Wer Fifa spielt, jubelt und leidet wie im Stadion.
Von wegen Ballphysik und Kollisionskontrolle: In erster Linie ist „Fifa“ immer schon ein Spiel der Emotionen, denn selbst wenn die angekündigten neuen Maßstabe in der Emotionalität der Darstellung in „Fifa 15“ nur teilweise spürbar sind, schafft es die Serie schon bald seit Jahrzehnten, dass selbst abgebrühte Zocker gerne einmal ihre Fernseher anbrüllen. Und eine seit Jahren von mir betriebene Umfrage belegt glasklar: Kein anderes Konsolenspielspiel treibt seine Nutzer derart auf die Palme.
Also hinein in die Xbox One, mit der Spieledisc und auf geht die Spurensuche nach den Auslösern dieser Gefühlswallungen. An der Installationszeit liegt es schon einmal nicht. Denn entgegen guter Microsoft-Tradition ist „Fifa 15“ nach wenigen Augenblicken startklar. Doch bereits nach dem ersten Testspiel gegen den HSV nehme ich mir als Trainer von Paris Saint Germain den guten Zlatan Ibrahimović im Mannschafts-Menü zur Brust. Wir spielen auf Konter, habe ich die Mannschaft schon wissen lassen und Zlatan gebe ich mittels der neuen Einzelanweisungen mit, dass er doch bitte bei Bedarf die Verteidigung überlaufen soll.
Schon vor dem Anpfiff zeigen sich die grafischen Stärken des neuesten Serienablegers. Die Fans waren noch nie so hübsch und die Spieler schneiden ab und an Grimassen; soll heißen „zeigen Emotionen“. Und nach wenigen Spielminuten jauchzt Kommentator Frank Buschmann dann auch schon zum dritten Mal: „Jetzt ein weiter Pass! Findet er Zlatan Ibrahimović?“ Er findet ihn nicht. Zlatan beobachtet zwar interessiert das Spielgeschehen, ist mit dem Kopf aber noch beim Aufwärmen und läuft abwechselnd seitlich und rückwärts.
Mit zehn Jahren war ich zum letzten Mal im Stadion, aber „Fifa“ weckt den Fan, der tief in uns allen schlummert: „Oida! Wo war das kein Foul?“ Kinect lässt mich wissen, dass meine Spracheingabe nicht verstanden wurde und der Schiedsrichter gibt Abstoß.
Während Shooter und Plattformer nach jedem Rückschlag sofort einen neuen Versuch bereitstellen, lässt „Fifa“ seine Spielenden dem Sieg hinterherlaufen. Mit der tickenden Uhr steigt der Druck und jeder Kicker am Platz, der nicht zu begreifen scheint, was ich von ihm will, rüttelt an meiner Frusttoleranz. Mein Flügelstürmer Cavani überlässt den frei rollenden Ball höflich dem heranpreschenden Gegner. Und plötzlich kickt mein Tormann den schon gehaltenen Ball beim Aufstehen ins eigene Tor – Kollisionskontrolle sei Dank.
Ein Geniestreich eines mir unbekannten Mittelfeldspielers rettet dann doch noch das Unentschieden und bei der Rückkehr ins Menü wartet auch schon eine Mail in meinem Posteingang: Die Vereinsleitung bittet mich, meine sonst guten Leistungen als Trainer nicht durch ständige, lautstarke Schiedsrichterkritik zu schmälern. Kinect hört alles.
„Fifa“ ist so herrlich emotional, weil es der Realität nahe genug kommt, um mit jeder Abweichung von dieser für Empörung zu sorgen; und weil es dazu verleitet, sich zum Jubel aus dem Sofa zu erheben. Von wegen passive Zocker. Und wer noch mehr Emotionen braucht spielt lokale Multiplayer-Partien.
»Fifa 15« ist bereits für Xbox One, PS4 und alle gängigen Konsolen erschienen.