Wenn ein Weltkonzern ein Festival sponsert, sollte man das kritisch beurteilen, doch das Line-up des Forward Festivals ist überzeugend, u.a. mit Soap & Skin und Ensemble, Radian oder Vladislav Delay. Wir haben Christof Dienz, den künstlerischen Leiter des Fm Riese, interviewt.
Clubbings finden schon länger in den Kristallwelten statt. Wie kam es dazu, dass jetzt ein dreitägiges Festival dort stattfindet?
Es gibt dort auch schon ein Kammermusikfestival. Der neue Chef der Swarovski Tourism Services Stefan Isser wollte ein neues Festival schaffen, das auch ein jüngeres Publikum erreichen will. Dann haben sich Swarovski Tourism Services an mich gewandt, ob ich Lust hätte zu kuratieren.
Die Klangspuren Schwaz gehen in Richtung Neue und zeitgenössische Musik, ist das Forward Festival dann quasi die logische Erweiterung in Richtung Pop?
Genau. Das Festival steht ja an der Schnittstelle zwischen Pop, Neuer Musik und Electronica.
Wie hat man die vertretenen Acts ausgewählt? Gingst du nach deinem eigenen Interesse vor oder wie kam es zu diesem Line Up?
Ja, eigentlich hatte ich ganz freie Hand. Es gibt auch keinen wirklichen Leitfaden, außer dass ich unbedingt wollte, dass wenigstens ein Act dabei ist, der Tirol-Bezug hat, um auch die Tiroler Szene oder zumindest aus Tirol stammende Künstler mit einzubeziehen. Und auch österreichische Acts sollten dabei sein.
Der Österreich-Bezug ist ja mit Soap & Skin und Ensemble und Radian gegeben. Darf ich fragen, welcher Act Tirol-Bezug hat?
Denseland, die am Donnerstag, dem 22. November, spielen. Bassist Hannes Strobl ist Tiroler, der schon Ewigkeiten in Berlin lebt.
Die Kristallwelten haben schön öfter Künstler zu Gast gehabt, die multimedial gearbeitet haben, die über Musik oder bildende Kunst hinausgehen und genreübergreifend agieren, so z.B. Brian Eno. Was macht den Reiz dieses Ortes aus, welche Voraussetzungen sind gegeben, die diese Location herausstechen lassen gegenüber anderen?
Na ja, die Kristallwelten haben diese Wunderkammern, die von verschiedenen Künstlern gestaltet werden. Und heuer ist da Arik Levy, der wird auch den Cube, diesen Raum im Keller der Kristallwelten, in dem das Festival stattfindet, gestalten. Insofern gibt es da eine kleine Verbindung zwischen Raum und Sound, Arik Levy wird den Konzertraum also auch mit gestalten.
Wieviele Besucher finden Platz im Cube?
Mit 500 Menschen ist es voll. Also 500 Besucher pro Abend wären möglich, 1500 für drei Abende, darüber wären wir glücklich.
Kann das Festival auch weiter wachsen, also gibt es schon Pläne für nächstes Jahr?
Es ist auf jeden Fall angedacht, dass es eine fixe Institution werden soll. Auf jeden Fall ist es nach vorne hin offen, dass es das Festival öfter geben wird, mit oder ohne mich als künstlerischen Leiter. Es soll zu einer Einrichtung werden, denn in Tirol gibt es in diesen musikalischen Richtungen nicht so wahnsinnig viel. Und es kann natürlich wachsen. Wenn das Forward Festival nun ein großer Erfolg wird, was wir alle hoffen, dann ist es auch erweiterbar: Also auf mehrere Tage oder noch mehr Bands. Auch eine ganze Woche lang wäre eine Option.
Wie passt das Festival in den Kulturkalender? Gibt es deiner Meinung nach genug Interesse und Publikum für diese musikalischen Bereiche in Tirol?
Es gibt in Tirol ganz sicher junge und vielleicht nicht mehr so junge Leute, die eben nicht nur den totalen Mainstream hören und sehen wollen. Und es ist schon auch ein bisschen für diese Leute gedacht, die interessiert sind und das Abenteuerliche suchen und hören wollen. Die Klangspuren sind ja ein erfolgreiches Festival und das funktioniert super in Tirol, also bin ich mir ziemlich sicher, dass es auch ein Publikum für das Forward Festival gibt. Mit Sicherheit ist ein Publikum da für diese Art von Musik und dieses Publikum wollen wir erreichen.
Die Acts, die auftreten sind ein bisschen heikel, was das Sponsoring betrifft. Wie sehr wird Swarovski auftreten bzw. erkennbar sein?
Es findet in den Kristallwelten, dem Aushängeschild der Firma, statt. Es wird also nichts versteckt oder verheimlicht. Es ist zugegebener Maßen so, dass ein junges kritisches Publikum auch Swarovski kritisch gegenüber steht, aber man muss sagen, dass wenn Swarovski für solch ein Nischenprogramm-Festival Geld hergibt bzw. das gesamte Festival bezahlt, ist es eine gute Sache, dass viel Geld in solche Projekte investiert wird. Die Künstler, die am Festival auftreten wissen das auch, dass das Festival von Swarovski finanziert wird. Wenn große Weltkonzerne all ihr Geld so investieren würden…
Zum Abschluss noch, wie ist es für dich persönlich? Es ist doch schön ein solches Festival zu kuratieren!
Ja, deswegen bin ich der Letzte, der jetzt böse über Swarovski reden würde. Ich habe für das künstlerische Programm komplett freie Hand, es redet mir niemand drein. Auch das schätze ich sehr, dass ich diese Freiheit habe. Swarovski kennt ja kaum die Acts, die da auftreten werden, außer vielleicht Soap & Skin… aber sonst lassen die sich ja auch auf was ein von dem sie noch nicht so viel oder gar nichts gehört haben. Es ist also schon ein großes Risiko eingegangen worden. Es handelt sich ein bisschen um eine Feinschmecker-Sache…Carla Kihlstedt ist schon auch bekannt oder Howe Gelb von Giant Sand…
Viel Erfolg und ein schönes Festival!
Fm Riese – Forward Music Festival 22.-24. November 2012 in Wattens, Tirol in den Swarovski Kristallwelten; www.kristallwelten.swarovski.com
Christof Dienz ist Musiker und Komponist. Er ist der künstlerische Leiter des Fm Riese – Forward Music Festival, das heuer zum ersten Mal stattfindet.