Geschichten aus der Wienerstadt

Vor zwei Jahren gestartet, ist Vintage Vienna heute eine der erfolgreichsten nichtkommerziellen Facebook-Seiten Österreichs. Dabei muss der Blick in die Vergangenheit Wiens nicht nur nostalgisch sein.

Erst online, dann als Buch

Nach dem großen Erfolg im Netz erhielten die beiden Initiatoren viele Kooperationsangebote, um den anfänglichen Hype schnell kommerziell zu nutzen. Bisher lehnten sie alles ab – bis auf ein Buchprojekt mit dem Metroverlag. Dort erschien im Juli 2013 der erste Bildband namens »Die Bilder unserer Kindheit«. Auf rund 160 Seiten zeigen sie die Highlights aus dem nach wie vor wachsenden Fotoarchiv. Martinek: »Nach einigen Überlegungen haben wir uns entgegen der ursprünglichen Entscheidung dazu durchgerungen, das Buch zu machen. Der Wunsch kam vor allem von Social Media-Verweigerern, die aber Interesse an Vintage Vienna hatten. Wir sind damit den heutzutage sehr untypischen bzw. umgekehrten Weg gegangen, nämlich vom Internet hin zum Buch.« Mittlerweile liegt das erste Buch in der zehnten Auflage bei rund 8.000 verkauften Stück. »Vintage Alps«, dasselbe Prinzip nur auf ganz Österreich ausgeweitet, erschien im März 2014. Für Herbst ist das dritte Buch geplant, das sich mit dem Titel »Sensationen des Alltags« wieder Wien widmet.

Um die ausgewählten Bilder für das Buch verwenden zu können, wurden die Nutzer mit einem Formular um ihr Einverständnis ersucht und erhalten dafür ein Exemplar des Buches. Rechtlich gesehen ist das, wie auch Facebook bzw. Tumblr, natürlich einen Graubereich. Die Macher reichen die heiße Kartoffel an die Poster und Einsender von Fotos weiter.

Der etwas schrillere Weg: Vintage Los Angeles

Vintage Vienna ist dabei zwar nicht ganz, aber doch überraschend allein. Ist der Blick in die Vergangenheit, so wie der Tod, etwa gar ein Wiener? Nun, ähnliche Plattformen gibt es für Los Angeles, Philadelphia oder Toronto, einen Tumblr für Detroit. In L.A. wird ebenfalls die Entwicklung der Stadt dokumentiert, unterscheidet sich aber deutlich von dem Projekt in Wien. Die Seite wird von Alison Martino, einer Fernseh-Moderatorin, betrieben. Sie hat verschiedene TV-Shows rund um Hollywood produziert, naturgemäß mit vielen Promis und damit verbundenen Skandalen. Dadurch verknüpft Martino meistens Promis mit (historischen) Gebäuden. Daraus ergeben sich natürlich schrillere Geschichten im Vergleich zu Vintage Vienna, wo eher die Bilder selbst die Geschichte erzählen und die Texte nüchterner sind. Martinek und Horvath geben bei den geposteten Fotos immer an, von wem das Bild stammt, Martino verwendet schwerpunktmäßig professionelles Fotomaterial oder Bilder, die sie auf Google findet. Die Hollywood-Reporterin hat ihre Seite zudem eindeutig kommerziell ausgerichtet, von T-Shirts über eine VLA-Tour bis hin zur eigenen TV-Show. Martinek und Horvath jedenfalls wollen Vintage Vienna nicht zu groß werden lassen, so der Tenor. Das ist ihnen bisher allerdings nicht so richtig gelungen.

Vintage Vienna wird Ende Juli zwei Jahre alt. Bisher sind im Metroverlag zwei Bände mit historischen Aufnahmen erschienen, »Vintage Vienna« und »Vintage Alps«.

Bild(er) © Franz Dokulil Gerhard Walter Privatarchiv Ingrid Kollmer Privatarchiv Philipp Schneider Walter Gmeinder
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