Um ein bisschen Kunst zu machen braucht man eigentlich nicht viel – einen Bleistift und einen Zettel, oder einen orangenen Gurt und eine Hausmauer. Wie das zusammenpasst kann man sich bei Drawing Now in der Albertina ansehen.
Dass sich die Albertina mit der Zeichnung beschäftigt, sollte keine Überraschung sein. Immerhin soll sie genau das sammeln. Dürer und so. Jenseits des Hasen war Dürer einer, der auch mit wenigen Linien viel zu sagen hatte, genauso wie Gustav Klimt, nach Abzug von multiplem Einsatz von Gold und Glitzer.
Damals, 1976 im New Yorker Moma wusste man das auch schon und kuratierte die erste Drawing Now Ausstellung – eine illustre Versammlung internationaler Superheros der Kunstwelt, unter denen es sich Jasper Johns, Robert Rauschenberg und Roy Lichtentstein gemütlich gemacht haben um mit ihren ambitionierten Strichmännchen zu überzeugen. Bezeichnenderweise teilweise direkt an die Wände des Moma gekritzelt – Kunst im Hier und Jetzt eben.
In der Wiener Albertina, gibt es jetzt eine nicht weniger ambitionierte Neuauflage, unter der kuratorischen Obhut von Elsy Lahner. Aus 36 verschiedenen Blickwinkeln eröffnet sich eine Zeichenwelt, mitunter sogar jenseits des Zeichenblattes. Nikolaus Gansterer führt die Ausstellungsbesucher als Zeichenguru in sein performatives Zeichen-Labor und Rainer Prohaska dehnt die Zeichenfläche bis nach außen aus – verwickelt die Albertina in einen neuen Zeichen-Diskurs, indem er sie mit einem orangenen Plastikgurt umwickelt.
Eine Lösung gibt es auch für diejenigen, die das alles nicht so recht bewegt, weil sich einfach zu wenig bewegt – denn wie in jedem Mickey Mouse Heft gibt es auch zur Drawing Now ein kleines Extra – 2 Tage gezeichnet animiertes und ambitioniert gezeichnetes bei Animation Now am 29. Juli in der Albertina, das in Kooperation mit dem Tricky Women Animation Festival stattfindet.
Wir haben Elsy Lahner ein paar Fragen zu Drawing Now gestellt.
Die „Drawing Now: 2015“ schließt an eine Austellung im Moma 1976 an, sowie auch an eine Kooperation mit dem Moma im Jahr 1977. Wie habt ihr das umgesetzt?
Mit „Drawing Now: 2015“ schließen wir, was den Titel betrifft, an die Ausstellung an, die 1977 in Kooperation mit dem Moma auch in der Albertina zu sehen war. Ausgestellt wurde zeitgenössische Zeichnung auch davor und natürlich auch danach. In den verschiedensten Einzelausstellungen – William Kentridge, Robert Longo oder in letzter Zeit Sonja Gangl, Arnulf Rainer, Sturtevant – in thematischen Ausstellungen und auch in unserer Schausammlung Albertina Contemporary.
Uns war jedoch wichtig, mit dieser Ausstellung erneut eine Art Bestandsaufname zu Zeichnung heute zu machen. Wer sind die wesentlichen Protagonisten, die Zeichnung heute prägen, bei denen die Zeichnung in ihrem Hauptwerk einen wesentlichen Aspekt einnimmt? Der Schwerpunkt liegt hier auch auf einer jüngeren Generation, den Geburtsjahrgängen der 1960er- und 1970er-Jahre
Worin sehen Sie die Bedeutung der Zeichnung im Jahr 2015 – in welche unterschiedlichen Richtungen hat sie sich entwickelt?
Zeichnung ist heute viel selbstverständlicher in Ausstellungen oder auch auf Messen präsent. Gleichrangig mit anderen Kunstgattungen. Die Grenzen zu anderen Gattungen, wie der Skulptur, der Videokunst, der Malerei oder auch zur Streetart sind auch heute viel fließender. Die Künstlerinnen und Künstler arbeiten oft genau an diesen Schnittstellen. Das wird auch bei uns in der Ausstellung sichtbar.
Und Zeichnung wird immer mehr zu einer Methode, einer Herangehensweise, die von den Künstlerinnen und Künstlern aufgrund ihrer Eigenschaften herangezogen wird, um bestimmte Themen umzusetzen oder zu verdeutlichen. Etwa die Intimität von Zeichnung oder der Aspekt der Zeit, die es benötigt, um Bildmaterial als Zeichnung und nicht etwa als Fotografie wiederzugeben.
Wie lange und aufwendig war die Planungsphase?
Das lässt sich immer schwer sagen, weil ich mich an sich intensiv mit zeitgenössischer Zeichnung beschäftige. Aber ich würde sagen, konkret hat die Planungsphase etwa eineinhalb Jahre davor begonnen. Bei 36 Positionen, rund 50 Leihgebern, und einem Katalog, für den 30 Autorinnen und Autoren eigens Texte zu den einzelnen Positionen verfasst haben, braucht es ungefähr diese Vorbereitungszeit.