Österreichische EU-Ratspräsidentschaft und das Urheberrecht – Behind the Scenes?

Eine Glosse zum Thema Urheberrecht von Dr. jur. Werner Müller vom Fachverband Film- und Musikwirtschaft der Wirtschaftskammer Österreich.

© Dr. jur. Werner Müller, Wirtschaftskammer Österreich, Fachverband Film- und Musikwirtschaft

Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft geht in die Halbzeit und – wie man hört – das EU-Urheberrechtspaket in die entscheidende Schlussphase des sogenannten Trilogs – eines Verhandlungsprozesses, in dem die Positionen des Kommissionsvorschlags mit den Beschlüssen des Parlaments und des Rats verhandelt werden.

Zu den wesentlichen Punkten dieses Pakets gibt es Beschlüsse der EU-Organe, die sich aber juristisch in manchen Details recht einschneidend unterscheiden. Wenn also aus diesem Trilog-Prozess auch keine neuen In- oder Outputs zu erwarten sind, kommt es doch auf die gescheite Mischkulanz der bestehenden Vorschläge an. Es scheint ein großes Interesse zu geben, im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft das große Paket abzuschließen oder zumindest der nächsten Präsidentschaft 2019 »schlüsselfertig« zu übergeben.

Derzeit ist keine Absicht zu beobachten, den Prozess so lange zu strecken, dass sich, nach der EU-Parlamentswahl im Frühjahr 2019, die nächste Kommission und das neue Parlament mit diesem Paket befassen sollen. Das wäre auch keine begrüßenswerte Taktik, steht doch hinter diesem Paket ein mehrjähriger Behandlungsprozess. Nicht alle Ergebnisse sind bislang befriedigend. So wurde zwar die Value-Gap-Bestimmung, die Lizenzierungspflichten für die »YouTubes dieser Welt« (Online-Sharing-Services) vorsehen, vom EU-Parlament am 12. September beschlossen, die Detailvorschriften sind aber noch in Diskussion und geben durchaus Anlass zur Sorge. Will man urheberrechtliche Verpflichtungen wirklich von der Größe des jeweiligen Online-Sharing-Services abhängig machen (Ausnahmebestimmung für kleine Unternehmen)? Will man das bestehende und an sich bewährte Content-ID-Verfahren von YouTube vielleicht gar infrage stellen und den Rechteinhaber selbst zwingen, das Internet nach Rechtsverletzungen zu durchsuchen. Das wäre wohl das Gegenteil der geplanten Rechtssicherheit für die Urheber.

Auch das Urhebervertragsrecht wird vor allem die Filmwirtschaft und ihre Kreativen noch weiter beschäftigen, machen sich doch in dieser Branche die Änderungen am ehesten bemerkbar. Natürlich stehen wir für faire, angemessene und transparente Vergütung der Urheber ein – die Filmproduktionswirtschaft selbst leidet ja gelegentlich unter mangelnder Transparenz ihrer Vertragspartner.

Ein Administrations-GAU à la DSGVO nützt aber weder der Filmproduktion noch den Urhebern noch der Entwicklung und Herstellung von Film-Content in Europa und der kulturellen Diversität. Hier gilt es, die angemessenen Ziele mit Augenmaß zu verfolgen und sich auch daran zu erinnern, dass es zwischen allen Beteiligten der Wirtschaft sowie Urhebern und Interpreten eine Vielzahl von geschäftlichen Transaktionen gibt, bei welchen es keine über das ursprünglich vereinbarte Entgelt hinausgehenden Verwertungseinnahmen gibt und bei denen daher obligatorische Transparenzbestimmungen oder gar Widerrufsbestimmungen nichts gebären außer Bürokratiemonster.

Über das Ursprungslandprinzip in der SAT/CAB-Verordnung (ein Teil des EU-Urheberrechtspakets) wurde wiederholt berichtet. Warum gerade ein im internationalen Umfeld relativ kleiner öffentlich-rechtlicher Sender wie der ORF dieses Prinzip befürwortet, bringt es ihm doch auch Probleme in der Exklusivität seiner fernsehnahen Online-Dienstleistungen, habe ich allerdings nie verstanden. Und ein Ergebnis, dass ein erfolgreiches Koproduktionsmodell zwischen Fernsehproduzenten und Sendern gefährdet, wäre ein Widerspruch zu einer jahrelangen Doktrin auch innerhalb der EU – nämlich, dass die unabhängige Produktionswirtschaft, der beste Garant für innovative und kostengünstige Entwicklung, Herstellung und Verwertung von Produktionen ist. Wenn die in Diskussion befindlichen Interpretationen über die Reichweite des Ursprungslandsprinzip diesen Effekt hätte, wäre das hochgradig kontraproduktiv.

Österreich versteht sich im Rahmen seiner Präsidentschaft als Mediator und nicht als Opinionleader. Trotzdem wäre es wünschenswert, dass auch die Stimme der österreichischen Produktionswirtschaft in diesem Prozess entsprechend Gehör findet. Letztlich ist es die europäische Content-Wirtschaft, die unter fehlgeleiteten Bestimmungen noch viele Jahre leiden würde, wenn die Verkehrszeichen in die falsche Richtung zeigen.

www.filmandmusicaustria.at

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