Stephen Hawking hat ein Buch geschrieben und erklärt: Die Universen kommen aus dem Nichts. Niko Alm ließ sich das von Professor Heinz Oberhummer genauer erklären.
"Die kurze Geschichte der Zeit" ist bei weitem nicht kurz genug, als dass sie nicht durch einen schmalen Band längentechnisch vom Autor selbst locker unterboten werden könnte. Aber die Tatsache, dass Stephen Hawking überhaupt noch ein Buch schreiben kann, entschädigt sowieso für jede potenzielle Unzulänglichkeit. Dass sowohl Quellen- als auch Literaturangaben fehlen, muss also konsequenterweise Co-Autor Leonard Mlodinow angelastet werden.
Das Buch in einem Superstring zusammengefasst: HawkingerklärteinmalmehrdasUniversumunddekretiert
dieM-TheoryzumAKandidatenderTheorievonAllem.
Konsequenz: Es gibt Multiversen und Gott ist in jeder Hinsicht unnötig, weil er weder für Entstehung noch Betrieb von dem Ganzen notwendig ist.
Die Atheisten haben somit – nun auch offiziell – einen Physiker mehr in ihren Reihen. Heinz Oberhummer (Univ. Prof. für Theoretische Physik, Science Buster, Präsident der Konfessionsfreien, u.v.m.) war so freundlich mir ein paar Dinge aus "The Grand Design" näher zu erklären.
Vorweg, eine kurze Erläuterung des Unterschiedes zwischen GUT und TOE:
GUT und TOE sind nicht dasselbe. Die Grand Unified Theory (GUT) vereinigt nur den Elektromagnetismus, sowie die starke und schwache Kernwechselwirkung, die Gravitation bleibt außen vor. Die TOE ist jedoch die Theorie, die alle vier Theorien als Sonderfälle enthält Elektromagnetismus, starke und schwache Kernwechselwirkung, Gravitation. TOE ist also die Übertheorie der GUT und beinhaltet als Sonderfälle die anderen vier Theorien. Man kann auch sagen, dass die TOE die Quantentheorie (Theorie des Mikrokosmos) mit der Relativtätstheorie (Theorie des Makrokosmos) zu vereinigen versucht. Diese Theorie nennt man Quantengravitation. Dazu gibt es mehrere Ansätze: Stringtheorie, Schleifenquantengravitation, Supergravitation, … Die allgemeinste Theorie, welche alle diese Theorien als Sonderfälle beinhalten soll, ist die von Hawking angesprochene M-Theorie. Man kann sie daher durchaus auch als TOE bezeichnen.
Ist die M-Theory jetzt die lange gesuchte Theorie von Allem (TOE: Theory of Everything)?
Die Theorie von Allem ist die Theorie, in welcher die Naturgesetze und physikalischen Grundgrößen in unserem Universum heraus kommen sollten. Noch vor einem Jahrzehnt sind die besten theoretischen Physiker ausgezogen, um in der Stringtheorie oder Supergravitation diese endgültige Theorie zu finden. Als ich bei Stephen Hawking an der Univ. Cambridge im Jahre 2001 war, ist er noch der Überzeugung gewesen, dass man bald eine Theorie für Alles mit eindeutigen physikalischen Grundgesetzen und Grundgrößen finden könnte. Ich war damals aber schon damals der Meinung, dass dies nicht möglich sein würde, sondern dass es vielmehr ein Multiversum bestehend aus einer riesigen Anzahl von verschiedenen Universen mit unterschiedlichen physikalischen Gesetzen und Grundgrößen gibt. Nunmehr hat sich auch Hawking in seinem aktuellen Buch "Der große Entwurf" der Idee eines Multiversums angeschlossen
Sind unsere Naturgesetze und Grundgrößen in der uns bekannten Form die einzig denkbaren?
In der jetzt auch von Hawking favorisierten M-Theorie ergeben sich 10500 (also eine Eins mit 500 Nullen dahinter) verschiedene Universen. Jedes dieser anderen Universen hat andere physikalische Naturgesetze und Grundgrößen, die auf ein gänzlich von unserem unterschiedliches Universum führen.
