Vom Hofer war's (die erste Gitarre)

Der Nino aus Wien hat mit dem Beziehungsdrama „Du Oasch“ einen der schönsten Dialektsongs der letzten Jahre geschrieben. Was er von Wolfgang Ambros & André Heller hält, welchen Käse er mag, warum er auch mal Partys auslässt und nicht im Folk- und Anti-Folkeck landen will, erzählte er im Traditionskaffeehaus Hawelka.

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Nino Mandl ist eine der heimischen Pop-Entdeckungen 2009 und wird gerne mal mit Bob Dylan verglichen. Oder Pete Doherty. Oder Syd Barrett. Was halt grad passt. Das Witzige dabei: Mit Schmäh und dem Charme des gebrochenen Großstadtpoeten kommt der 22-Jährige problemlos durch und setzt auf trockenen Witz und kokettes Understatement. „Mir gehen schön langsam die Akkorde aus und ich will mich künstlerisch nicht wiederholen“, gibt der junge Mann, der im Abstand von einem halben Jahr zwei Alben veröffentlicht hat, leise lächelnd zu Protokoll. Mit seinem Debüt „The Ocelot Show“ erspielte er sich ein solides, treues Stammpublikum, mit „Down in Albern“ wurden die ersten Erfolge prolongiert. Dass seine überbordenden Metaphern und die Art des Vortrags vor allem auch an André Heller erinnern, weiß er. Berührungsängste hat er deswegen nicht und auch mit dem großen Buh-Wort Austropop hat der Wiener kein Problem. Weil: „Es ist ja eh ganz was anderes, was ich mache.“

Nino, leider gibt es jetzt keinen fragetechnischen Eröffnungskracher. Darum kurz, bündig: Seit wann machst du Musik?

Es hat vor sieben Jahren alles mit einer E-Gitarre vom Hofer begonnen. Ich konnte sie nicht stimmen, und habe nur Geräusche damit gemacht und aufgenommen. Mir hat das ziemlich gefallen. Sonst leider niemandem. Seit zwei Jahren ungefähr spiele ich das, was man auf meinen beiden Alben hört.

Vor zwei Jahren ist auch das Label Problembär gegründet worden, auf dem deine Musik erscheint. Wie ist da der Kontakt zu Stande gekommen?

Ich wollte schnell eine CD aufnehmen. Sir Tralala hat mir dieses Label empfohlen und gesagt ich würde da gut hinpassen.

Ist Sir Tralala eine Art Mentor für dich?

Er ist jedenfalls gut zehn Jahre älter und ein toller Musiker. Dass er meine Sachen mag, immer wieder mit seiner Geige auftaucht, dann dasteht und spielt, freut mich.

Da gibt es auch ein nettes Video auf YouTube: Du an der Gitarre, Sir Tralala im Schlafrock und mit Geige daneben.

Ja, das war in einem Hotelzimmer im Fürstenhof während einer Kunstveranstaltung. Tralala hat ein Zimmer bekommen und Leute eingeladen und mich gefragt, ob wir ein Lied zusammen spielen. Leider noch nicht – oder auch Gott sei Dank – im Internet zu finden ist die Szene als wir dann alle „Fear and Loathing in Las Vegas“ nachspielen. Sir Tralala liegt in der Badewanne, ich bin das Radio, das „White Rabbit“ singt, und irgendwer wirft noch eine Orange in die Badewanne. Ich warte seit Wochen auf dieses Video.

Du wirst immer wieder mit Wolfgang Ambros und André Heller, aber auch dem jungen Bob Dylan verglichen. Nerven dich mittlerweile diese Vergleiche?

Schon ein bisschen, ja. Weil man soll langsam die anderen Sachen entdecken, die in meiner Musik drinnen stecken. Die Beach Boys, die Beatles, Nick Drake wurden bislang nie erwähnt. Aber auch Daniel Johnston und Syd Barrett werden verschwiegen.

Syd Barrett ist in Reviews und Artikeln über dich aber öfters vorgekommen…

Ehrlich? Sicher, weil ich es mal gesagt habe. Sonst wäre wohl niemand drauf gekommen. Man sollte wissen, dass ich eine Zeit lang nur Syd Barrett gehört habe. (schmunzelt)

Auch wenn es dich jetzt ein wenig nerven wir: Auf deinem kleinen FM4-Hit „Du Oasch“ klingst du ja wirklich nach dem jungen Ambros.

