»Wahrnehmungssache«, das Erstlingswerk des jungen Wiener Songwriters Felix Kramer, verzaubert mit tollen Geschichten, die ganz auf billige Wuchteln verzichten können. Eine Rezension des Albums samt Videopremiere zu »Vielleicht bist es eh du«.
»Es woa nix, es is’ nix, es wird nix sein.« Dieses Credo der Hauptstadt, palavert von den Wegschauern, könnte gar nicht falscher sein. Es ist immer etwas, und wenn einer geht, dann kommt der nächste. Die Wiener Weltöffentlichkeit verliert den größten Ottakringer und kriegt gleich einen neuen vor den musikalischen Latz geklatscht. Der Kramer Felix – der eigentlich ja auch gar nicht so heißt – schickt sich an, Cisdanubien zu erobern, und lässt dabei die immergleichen Vergleicher vor den ganz großen Vergleichen nicht haltmachen: Wie der Danzer selig soll er klingen, wie der Cash, wie der Cohen, wie der Brel, wie der Brassens, wie jeder eigentlich, der einmal eine Gitarre in der Hand hatte.
Sehr wesentliche Musik
Aber, Überraschung! Klingen tut er eigentlich nur wie Felix Kramer – und alles andere als schlecht. Nämlich so: Es sind reduzierte Gitarrenstücke, manchmal mit klimperndem Klavier und sanft gezupftem Kontrabass, leise und bedächtig erzählt, in feinem, gar patrizischem Wienerisch. Ohne konstruiertes Image, ohne Aufregung, ohne Klamauk und mit nur dosiertem Protest. Das Besondere: Kramer schafft mit seiner sehr wesentlichen Musik einen atmosphärischen Zauber, der niemals magiert wird, sondern ganz selbstverständlich verströmt und Kopfhörermuscheln und Konzertsäle gleichermaßen füllt.
Der Hype um den tatsächlich studierten Gitarristen ist – nach Single und EP – einigermaßen groß und dürfte das mit dem ersten Album »Wahrnehmungssache« auch bleiben. Denn schon der Einsteiger und Titeltrack klingt nach »gekommen, um zu bleiben« und verzückt mit wahren Wienzeilen wie »Wannst ned knapp vorm Burnout bist, bist eh nix mehr wert«.
Ja, der Kramer navigiert auf Albumlänge durch die Unzulänglichkeiten eines konstruierten Lebens, nur um erst immer wieder die Gurk’n zu bekommen und schlussendlich das Wohl in der ebenso überlegten Einsamkeit zu suchen. Aber auch Lamourhatscher sind dabei, wie etwa »Vielleicht bist es eh du« (das hier seine Videopremiere feiert), aber eben auch immer mit einem Twist: »Und immer, wenn i eigentlich fortgeh’n will, dann fahr i mit dir ham.« Eine grundvernünftige Entscheidung. Wie alles an »Wahrnehmungssache.«
»Wahrnehmungssache« von Felix Kramer erscheint am 21 September 2018 bei Phat Penguin Records. Folgende Konzerttermine sind zur Zeit bestätigt: 4. September, Gößl am Grundlsee, Sprudel Sprudel & Musik — 8. September, Mödling, Sturm und Klang Festival — 15. September, Salzburg, Take The A-Train Festival — 9. Oktober, Wien, Porgy & Bess — 15. Oktober, Graz, Die Scherbe — 18. Oktober, Berlin (DE), Brauseboys — 23. Oktober, Berlin (DE), Schokoladen.