Entschleunigte Überlichtgeschwindigkeit

Keine Boyband – weil zu alt – haben die Sofa Surfers mit nunmehr zwei Sängern Manpower getankt. Zwei Jahre nach dem Release von "Blindside" heben die rastlosen Herren ihr neues Album "Superluminal" – Überlichtgeschwindigkeit aus der Taufe.

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Seit den ersten Songskizzen sind eineinhalb Jahre ins Land gezogen, jetzt ist die Platte fertig und wird am 10. September auf dem sofaeigenen Label Monoscope Productions veröffentlicht.

Eine Review des neuen Albums gibt es hier.

The Gap hat sich mit drei von vier Surfern zum Interview getroffen.

The Gap: Ihr seid alte Hasen im Geschäft. Kann man sich nach so vielen Jahren gemeinsamer Arbeit noch gegenseitig überraschen?

Michael Holzgruber: Ich würde sagen wir überraschen uns gegenseitig in unseren Jams. Wir lassen uns darauf ein, was von den anderen kommt und schauen in welche Richtung das geht.

Markus Kienzl: Die Situation ist immer eine neue, je nachdem in welchem Umfeld man arbeitet, welche neuen Herangehensweisen man versucht, welche neue Orte, neue Bedingungen man schafft. Wir haben jedes Album anders produziert.
 Dieses Mal war es so, dass wir uns für zehn Tage in ein Studio am Linzer Pöstlingberg eingemietet haben, ganz abgeschottet vom Alltag.

Wolfgang Frisch: Natürlich dauert es dann noch zwei, drei Tage, bis man sich zusammen findet. In der Zeit im Studio haben wir die Songs geschrieben, die Basics.

Am Beginn steht also immer der Jam.

MH: Konzept in diesem Sinne gibt nur soweit, dass wir die Bedingungen ändern, wie wir die Arbeit angehen. Nicht nur, dass wir weggegangen sind von Wien um den Alltag ein bisschen abzustreifen, uns zu konzentrieren, die Handys abzuschalten, sondern auch, dass wir es mit einem E-Drumset versucht haben. Damit konnten wir in einer geringeren Lautstärke arbeiten. Die Gitarren haben dann nicht immer das Gefühl, dass sie mithalten müssen.
 Wenn man die Instrumente auf Zimmerlautstärke bringt und trotzdem live spielt, ergeben sich ganz andere Sachen daraus.

WF: Das ist auch immer unser Anspruch von Album zu Album: Sich neu zu erfinden. Man will sich nicht wiederholen. Damit es spannend für uns bleibt müssen wir immer einen neuen Ansatz reinzubringen. Das ist Teil unseres Konzeptes.

MK: Wir lassen uns dabei überraschen so weit es geht. Die letzte Änderung gegenüber den vorigen zwei Alben ist der zweite Sänger, Jonny Sass. Er ist der Sohn eines recht bekannten Keyboardspielers. Er ist sehr talentiert und versteht sich mit Mani Obeya (Sänger, Anm.) sehr gut.
 So kommen wir wieder dahin zurück, dass wir auch Platz bieten, mit anderen Sängern zu arbeiten.

Bringt Jonny Sass mehr Soul für die Sofa Surfers?

MK: Das war am Anfang mehr von ihm angedacht. Wir haben dann mit ihm zusammenerarbeitet, damit wir diese klassischen Soul-Klischeenoten etwas wegkommen, damit es mehr zu unserem Sound passt. Aber warten wir noch, was darauf folgen wird. Wir sind guter Hoffnung, dass er noch länger dabei bleibt und neue Sachen für uns macht.

"Superluminal" heißt Überlichtgeschwindigkeit. Die Platte kommt aber nicht so schnell daher. Wie also der Titel?

MK: Der kommt einmal von einem Song. Er beschreibt aber eigentlich gar nicht die Musik, also dass es möglichst schnell sein soll. Der ursprüngliche Hintergrund ist, dass sich unser Leben immer schneller abspielt, alle Probleme müssen sofort gelöst werden. Der Song handelt davon, wie man damit umgeht.

MH: Wir haben eben zum ersten Mal wirklich gesagt, dass wir uns dem ein bisschen entziehen und uns zurückziehen um das Album zu machen. Sonst funktioniert es nicht.

WF: Man muss sich dem echt entziehen um den Raum zu haben um überhaupt ein Album zu machen.

Gab es einen Punkt in der Bandgeschichte, an dem ihr euch gedacht habt: Wenn es die Sofa Surfers nicht mehr gibt ist es auch okay für uns – jeder hat ja seine Zweit- und Drittprojekte?