Ich mag den jungen Ambros ja eh. Vor allem Texte, die er in den 70er Jahren selber geschrieben hat, wie „A klana Blick“, „Es ergibt si nix“ oder „I glaub i geh jetzt“, sind großartig und tiefgehend. Der hat echt was drauf gehabt. Den alten Ambros habe ich vor ungefähr zwei Jahren übrigens einmal live gesehen. Er war so besoffen auf der Bühne, dass ihm die Gitarre runter gefallen ist und er ständig die Texte vergessen hat. Aber ich versteh das irgendwie, weil das kann mir auch passieren. (lächelt)

Überrascht dich der Erfolg dieses Songs eigentlich?

Ich glaube man hört es deswegen so oft und gern, weil es nichts wirklich Neues ist. Es ist sicher nicht mein bestes Lied und sicher auch nicht mein originellstes. Außer, dass ich einmal „Bitch“ singe und ein bisschen HipHop reinbringe ist da ja nicht viel. Aber die Leute wollen wohl an irgendwas zurückerinnert werden.

Du erinnerst das Publikum sprachlich und vor allem in der Art des Singens auch an André Heller. Wie nah bist du ihm?

Ich mag seine Sachen sehr gerne und hab ein Live Album aus den 70er Jahren von ihm. Das ist beeindruckend und unglaublich gut, wenn man es hört. Als André Heller vor einigen Wochen im besetzten Audimax war, habe ich mich kurz vorgestellt und ihm zwei CDs von mir geschenkt.

Was hat Heller gesagt?

Nicht viel. Er hat sich leise bedankt. Eine Flasche Wein wollte er keine trinken. (lächelt)

Du scheinst dich im Referenz-Universum, in dem du dich bewegst, ja recht wohl zu fühlen?

Ja, schon, es ist O.K, aber ich lache halt eher drüber…

Lachen über – weil du ihn vorhin genannt hast – Daniel Johnston, fällt dir das leicht?

Magst du Daniel Johnston?

Ja, aber mehr als fünf Songs am Stück halt ich nicht durch…

Ich habe ihn ja nur entdeckt, weil mir mal jemand gesagt hat, ich wäre so ähnlich wie er. Dann habe ich mir ein paar Sachen von ihm angehört und mir ein paar Ausschnitte von „The Devil and Daniel Johnston“, die Doku über sein Leben, angeschaut. Teilweise ist die Feststellung schon richtig. Aber er ist halt auch nicht ganz dicht. Er spielt übrigens heuer in Triest und ich werde hinfahren. Auch weil ich diese Stadt so mag.

Die ja Wien nicht unähnlich ist. Deine Verbundenheit zu Wien zeigst du ja schon mit der Wahl deines Künstlernamens. Oder ist es ein kleiner Seitenhieb auf die Band „Heinz aus Wien“?

Nein das war Zufall. Ich hab mir eigentlich gar nichts dabei gedacht. Früher habe ich auf „myspace“ Ninos House Band geheißen, da hätte man auch sagen können es kommt von Hermes House Band. Aber im Grunde ist das alles bedeutungslos.

Du hast ja 2009 auch beim Protestsongcontest im mitgemacht und dabei deine Abneigung gegenüber Spinat Kund getan. Hast du aus der Veranstaltung was für dich mitnehmen können?

Naja, ich habe meinen Bassisten dort kennen gelernt. Aber sonst? Die Lieder, die es dort zu hören gab, waren eigentlich nicht so gut, finde ich. Meins übrigens auch nicht, aber es war immerhin mehr Protestsong als andere Dinge, die es an dem Abend zu hören gab – es war nämlich eindeutig gegen Spinat. Vielleicht war das aber auch das Problem. Da hätte ich die Chance, mich für Schwächere einzusetzen, jemandem meine Stimme zu leihen,

und singe am Ende nur gegen Spinat. Deswegen bin ich auch nicht sonderlich glücklich, wenn jemand sagt ich mache Folk, nur weil ich eine Gitarre umgehängt habe und Texte vortrage. Denn Folk – so wie ihn etwa Woody Guthrie verstand und prägte – transportiert immer auch ein Sich-stark-Machen für den anderen mit. Und wenn ich mir anschaue wie sich Phil Ochs in den Folk und die Protestbewegung reingesteigert hat und sich am Ende dann umgebracht hat, will ich das gar nicht so ernst nehmen. (schmunzelt) Meine Liebe ist halt der Käse und nicht der Spinat.

Was ist deine Lieblingskäsesorte?

Ich mag steirischen Bergkäse und Gorgonzola. Außerdem hab ich mal eine Schweiz-Tour gemacht und in jedem Dorf, in dem ich war, ein Cordon Bleu gegessen. Die haben verdammt guten Käse in der Schweiz! Besseren als in Österreich.

Wie viel Wert legst du eigentlich auf Absurditäten und Nonsens in deinen Texten?