Stephen Hawking meint, dass aus der M-Theory heraus die Entstehung von Multiversen quasi aus dem Nichts erklärt werden kann. Was versteht man darunter?
Es ist tatsächlich so, dass auf Grund der Quantenschwankungen Universen aus dem Nichts entstehen können. Man kann sich die Entstehung dieser Universen wie die Bildung von Dampfblasen im kochenden Wasser vorstellen. Nur dass die Universen einfach aus dem Nichts kommen.
In Bezug auf eine der fundamentalen Fragen "Warum gibt es etwas und nicht nichts?" meint Hawking lapidar: "Es ist nicht nötig, Gott als den ersten Beweger zu bemühen, der das Licht entzündet hat und das Universum in Gang gesetzt hat."
Wenn die Universen aus dem Nichts entstanden sind, braucht man natürlich keinen Schöpfer oder ersten Beweger mehr. Ganz abgesehen, dass man sich dann unendlich oft fragen müsste, wer war der Schöpfer des Schöpfers des Universums, usw. Die Frage des Schöpfers des Universums hat auch schon deswegen keinen Sinn, weil die Zeit genau so wie der Raum erst mit dem Universum selbst entstanden ist. Wenn es aber gar keine Zeit gibt, ist auch die Frage "Was war vorher?" einfach sinnlos.
Wenn wir in einem Multiversum leben, wo jedes Universum sein eigenes Set an Naturgesetzen hat, dann sollte es uns ja nicht wundern, dass die Feinabstimmung der Massen von Teilchen und Grundkräfte in unserem Leben ermöglicht. Wie genau ist diese Abstimmung?
Als wir als prominentes Beispiel der Feinabstimmung die Entstehung von Kohlenstoff – den wichtigsten Baustein des Lebens – berechneten, war ich überrascht, wie genau in unserem Universum die Zahlenwerte der physikalischen Grundgrößen auf die Existenz von Leben bis auf Bruchteile von Prozent abgestimmt sind. Übrigens werden im neuen Buch von Stephen Hawking unsere wissenschaftlichen Ergebnisse und Erkenntnisse zur Entstehung des Kohlenstoffs in Sternen ausführlich beschrieben.
Christoph Schönborn hingegen meint, die "Hypothese eines Multiversums sei erfunden worden, um die erdrückenden Beweise moderner Wissenschaft für Sinn und Design (im Universum, Anm.) zu umgehen". Will uns die Wissenschaft tatsächlich auf eine falsche Fährte locken?
Kardinal Christoph Schönborn hat da Einiges nicht verstanden. Erstens ist das Konzept des Multiversums nicht eingeführt worden, um die Feinabstimmung der physikalischen Gesetze und Grundgrößen für die Existenz von Leben im Universum zu beschreiben. Vielmehr wurde das Multiversum aus einem ganz anderen Grund eingeführt, nämlich um die Entstehung, Struktur und Aufbau unseres Universums zu erklären. Zweitens und wichtiger, sind heute zum Unterschied von vor zehn Jahren eine große Zahl der Kosmologen der Ansicht, dass es ein Multiversum bestehend aus vielen Universen gibt. Dass dies konservativen Theologen gegen den Strich geht ist zwar verständlich, ändert aber nichts an dieser Erkenntnis.
Wenn das Universum also keinen Schöpfer braucht bleiben nach Hawking noch eine Frage. Kann man bei den Naturgesetzen Ausnahmen machen?
Wunder sind Ereignisse, die den uns bekannten Naturgesetzen widersprechen. Die Verletzung dieser Naturgesetze wurde noch niemals irgendwie wissenschaftlich festgestellt. Menschen haben sich alles mögliche ausgedacht, gute und böse Götter, Engel und Teufel, Einhörner und Zentauren, aber ein nur minimaler Teil von dem was wir uns in unseren Gehirnen ausmalen, ist tatsächlich in Wirklichkeit realisiert. Man kann höchstens daran glauben, aber Glauben ist sicherlich kein Konzept der Naturwissenschaften.