Findet mich das Glück?

Grafikdesigner Stefan Sagmeister zeigt im MAK seine „Happy Show“, eine interaktive Suche nach dem Glück. Und beweist damit, dass ihm die Konventionen seines Metiers ziemlich egal sind.

How happy are you?

Eine Ausstellung im herkömmlichen Sinn darf man sich nicht erwarten, das Wort Show ist bewusst gewählt. Neben bunten Infografiken, Videos und Skulpturen erwarten das Publikum etliche interaktive Stationen: Neon-Schriften leuchten auf, wenn man sich auf ein Fahrrad setzt und in die Pedale tritt, eine andere Message entfaltet ihre Pracht erst dann, wenn der Besucher selbst lacht, die Installation „How happy are you?“ misst den Glückszustand des Publikums anhand von kollektiver Selbsteinschätzung. Sagmeister wird das ganze Museum bespielen, sogar auf den Toiletten gibt es Handschriftliches von ihm, schließlich ist die Suche nach dem Glück ein ganzheitliches Projekt.

Allerhand statistisches Material wird aufgetischt: dass Kinder nicht glücklicher machen, die Ehe aber angeblich schon; wie viel Sexpartner man haben und was man verdienen sollte, um nicht in Depressionen zu verfallen etc. Klar, dass Sagmeister keine Tipps gibt und geben kann, aber eine Message, die er aus seiner eigenen Glückssuche mitgenommen hat, ist omnipräsent: Man kann sich um das Glück bemühen (auch wenn man es nicht erzwingen kann), man kann den Geist darauf trainieren, Situationen zu schaffen, die Glück begünstigen – immerhin! „Nun sind die Ergebnisse zwar meine eigenen und nicht verallgemeinerbar. Aber die Schau war schon in Philadelphia, Toronto, Chicago, Los Angeles, Paris und Vancouver zu sehen, und es scheint, dass sich die Besucher mit dem Inhalt identifizieren konnten. Ich habe viele, viele Briefe erhalten, die dies bezeugen“, so Sagmeister zum bisherigen Erfolg seiner Happy Show.

Dass diese irgendwann mal in Wien gezeigt werden würde, lag auf der Hand. Denn MAK-Chef Christoph Thun-Hohenstein kennt den Grafiker aus seiner Zeit als Chef des österreichischen Kulturforums in New York und ließ vor einigen Jahren als neuer departure-Chef das Buch „New Vienna Now“ von Sagmeister gestalten. Sagmeister kennt die Unterschiede zwischen den USA und Europa gut genug, um zu wissen, dass die Frage nach dem Glück hierzulande unglaublich naiv erscheinen kann: „Man muss offenbar eine sehr oberflächliche Person sein, wenn man sich dafür interessiert. Der tiefe Denker versteht, dass das Leben elend ist, und lebt entsprechend.“

Macht diese Ausstellung gar glücklicher?

Ob Sagmeister ein glücklicher Mensch ist? Seine Erkenntnis lautet jedenfalls, dass sich das Glück zu 50 Prozent aus Vererbung, zu 10 Prozent aus der Art zu leben und zu 40 Prozent aus neuen Aktivitäten speist. Angesichts der Vielzahl seiner Projekte sollte Sagmeister also ein überaus glücklicher Mensch sein. Außerdem hat er noch eine Konsequenz aus dem Rechercheprojekt gezogen: Er geht jetzt jeden Tag joggen, das setzt bekanntlich das Glückshormon Dopamin frei. Ob die Happy Show das auch schaffen wird? Ob man sie als veränderter Mensch verlässt? „Findet mich das Glück im MAK?“, könnte man ein Zitat der Schweizer Künstler Fischli & Weiss abwandeln. Oder „sucht mich das Glück am falschen Ort?“ (ebenfalls Fischli & Weiss)

Zumindest Spaß dürfte die Show machen – fast ein Tabubruch im Ausstellungswesen. Und in Sachen Grafikdesign-Ausstellung vollzieht Sagmeister mit ihr einen Paradigmenwechsel: nicht die Form ist das Wesentliche, sondern der Inhalt. Dass ihm letzterer immer schon wichtiger war, davon zeugt seine oft zitierte Gleichsetzung „Stil=Furz“ aus den 90er-Jahren, mit der er die glatte Oberfläche von Designerzeugnissen kritisierte. Zwanzig Jahre später hat diese Attacke nichts an ihrer Aktualität verloren.

Stefan Sagmeister: The Happy Show. Ab 28. Oktober im MAK.

www.mak.at

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