Eternal monolitisch Dorau

Der einzigartige Andreas Dorau begeht seine ersten 50 Jahre mit einer Retrospektive und frischem Material. Standortbestimmung, obwohl er es gar nicht wollte. Man darf dankbar sein für dieses Original von einem Künstler.

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Andreas Dorau war mal sowas wie ein Wunderwuzzi des deutschen Pop der frühen Achtziger. Damals, als die Ausläufer des Punk und Disco mit der aufstrebenden Synthie-Coolness zum Aufstand gegen den lieblich klebenden Schlagerbrei bliesen. Neues Selbstbewusstsein in deutschen Landen, dass man sich nicht wehrlos der internationalen Hit-Belieferung ergeben muss.Vereinfachend subsummiert wurde dem der Titel Neue Deutsche Welle (NDW) übergestülpt, auf dass der Hype sich bald tot laufen würde. Wahre Talente überleben sowieso auch in anderen Gewändern.

Rise & Breaks

Mit 15 schrieb der Pfarrerssohn den „Fred vom Jupiter“, mit 17 wurde der Song zum Überhit und Dorau der Welle zugerechnet. Wobei er so rein gar nichts mit dieser Szenerie im Kopf hatte und andere Wege gehen wollte. Es folgte nach dem zweiten Album der radikale Rückzug mit fünf Jahren Pause. Einer Handlungsweise, die der breit gefächert Begabte immer wieder zeigen würde. Als kluger Kopf der Filmbranche zeichnet er neben Filmen wie Serien für Musikvideos verantwortlich, die nicht immer seinen musikalischen Geschmack treffen könnten. Trennung ist King. Der visuell denkende Part im Künstler liebt das Treiben im Hintergrund, trotzdem zieht es den grundsätzlich scheuen Menschen immer wieder zum Tonalen. Schräge Texte mit Tiefsinn, strukturelle Vereinfachungen und der Hang zu trashigen Melodien zeichnen sein Schaffen aus, das sich stets der Karneval, Polka oder Ballermann Vereinnahmung entziehen konnte. Zur Not mit dezidierter Verweigerung, wenn mal ein Hit zu große Kreise zog. Die Achtziger und Neunziger warfen so je nur drei Longplayer ab, die Nuller gar nur das feine „Ich bin der eine von uns beiden“. Insofern könnte das aktuelle Jahrzehnt zum Rekordhalter geraten, denn nach den superben „Todesmelodien“ wird nun im Rahmen einer Retrospektive auch der Glanzpunkt „Aus der Bibliothèque“ gereicht.

Aus der Bibliothèque

Eine Perle seiner Kunst, die sich mehr zufällig ergeben hat. Andreas Dorau feierte 2014 seine ersten 50 Jahre und da kam der Gedanke einer Best Of auf. Standesgemäß reflexartig wurde abgewehrt. Aber auch von von der fragenden Seite nachgebessert in der Ausformung. Im Fundus gefundene Fragmente brachten die Idee einer ganzen Platte als Zugabe, denn eine reine Rückschau alleine sollte es nicht werden. Das merklich Wunderbare an „Aus der Bibliothèque“ kann dem Umstand zugerechnet werden, dass Meister Doraus seit Ewigkeiten (1987) wieder mit einer Band aufgenommen hat. Den sinnierenden Alleingang der Schöpfung hatte der bekennende Hamburger schon zum Standard erhoben. Lyrisch ist der Themenkreis um die Hamburger Zentralbibliothek am Hühnerposten gelagert. Klingt eher staubig, da wird aber pures Gold vom Massenmörder über das Sterben im Winter bis zum Flaschenpfand zu Tage gefördert. Dazu die beschwingten Melodien, die dem Erstaunen über die Handlung ein beständig wippendes Lächeln aufsetzen. Einen solchen Leckerbissen bringt so keiner auf die Rille, ohne sich die Zunge abzubeißen. Mehr als nur ein Grund also, ein kleines Bier mit dem smarten Seitenscheitel zu lüpfen. Und ein wenig zu parlieren.

So schnell eine neue Scheibe samt Werkschau obendrauf. Fast ungewohnt.

Man wollte eine Best Of mit Raritäten und Konzerten von und mit mir. Da hab ich Nein gesagt. Keine Retrospektive nur aus dem runden Anlass 50. Sich feiern lassen wie Till Schweiger, das wollte ich nicht. Dann noch dieser Geruch von „dem fällt nichts mehr ein“. Wenn schon mit Blick nach vorne. Unter den Raritäten fand drei Stücke, dachte mir vier weitere, da komm ich auf ein Album. Aufgrund der Stücke war es auch klar, dass ich eine Band als Korpus möchte. Da kamen die Herren von „Die Liga der gewöhnlichen Gentleman“ ins Spiel. Es lief gut, es wurden ja deutlich mehr neue Lieder. Dazu haben wir haben eine feine Retrospektive mit 25 Titel. Pro Album zwei bis drei Stücke und man sieht eine schöne Reise.

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