Halbautonome Szene

Wenn Köpfe wie Stephen Hawking und Elon Musk vor künstlicher Intelligenz warnen oder Google eine Roboterfirma kauft und künstliche Intelligenz immer weiter entwickelt, kann man sich fürchten, muss aber nicht.

Roboter nehmen dir deinen billigen Job weg

Dabei stellen sich natürlich nicht nur Fragen technologischer Natur, sondern vor allem nach den Konsequenzen für unsere Arbeitswelt. Der Economist widmete sich kürzlich in einem "Special Report" diesem Thema. Das traditionell wirtschaftsliberale Magazin stellte fest, dass die erhofften Produktivitätssteigerungen durch Jobverluste aufgewogen werden könnten. Dabei gelten gerade Roboter derzeit bei vielen Ökonomen – vor allem in den USA – als einzig probates Mittel, um die Produktion von Gütern im Land zu halten oder gar aus Billiglohnländern zurückzuholen. Roboter hätten etwa in der Automobilindustrie geholfen, die Arbeiter bei schweren Tätigkeiten zu entlasten, so das Argument.

Dass schlecht qualifizierte Arbeitskräfte in Zukunft besonders gefährdet sind, ihren Job zu verlieren, davon wird aber einhellig ausgegangen. Interessant auch, dass die neue, billigere Robotergeneration bei Klein- und Mittelbetrieben (die bislang kaum Roboter eingesetzt haben) noch nicht angekommen ist. Das bekommt derzeit das US-Unternehmen Rethink Robotics zu spüren, wie der Economist berichtet. Sein humanoider Baxter-Roboter koste zwar nur 25.000 Dollar, doch die avisierte Kundschaft (Klein- und Mittelbetriebe) bleibt noch zurückhaltend.

Roboter, dein Freund und Helfer

Wie so oft erweist sich der militärische Bereich als Vorreiter. Doch es gebe auch menschenfreundlichere Bereiche, bei denen Roboter gut einsetzbar sind. Markus Vincze von der TU Wien arbeitet gemeinsam mit einem Projektteam an einem Roboter namens Hobbit, der ältere Menschen zu Hause unterstützen soll: einfache Gegenstände tragen, im Notfall Hilfe organisieren, zu Aktivitäten motivieren – all das soll das Gerät können, zugleich aber preislich leistbar sein.

Ein Roboter als Begleiter im Alter? Ist das nicht eine Horrorvorstellung? Vincze beruhigt. Kein Roboter könne etwa menschliche Pflege ersetzen, es gehe nur darum, pflegebedürftigen Menschen im Alltag eine Unterstützung zu geben, ihnen Sicherheit zu vermitteln. Mit dem richtigen Design könne es auch gelingen, dass die Userinnen und User zu Hobbit ähnlich wie zu Haustieren eine Beziehung aufbauen (siehe "Uncanny Valley").

Apropos Hobbit: Einer der faszinierendsten Faktoren des Roboter-Themas ist die Tatsache, dass Pop-Visionen und Science-Fiction aus Literatur, Film oder Computerspielen durchaus eine Rolle bei technologischen Entwicklungen spielen – und sei es nur insofern, dass sie künftige Forscher und Entwickler für das Thema interessiert haben. Das kann auch Stefan Oberpeilsteiner bestätigen, ein 28-jähriger Freelance-Software-Entwickler in Wien. Er bereitet sich derzeit wieder auf die Teilnahme an der Robot Challenge Vienna vor, einer seit 2004 stattfinden internationalen Meisterschaft für selbstgebaute, autonome Roboter.

"Dadurch dass Robotik eine klassische Querschnittsmaterie ist, hat man als Einzelperson meiner Meinung nach keine Möglichkeit, irgendetwas Signifikantes zu schaffen." Große Firmen wie Boston Dynamics (2013 von Google übernommen) werden von der Rüstungsindustrie finanziert, "dementsprechend sehen auch die Ergebnisse aus", erklärt Oberpeilsteiner. Ob man derzeit an einer Schwelle stehe, könne er nicht einschätzen, so der Roboterbauer. "Sicher sind wir vor einer Schwelle. Man sollte sich hier aber nicht von Gimmicks wie Siri und Co täuschen lassen."

Auch mal über Fails lachen

Das sind beruhigende Nachrichten für alle, denen es bei der Vorstellung, demnächst mit Robotern den Arbeitsplatz oder das Altersheim teilen zu müssen, kalt über den Rücken läuft. Apokalyptischen Visionen kann Markus Vincze von der TU Wien erwartungsgemäß nichts abgewinnen, auch wenn er selbst bei extrem humanoiden Geschöpfen wie dem Geminoiden des berühmten japanischen Robotikers Hiroshi Ishiguro selbst Unbehagen spürt. "Interessant ist der Zugang je nach Kulturkreis", so Vincze. "In Japan ist jedes Ding beseelt. In Europa gibt es seit den Griechen die Vorstellung, dass irgendein künstlicher Mensch gebaut wird, der dann ausflippt. Das ist bei uns sehr in den Köpfen drinnen."

Wer genug von bedrohlichen Androiden auf Youtube hat, kann sich ja jene Videos ansehen, die Fehlleistungen von Robotern zeigen: Fußballspielende Roboter, die unmotiviert umfallen. Roboter, die Ketchup auf den ganzen Tisch statt neben den Hamburger spritzen. Roboter, die auf einer Treppe nach zwei Schritten kläglich umfallen … Darüber kann man herzhaft lachen. Bis die Roboter zuletzt lachen, dauert es noch ein wenig.

Die Robot Challenge Vienna findet am 11. und 12. April 2015 in der Wiener Aula der Wissenschaften statt.

www.robotchallenge.org

Bild(er) © Stalker Parking © Black Phoenix Project Scout Dogs © Black Phoenix Project Der Mercedes-Benz F 015 Luxury in Motion © Mercedes-Benz
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