheiden, wer in der „Festung Europa“ bleiben darf, ablaufen. Wie sehr bei den Verhören auf eine fast schon perfide Kommunikationsstrategie gesetzt wird, die bewusst Widersprüchlichkeiten produzieren soll, um diese dann rigide ahnden zu können. Zum anderen wie sehr Frauen auch hier, im „aufgeklärtem“ Europa weiterhin einem männlichen System ausgeliefert sind.
Wie recherchiert man so eine Geschichte? Da steckt ja einiges an Insiderwissen dahinter.
Ich habe mit unterschiedlichsten NGOs, wie zum Beispiel Asyl in Not oder der Asylkoordination, gesprochen. Die Leute dort haben mir erklärt, wie die Kommunikationsstrategien der Behörden funktionieren und wie die Verhöre ablaufen. Ich hab darauf basierend Szenen geschrieben und diese dann mit den NGOs durchbesprochen, ob die in Wirklichkeit so hätten stattfinden können.
Dass man Menschen, die als Fluchtgrund Homosexualität angeben, zur ihrem letzten Sex interviewt, ist zum Beispiel keine sadistische Idee von mir, sondern behördliche Praxis. Ich bin österreichische Autorin und hab maximal Binnenmigrationshintergrund. Ich komme aus Niederösterreich. Allein schon aus Respekt vor den Menschen, die hier um Asyl ansuchen, war es mir sehr wichtig mir ein realistisches Bild von der Lage zu verschaffen und das auch so wiederzugeben.
Kann Theater in den öffentlichen Diskurs eingreifen, bzw. ist das ein Anspruch?
Wir hoffen, dass Theater das kann. Es ist ein Anspruch. Aber wir wissen, dass es in vielen Punkten ein sehr optimistischer Anspruch ist.
All Infos zum Stück finden hier. Weitere Termine sind der 2., 3., 4. und 19. Februar.