Das ist mir schon sehr wichtig. Gut 30 Prozent meiner Arbeit würde ich als Nonsens bezeichnen. Meines Erachtens kann man sich übrigens eine Nonsens-Strophe pro Lied erlauben. Das muss drinnen sein und macht ein eigentlich sinnvolles Lied auch nicht kaputt. Im Gegenteil. Drum finde ich es auch schön, dass der Titel meines zweiten Albums „Down in Albern“ mehrdeutig ist. Albern, als Stadtteil von Wien, aber auch albern als Synonym für absurdes, närrisches Ausgelassensein.

Welche Künstler, welche Musiker und Autoren beeinflussen und inspirieren dich in dieser Hinsicht?

Ich lese James Joyce. Immer und immer wieder. Und Edward Lear und seine sehr lustigen Nonsens-Limmericks. Wobei, dieses Buch habe ich verborgt und krieg es wohl nie wieder.

Hast du schon vorher geahnt, dass du das Buch nie wieder siehst?

Ja, irgendwie schon, weil die Person, der ich es geborgt habe viel unterwegs ist. Sie ist viel berühmter, viel erfolgreicher als ich und ich werde sie wohl auch nie wieder sehen. Aber ich respecte sie, auch wenn mein Buch für immer weg ist.

Hhm, wer kann das sein?

(Lacht) Keine Namen. Keine Namen…

Wie lange brauchst du eigentlich, um zu texten und zu komponieren?

Das ist ganz verschieden. Manches wie „Du Oasch“ ist blitzschnell fertig. Ziemlich am längsten habe ich bislang für „Es geht immer ums Vollenden“ gebraucht. Das habe ich zu Silvester begonnen und die ganze Nacht geschrieben. Endgültig fertig war der Text dann aber erst Anfang Februar, als mich ein Freund mit den Worten „Komm zur Superbowl-Party, genau darum geht’s“ zu einem Fest locken wollte. Da habe ich mir dann gedacht: „Jawohl, darum geht’s!“ und hatte endlich die letzte Zeile des Songs. „Es geht immer ums Vollenden und den Superbowl“.

Und das Match, hast du es dann gesehen? Das müsste ja das legendäre Finale 2008 gewesen sein. Oder bist du eher kein Partytiger oder Partyozelot, das Vollendungen feiert?

Nein, ich hab’s nicht gesehen. Ich hasse Partys wirklich! Wenn ich dann eine Party feiere, nimmt nämlich alles meistens ein böses Ende. (Hält sein Handy her) Schau, ganz neu, mein Altes hatte ich sechs Jahre, ging einwandfrei, habe ich aber nun endgültig verloren, nach einer Feier. Ich kann nicht umgehen mit Partys, leider. Entweder keine, oder bitteres Ende. Aber manchmal lässt es sich halt nicht vermeiden.

Dein Ventil ist also mehr die Musik?

Ja, da kann ich nämlich alles sein. Lustig, traurig, wild. Das Spiel mit verschiedenen Ebenen, Gemütszuständen und Persönlichkeiten reizt mich. Obwohl, ich behandle eigentlich schon Themen, die jeder hat. Beziehungsdramen wie „Du Oasch“ gibt es ja tausend Mal. Allerdings hab’ ich mit „Subway to Kagran“ das wohl einzige Lied über die Verlängerung der Wiener U1 gemacht (lächelt).

Und alles was als „Der Nino aus Wien“ nicht wirklich geht, verpackst du dann in dein zweites Alter Ego „The Euphoric Flenson“, einen 23jährigen arbeitslosen Studenten aus Belgrad, der mit verzerrter Stimme, dafür aber ungefiltert, seinen Weltekel und Hass rauslässt…

Ja, aber das ist schon nicht mehr lustig und traurig, sonder eigentlich die pure Resignation. „The Euphoric Flenson“ ist sozusagen mein böses, mein wirklich verzweifeltes Ich. Und – das freut mich – er ist jetzt endlich mit der Nummer „Weil ich kein Star bin“ auf FM4 gespielt worden. Da beschimpft er Problembär Records, weil sie ihn nicht gesignt haben. Ich finde Flenson ja eigentlich fast besser als Nino. Er hat nämlich schon vier Alben, allerdings immer nur mit vier Tracks und auch noch keines veröffentlicht (lacht). Ich behalte ihn jedenfalls im Auge, ich glaube er wird was. Der sollte mal interviewt werden, das könnte arg werden.

Gerne, aber heute nicht mehr, danke fürs Gespräch.

Termine:

25. Februar

Filmgalerie in Krems

www.kinoimkesselhaus.at

23. März

Chelsea in Wien

www.chelsea.co.at6.-9. Mai

Popfest in Wien (Seebühne im Resselpark/Karlsplatz)

karlsplatz.org

Down in Albern“ und „The Ocelot Show“ sind bei Problembär Records erschienen und via Ampster im Stream erhältlich.

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