Mit seinem neuen Film »Fuchs im Bau« eröffnet Arman T. Riahi die diesjährige Diagonale. Im Interview erzählt er, warum der Film in einem Gefängnis spielt, welche Herausforderungen es beim Dreh gab und welche Beziehung er zu seiner Kreativität hat.
Im Fokus der Geschichte stehen drei Personen: Die beiden Lehrer*innen sowie Samira, gespielt von Luna Jordan. Warum hat dich diese Konstellation interessiert und welche Veränderungen machen diese Figuren in den 103 Minuten des Films durch?
Ich wollte nicht einfach nur die alte Story eines Lehrers und eines Schülers erzählen. Ich fand die Beziehung zweier Lehrer*innen, die einen unterschiedlichen Zugang und gegensätzliche Gründe haben, den Beruf auszuüben, spannender. Sehr früh in der Entwicklung war mir klar, dass es zwei Lehrerfiguren im Film geben würde. Dafür wurde ich in der Drehbuchphase auch kritisiert: Warum ist nicht die Berger die Hauptfigur? Aber in meinem Film gibt es keine Hauptfigur, auch wenn es Fuchs ist, mit dem wir das Gefängnis kennenlernen. Es gibt ein Netz an Beziehungen, Abhängigkeiten, Traumata, die die Menschen miteinander verbinden. Darum geht es doch eigentlich: dass wir sehen wollen, dass es anderen auch so geht wie uns; dass wir nicht alleine sind.
Sowohl Bildung als auch Kunst / Kultur spielen in dem Film eine große Rolle. Die Jugendlichen lernen, sich durch Kunst auszudrücken, und auch Hannes Fuchs findet nach und nach wieder zu seiner kreativen Leidenschaft zurück. Deine Eltern kommen aus der Pädagogik, dein Bruder und du, ihr seid erfolgreiche Filmschaffende. Wie würdest du deine Beziehung zur Kreativität beschreiben?
Meine Beziehung zur Kreativität ist mir im Grunde genommen ein absolutes Rätsel. Aber was ich sagen kann ist, dass ich das Glück habe, dass diese Beziehung irgendwie großartig funktioniert, und zwar schon sehr lange. Ich glaube, sie fußt in meiner Kindheit. Mein Vater gab mir als Kind viel Jules Verne zum Lesen; durch ihn und meine Mutter habe ich die Liebe zur Literatur entdeckt, durch meinen Bruder sehr früh die Liebe zum Film. Wir waren immer eine Familie, in der Kultur eine große Bedeutung hatte. Und was damals viel ausgemacht hat, war, dass mir oft langweilig war. Aus der Langeweile ist viel entstanden. Heute ist mir kaum noch langweilig, aber ich suche die Kreativpausen, damit das Hirn anderes Futter bekommt als dauernd Bildschirme. Das Unbewusste und die Kreativität sind wie Geschwister. Heute ist das ein riesiges Thema, denn ich habe das Gefühl, nur in den Pausen und durch Zeit entstehen wirklich große Dinge. Und die wirklich guten Ideen überbrücken jede Kreativpause.
In deinem letzten Interview mit The Gap zum Film »Die Migrantigen« meintest du in Bezug auf Migrant*innen in Österreich: »Das hat uns immer gefehlt, diese Vorbilder. Das ist auch ein Grund, warum wir diesen Film gemacht haben.« Siehst du dich mittlerweile selbst als so ein Vorbild? Und hast du einen Wunsch, wie deine Filme wirken sollen bzw. wie sie in Erinnerung behalten werden sollen?
Ich weiß nicht, ob ich ein Vorbild bin, für manche vielleicht. Aber das müssen ja andere beurteilen. Ich möchte, dass meine Filme für sich stehen können, auch noch Jahre danach funktionieren und Sinn ergeben. Meine Drehbücher schreibe ich so, dass man die Filme auch mehrmals sehen kann und Neues entdeckt. Ob mir das gelingt, kann ich selbst nicht beurteilen. Ich bin auch kein Filmemacher, der sich einen großen Plan am Anfang seiner Karriere überlegt hat. Ich mache immer nur das, was mich 100 Prozent interessiert. Es gibt Themen, die mir wichtig sind, und ich möchte weder meine Zeit noch die des Publikums verschwenden. Unterhaltung alleine ist zu wenig, das machen schon andere perfekt. Ich denke als Filmemacher*innen in Österreich bzw. Europa, die mit Steuergeldern Filme machen, haben wir eine große Verantwortung.
»Fuchs im Bau« von Arman T. Riahi ist heute als Eröffnungsfilm bei der Diagonale 2021 in Graz zu sehen. Ab 18. Juni läuft der Film österreichweit in den Kinos.