WF: Man bekommt das von außen anders mit, als es für uns ist. Wir machen ständig irgendwas gemeinsam. Ob das jetzt Film, Theater oder einfach nur ein Free-Jam ist. Arbeitsbedingt müssen wir uns für ein Album schon ein bisschen konzentrierter zusammensetzen.


MH: Aber Sofa Surfers ist immer ein Thema für uns. Die Frage lautet weniger "machen wir ein nächstes Album?" als "wann machen wir unser nächstes Album?“ Es kommt sicher irgendwann die Frage, ob wir uns auflösen, aber das ist auf keinen Fall aktuell.


Sind eure Nebenprojekte Einflussquellen für den Sound der Sofa Surfers?

WF: Schon ja. Man kann in den Projekten dann Sachen probieren, die man in der Band so nicht machen kann. Der Drang diese Sachen unbedingt einzubringen ist dann auch nicht mehr so präsent. Somit kann man sich in der Band wieder anderen Ideen widmen.

MK: Indirekt fließen die Nebenprojekte natürlich schon in die Musik ein. Es spielt der persönliche Freiraum in der Gruppe eine Rolle. In einem demkoratischen Prozess, gibt es sicherlich auch Dinge, wo man sich zurückhalten muss, und mit den Projekten kann man das Bedürfnis nach Freiräumen befriedigen.
 Mit der gewonnen Erfahrung – man lernt durch die Solo-Projekte natürlich viel dazu – kommt man dann wieder ins Studio zurück. Das hält uns zusammen.

Eineinhalb Jahre sind vergangen zwischen der Session in Linz und dem letztendlichen Release. War das so geplant, oder ist etwas dazwischen gekommen?

MH: Das Theater ist dazwischengekommen.

MK: Es wäre wesentlich früher fertig geworden, wenn wir das Projekt im Theater in der Josefstadt nicht gemacht hätten. Für uns war es aber sehr interessant, dass man uns gefragt hat für diese Sache. Sie (Theater in der Josefstadt, Anm.) wollten auch wieder etwas Neues machen. Nachdem die uns nichts aufs Auge gedrückt haben und es auch nicht unlukrativ war, haben wir damit eine interessante Erfahrung gemacht. Wir konnten unseren eigenen Sound einbringen, insofern war es für uns keine Verschnörkselung, kein Verkaufen, sondern sehr interessant. Wir sind allerdings froh, dass es wieder vorbei ist. Die Mechanismen der "Hochkultur" kennenzulernen war eine Bereicherung für uns alle.

Wie sieht’s mit dem nächsten Amadeus aus?

MK: (lacht) Ist mir Wurscht.

MH: Wir haben einen Award gewonnen…

MK:…mit dem rockigsten Album den Dance Electronic Award.

MH: Es ist ja schön, dass wir einen Award haben, aber ich hab die Kategorie nicht ganz verstanden. Jetzt würde mich das nicht so wundern, weil die Musik elektronischer ist.

Es ist aber bei weitem nicht so elektronisch wie früher. Ist Post-Rock mit Elektronik der Sound, bei dem ihr jetzt angekommen seid oder kann das in zwei Jahren wieder ganz anders sein?

WF: Es muss sich weiterentwickeln, alles andere ist eine unaufregende Herangehensweise. Wenn wir jetzt wüssten, wie wir in zwei Jahren klingen wollen, brauchen wir gar nicht anfangen zu arbeiten.

MK: Selbst wenn wir glauben, dass wir in zwei Jahren so oder so klingen, dann wird das sicherlich doch was Anderes.

MH: Vielleicht machen wir irgendwann wieder ein instrumentales Album.

MK: Dadurch, dass Jonny dazu gekommen ist, ist wieder vieles offener, z.B. für Gäste, das müssen auch nicht immer Gastsänger sein.

MH: Ja, eine Sängerin mal wieder auf zwei, drei Nummern. Oder ein Schlagzeuger, oder ein Bassist. (lacht)

WF: Es kann sich vielleicht auch in die andere Richtung entwickeln. Es könnte wieder mehr so sein wie früher. Wir wissen ja nicht, was uns dann gerade interessiert und reizt. Vielleicht wird’s auch mal ganz elektronisch sein, weil das gerade reizvoll ist. Es hat nicht unbedingt mit den Zutaten zu tun, dass die Musik richtig ist, sondern es hängt sehr vom Moment ab, was gerade wichtig ist.

Superluminal erscheint am 14. September auf Monoscope.

www.sofasurfers.info

Release Show

6. Oktober, 20:00 Uhr

WUK, Wien

Bild(er) © Coverart und Fotos: Bernd Preiml
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