Blizzard stellt mit "Diablo III" erneut die Genre-Referenz: Die atemlose Jagd nach neuen Waffen und noch mehr Erfahrungspunkten geht in die nächste Runde.
"Diablo III" erzeugt ihn wieder: den perfekten Spielfluss. Das nächste Erfolgserlebnis ist stets nur ein paar Schwertstreiche oder einen Feuerzauber weit entfernt. Dann fällt der mächtige Gegner, werden wertvolle Artefakte gefunden, das nächste Level erreicht. Nur noch einen Stufenaufstieg, bevor für heute Schluss ist! Ein Vorhaben, das sich nur schwer umsetzen lässt: Die Entwickler haben erneut an der Suchtspirale gedreht, sie im Vergleich zu den ebenfalls hervorragenden Vorgängern noch weiter optimiert. Gold und Heilung (in Form von Heilkugeln, die Gegner fallen lassen) gibt’s nun ganz nebenbei, nämlich durch bequemes Drüberlaufen. Für die Balance-brechenden Heiltränke wurde eine saftige Abkühlphase eingebaut – ein kleiner Kniff mit großer Wirkung. Und dass sich letztlich die Kämpfe so unfassbar gut anfühlen, liegt nicht zuletzt an der befriedigenden Trefferrückmeldung: Jede noch so kleinen Attacken macht ordentlich Wumms, Gegner taumeln zurück, auch die Umgebung nimmt Schaden. Kein anderes Hack’n’Slay erzeugt diesen perfekten Spielfluss, das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein und weiter, immer weiter nach besserer Ausrüstung und Fertigkeit zu gieren.
Strudel der Perfektion
Blizzard Veröffentlicht nur weniger Spiele, und davon sind die meisten neue Teile bekannter Serien. Nach dem globalen Siegeszug von "World Of Warcraft" im Jahr 2004, auch das die Online-Rollenspielvariante einer bekannten Reihe, waren es seither bis auf Add-Ons überhaupt nur zwei Spiele: "Starcraft II" im Jahr 2010 und eben "Diablo III". Beide Titel waren jahrelang in Entwicklung und schon vor drei Jahren stellten sich Fans auf Messen stundenlang an, um einen frühen Blick auf die Spiele zu erhaschen. Und die Hardcore-Spieler verzeihen viel. Beinahe vergessen scheinen die Foren-Diskussionen leidenschaftlicher Fanboys, die ob der kontrastreichen Farbgebung und dem leichten Comiclook des Spiels auf die Barrikaden stiegen. Dafür polarisiert nun das neue Skillsystem, das auf Fertigkeitenpunkte und Talentbäume verzichtet und vordergründig anspruchslos wirkt, in höheren Schwierigkeitsstufen. ("Nightmare", "Hell" und dem gnadenlosen "Inferno") aber zum Segen wird. Spielflow, dieser seltsame Zustand zwischen Anspannung und Entspannen, der einen so richtig im Spiel versinken lässt, ist gemeinsam mit dem hohen Suchtpotential noch ein kleines Ziel zu erreichen, jene Eigenschaften, in denen Blizzard absolute Meister sind. Erreicht wird dies in der überdurchschnittlich langen Entwicklungszeit durch ein hohes Augenmerk auf Perfektion und Balancing. Man könnte das Ergebnis zurecht als glatt oder steril bezeichnen, als Labor-Entwicklung, deren einzige Leidenschaft in der Fehlerlosigkeit liegt. Aber nur so lange, bis man selbst spielt, sich in den Bann ziehen lässt und bei aller Abneigung gegenüber steriler Perfektion deren Anziehungskraft doch nicht auskommt.
Das führt auch dazu, dass die Spieler trotz der Aufregung in Foren und auf Plattformen die für lange Vorbereitung eigentlich überraschenden Server-Probleme der ersten Tage bereitwillig verzeihen. Denn was jahrelang eine Selbstverständlichkeit war, ist in "Diablo III" tabu: Offline-Gaming. Spieler müssen auch dann ständig mit dem Internet verbunden sein, wenn sie das Abenteuer alleine erleben. Kooperatives Onlinegaming sei eben eine spielerische Säule, argumentieren die erfolgsverwöhnten Entwickler. Dass ein alternatives Auktionshaus, wo reale Währung ins Spiel kommt, ebenfalls die umstrittene Entscheidung beeinflusst hat, ist naheliegend. Schließlich will Blizzard nicht auf die Cash-Cow Micropayments verzichten: Mit 3,5 Mio verkauften Kopien innerhalb von 24 Stunden und 6,3 Mio nach einer Woche ist "Diablo III" vielleicht der erfolgreichste PC-Spiel-Start überhaupt. WIllkommen im Flow!
"Diablo III" (Blizzard Entertainment) ist für PC und Mac erschienen.