Saâdane Afif setzt sich mit AutorInnenschaft und der Vergänglichkeit von Kunst auseinander. Für das Ausstellungsexperiment »This Is Ornamental« widmet er sich der französischen Billardmeisterin Yasmine d’Ouezzan – und greift dabei Dokumentarisches ebenso auf wie Fiktives, sein eigenes Werk wie jenes anderer. Nur noch dieses Wochenende in der Kunsthalle Wien Karlsplatz zu sehen.
Anders als in der westlichen Tradition ist das Ornament im Orient weit mehr als ansprechendes Beiwerk zu einem Hauptobjekt. Durch das religiöse Bilderverbot hat es sich zu einem komplexen System entwickelt, das auf eine kognitive, emotional-ästhetische Wirkung abzielt und dem neben besagtem Hauptobjekt eine eigene Sinnhaftigkeit innewohnt.
Wenn der französische Konzept- und Installationskünstler Saâdane Afif seine erste Einzelausstellung in der Kunsthalle Wien nun »This Is Ornamental« nennt, dann ruft das nicht nur Adolf Loos’ Perspektive aus »Ornament und Verbrechen«, seiner »Abrechnung« mit dem überflüssigen, veralteten Beiwerk in Architektur und Handwerk, ins Gedächtnis, sondern erhebt das Ornamentale auch vom Beiwerk zum Hauptgegenstand. Die ganze Schau präsentiert sich – in einer Umkehrung der üblichen Wahrnehmungshierarchie – als ornamental.
Von der Performance zum Theaterstück zur Ausstellung
Wie für Afif typisch, setzt er dabei auf die Weiterentwicklung, auf die Fortsetzung seines Werks in Rückkopplung mit anderen und deren Interpretation seiner Arbeit. Für »This Is Ornamental« dient ihm das Theaterstück »L’Heptaèdre« des Schriftstellers Thomas Clerc als Anknüpfungspunkt. Ein Werk, das Afif selbst beauftragt hat und das sich wiederum auf eine Performance des Künstlers bei der 5. Biennale in Marrakesch bezieht. Afif hat dafür einen Professor am Hauptplatz der Stadt öffentlich Geometrieunterricht geben lassen. »L’Heptaèdre« denkt diese Performance weiter und lässt einige seiner Figuren eine ornamentale Sprache von höchster Abstraktion sprechen – die Geometrie dringt in das sprachliche Material ein.
Neben dem fiktiven Text Clercs dient Afif dessen Protagonistin Yasmine d’Ouezzan, die von 1932 bis 1938 französische Billardmeisterin war, als Hauptelement seines Ausstellungsexperiments. Afifs Hommage an die Französin mit marokkanischen Wurzeln, auf die er durch ein historisches Porträt gestoßen ist, bedient sich journalistischer Berichte, Fotografien und Archivmaterialien, um sie als Figur einer differenzierten Kulturgeschichte zu zeigen. Fiktives und Dokumentarisches stehen nebeneinander.
Mit der unabgeschlossenen Weiterentwicklung seines Werks – durch andere und sich selbst – hinterfragt Saâdane Afif Begriffe wie AutorInnenschaft, Fetischisierung sowie Vergänglichkeit von Kunst. In »This Is Ornamental« werden überdies die Prozesse der Musealisierung und Historisierung zum Thema.
»Saâdane Afif. This Is Ornamental« ist noch bis 18. November in der Kunsthalle Wien Karlsplatz zu sehen.