Das fünfte Album der Gruppe Viech ist ein großer Wurf geworden: Melancholie, Nostalgie und die Vorbereitung auf ein neues Leben, verpackt in Popsongs, die glücklich machen.
Vater sein dagegen sehr: Die hochproduktive Gruppe Viech hat ein neues Album veröffentlicht und es ist schon ein bisschen eine Ode an das Vatersein geworden, an das Leben als Dreißigjähriger mit neuen Herausforderungen und alten Geschichten. Aber zurück zum Anfang: Nachdem die Band im Vorjahr mit dem sehr guten Album »Heute Nacht in Budapest« nach einigen personellen Wechseln gänzlich neu zusammenfand, geht’s jetzt Schlag auf Schlag: Kaum waren die »Budapest«-Stücke ins Vinyl gepresst, konnte man live schon einige neue hören. Dass die Vaterschaft von Paul Plut – Sänger, Texter und noch dazu frischgebackener Label-Boss – dem Output nichts anhaben kann, ist an dieser Stelle nicht minder beeindruckend.
Die Familie als Thema ist im Œuvre Pluts keine Unbekannte – wer könnte bitte jemals »Vota« vergessen? –, dieses Mal eben aus anderer Sicht. Wenngleich es vorerst auch nur nebenbei mitschwingt: Denn zuerst gilt es sein eigenes Leben aufzuarbeiten, als Grundlage für ein neues, kleines Leben quasi. Umso kathartischer wirken die Stücke, die Nostalgie, die Coming-of-Age-Storys, das »Once upon a time … in Austria«, gemalt in mildem Trost-Pop, fernab jeglicher gekünstelter Aufregung. Handwirklich tolle Musik mit eingängigen Melodien, die aber vor allem dabei hilft, den Geschichten Raum zum Atmen zu geben und bedächtig zuzuhören, wenn Plut erzählt. Wie etwa im wunderbaren Kernstück »Das ging schnell«, das den Weg von den Herkunftsorten in die Großstädte malt: »Ich schwänz Turnen mit einem Brief / Von Kerstin in der Hand / Sie sagt, dass sie mich nicht liebt / Und ich rauch so viel ich kann.«
Aber auch vielen anderen der 15 Nummern wohnt diese unendliche Sehnsucht nach der eigenen Erfahrung inne, die Erkenntnis, das alles schon so Sinn gemacht hat, weil man sonst nicht hier wäre. Dennoch: Verklärt wird hier nichts, auch wenn’s früher einfacher war, besser war es bestimmt nie, aber, weißt eh: »Wo früher lange Haare waren / Legen sich die Falten / Wie die Spuren auf der Autobahn.« Und auch, wenn es Viech nicht glauben: Dieses Album wird in Erinnerung bleiben.
»Niemand wird sich erinnern, dass wir hier waren« von Viech erscheint heute, am 25. Oktober 2019, beim Label Abgesang. Am 10. Dezember ist das Trio live im Konzerthaus zu sehen.