»Wo ist Wald?« stellt in Gebärden- und Lautsprache die Verflechtungen zwischen diversen Crittern dar, die in waldigen Ökosystemen zu Hause sind. Eine lebendige Erfahrung, die durch kreative Verwebungen, Verbindungen, Vernetzungen sowie durch besondere Kommunikation entsteht.

Hohe, aus Holzklötzen gefertigte Türme, die sowohl als Wolkenkratzer als auch als Bäume verstanden werden können, werden zu Beginn des Stückes von tanzenden Wesen zu Fall gebracht. Ein Akt der Dekonstruktion des Szenenbildes, das im weiteren Verlauf der Geschichte immer wieder neu zusammengesetzt wird und somit viel mehr als eine bloße Kulisse ist. So werden die Blöcke aus Holz zu einem aktiven Ökosystem in dem Critter wie Ameisen, Wildschweine, Borkenkäfer, Eulen, Fliegen sowie auch Steine und Bäume einen Raum für symbiotischen Austausch finden. Anhand der vielen einzelnen Bausteine, die gemeinsam ein Ganzes schaffen, wird die Verbundenheit des ganzen Systems sinnbildlich sichtbar. Fällt ein unscheinbarer Klotz um, wirkt sich das auf alle aus.

Die Handlung von »Wo ist Wald?« wird fragmentarisch erzählt, aber meist von einem gemeinsamen Baum zusammengehalten, der in allen Höhenschichten des Waldes vertreten ist. Die (schau)spielerische Verkörperung der diversen Critter wird dabei ähnlich wie in »Peter und der Wolf« mit einzelnen musikalischen Themen unterlegt. Besonders an »Wo ist Wald?« ist vor allem, dass die Critter anhand von Gebärden- und Lautsprache miteinander interagieren. Hierbei wird eine sprechende Figur zeitgleich von mehreren Darsteller*innen verkörpert und das Subjekt somit ins Kollektiv eingegliedert. In der Mischung aus sichtbarer Gebärden- und hörbarer Lautsprache, entwickeln sich so ungewöhnliche Inszenierungen der Kommunikation.
Ein einsamer Fuchs im Wald
Durch die Darstellung von nichtmenschlichen Perspektiven versucht »Wo ist Wald?« andere Erfahrungen unserer Welt zu ermöglichen. Die Verkörperung der Critter weist durch eine ausfallende Gestik auf deren Charaktereigenschaften hin. So spricht beispielsweise die Fliege besonders schnell und animiert, um auf ihre andere Zeitwahrnehmung hinzuweisen, wohingegen sich der Stein in Langsamkeit wiegt. Vor allem aber wird in den Fragmenten der Geschichte immer wieder der Bezug zur Entfremdung des Menschen gesucht. Stellvertretend dafür steht die Figur des Fuchses, die klar im Unterschied zu den anderen Crittern als Maskottchen kostümiert ist und den westlichen Menschen sowie dessen kulturelle Vorstellung von Natur widerspiegelt. Innerhalb der Handlung steht der Fuchs einsam außerhalb des Ökosystems, da er aufgrund seiner Ignoranz die Möglichkeiten die zahlreichen symbiotischen Verflechtungen nicht wahrnehmen kann. Sogar der Stein erweckt so einen lebendigeren Eindruck als es der menschliche Fuchs tut.
»Wo ist Wald?« gelingt es, eine spielerische Interpretation des waldigen Ökosystems auf die Bühne zu bringen, ohne dieses zu romantisieren. Das Spinnen von Fäden im Bühnen- sowie Publikumsraum am Ende der Aufführung eröffnet einen Möglichkeitsraum, der nochmal explizit das Miteinander-Verbunden-Sein in den Vordergrund rückt.
»Wo ist Wald?« ist im Dschungel Wien von 22. Oktober 2025 bis 1. März 2026 zu sehen.
Dieser Text ist im Rahmen eines Schreibstipendiums in Kooperation mit dem Dschungel Wien entstanden.