After Sunset: Fontaines D.C. in der Arena Wien – Konzertfotos und Nachbericht

Fontaines D.C., Blondshell und Culk. What could possibly go wrong? In diesem Fall ausnahmsweise mal gar nix. Der freie Himmel über der Arena wurde zur Leinwand der Dubliner Postpunk-Poeten.

© Nikolaus Ostermann

»We’ll gonna be up till sunrise«, kündigte Fontaines-D.C.-Gitarrist Carlos O’Connel an. Eine Anspielung auf »Before Sunrise«, einen der Lieblings­filme der Band. Das genre­prägende Linklater-Slacker-Movie mit Julie Delpy und Ethan Hawke ist mittler­weile – nicht ganz zu Unrecht – fixer Bestandteil der inter­nationalen Wien-Folklore. So war die Band vor dem Konzert auch an einem der etwas abseits der üblichen Touri-Pfade gelegenen Drehorte anzutreffen, am Friedhof der Namenlosen.

Tokio in den frühen Morgenstunden

Dass die Fontaines D.C. diesen Film kennen, kann man als Trivia abtun, verweist aber sehr direkt darauf, wie culturally savvy diese Band ist und wie sehr sich die 90er durch ihr Schaffen ziehen. Als Referenzen für ihr neues Album nennt sie das Manga »Akira«, den Anime »Cowboy Bebop« und die Stimmung im Tokioter Stadteil Shibuya um sechs in der Früh, aber auch Sorrentinos »La Grande Bellezza«, Nicolas Winding Refns »Pusher«-Trilogie und den Roman »Land Sickness« des Band­freundes Nikolaj Schultz.

So klar, wie die Fontaines D.C. in ihren Referenzen sind, so unverkennbar sind sie trotz aller Einflüsse in ihrem Sound. Während dieser auf den ersten beiden Alben »Dogrel« und »A Hero’s Death« sicher und verspielt im Postpunk verortet war, ist der musikalische Kosmos spätestens mit »Skinty Fia«, mit dem sie sich eine breitere Öffentlich­keit erschließen konnten, massiv expandiert. So ist es auch das darauf zu findende »Jacky Down the Line« als zweite Nummer des Konzert­abends, die als endgültiger und bei 30 Grad physikalisch eigentlich unmöglicher Eisbrecher fungiert. Zu den musikalischen Wurzeln steht man aber nach wie vor. Songs der beiden ersten Alben waren demnach ebenfalls ein fixer Bestand­teil des groß­artigen Sets, etwa »Big« oder »Televised Mind«.

Originär und dringlich

Das Fantastische an dieser Band ist, wie sie Songs schreibt, zitiert, arrangiert und rearrangiert, ohne jemals in den Dunstkreis des Plagiats zu gleiten. Was sie endlos charmant macht, ist der Umstand, dass sie das tut, ohne dabei akademisch zu klingen, sondern immer unverkennbar originär und dringlich bleibt. Zu allem Überfluss können die Fontaines D.C. das live auch noch – mit Unter­stützung von Tour-Member Chilli Jesson – brutal kompetent umsetzen.

Die Lieder des Albums »Skinty Fia« sind eine Verarbeitung der irischen Diaspora­erfahrung, sie sind aber vor allem richtig gute Songs. Die Lieder des neuen Albums »Romance« (VÖ: 23. August) weisen aber noch einmal darüber hinaus. Da bleibt wenig offen, was es zwischen den Stücken noch zu verbalisieren gäbe. Ob die Band jetzt wirklich den Wiener Sunrise erlebt hat, lässt sich nicht sagen. Es sei ihr – um im Reich der Zitate zu verharren – auf jeden Fall ein großer Ultravox-Wien-Moment vergönnt; einen solchen haben sie schließlich auch dem Publikum beschert: »Haunting notes, pizzicato strings. The rhythm is calling.«

Das Konzert der Fontaines D.C. fand am 13. August 2024 am Open-Air-Gelände der Arena Wien statt. Im Vor­programm waren Culk und Blondshell zu sehen.

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