Unrasierte Männer, Sonnenbrillen, Trainingsanzüge, Apfelstrudel, Bier und Schweiß. Wir befinden uns nicht im Gemeindebau, sondern auf einem Eels-Konzert.
Eels by Patrick Muennich-1
Eels by Patrick Muennich-2
Eels by Patrick Muennich-3
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Nicole Atkins by Patrick Muennich-1
Nicole Atkins by Patrick Muennich-2
Nicole Atkins by Patrick Muennich-3
Vergangenen Sonntagabend im frühlingshaften Simmering. Fünf unrasierte Männer mittleren Alters mit dunklen Sonnenbrillen in bequemen dunkelblau-weißen Trainingsanzügen und ebenso komfortabel aussehenden, passenden Sneakers erscheinen. Sie schreien lauthals herum und essen zwischendurch genüsslich ein paar Bissen Apfelstrudel. Die Luft steht und es riecht nach Bier und Schweiß. Das kann eigentlich nur den Alltag eines klassischen Gemeindebau-Innenhofs in dem Wiener Arbeiterbezirk beschreiben. Oder eben ein Eels-Konzert.
E
Tatsächlich fasst es Letzteres sogar ziemlich gut zusammen. Nein, eigentlich war da noch viel mehr. Aufgefrischte Rock-Gelübde, die ganz bestimmt den Großteil des Publikums zu Tränen rührten, ein zwei Meter großer Clown mit Céline Dion-Röhre im kessen Sängerknaben-Outfit, ein nicht enden wollendes Zugaben-Hin-und-Her und ein Regenstab-schwingender, unfassbar überschwänglicher Mark Oliver Everett – von Insidern ganz unprätentiös E genannt.
Von wegen unprätentiös – E, der (mehr oder weniger) selbsternannte Kaiser des Gasometer, der manische Guru des Alternative Rock. An dem Abend zumindest wagte dies niemand auch nur ansatzweise anzuzweifeln. Mitunter wahrscheinlich wegen der zuckersüßen Belohnungen, mit denen er seine Adidas-Jünger fütterte, wenn diese einen Song besonders fein gespielt hatten. Und ganz ehrlich, sie sind die Eels – natürlich verstehen diese ihr musikalisches Geschäft auf der Bühne.
Dementsprechend wurde bereits nach dem grandiosen Opener „Bombs Away“ das erste Leckerli vom ebenfalls Jogginganzug-tragenden „Schani“ brav und unterwürfig dargebracht. Neben dem schräg-groovigen „Kinda Fuzzy“ und der Single „New Alphabet“ wurde das aktuelle Album „Wonderful, Glorious“ auch sonst sehr konsequent durchgespielt. Ein paar wenige betagtere Perlen, wie „The Look You Give That Guy“, „My Beloved Monster“ und „Mental“ wurden aber trotzdem unter lautstarkem Publikums-Zuspruch zum Besten gegeben.
Apfelstrudel
Jede einzelne Nummer war großes Kino für Augen und Ohren und balancierte selbstbewusst und unberechenbar zwischen Genie und Wahnsinn umher. Umgerechnet in Mehlspeis-Boni ergab dies schließlich zahlreiche Stückchen Apfelstrudel.
Während den ersten Reihen vermutlich mit der Zeit das Wasser im Mund zusammenlief, wurde es auf der Bühne immer noch verrückter. E und sein Gitarrist The Chet erneuerten ihre Rock-Vows aufgrund ihres bereits zehnjährigen gemeinsamen Tour-Jubiläums unter der Aufsicht eines singenden Clowns. Nach der herzzerreißenden Kuschel-Zeremonie folgte als Kitsch-Krönung noch ein ulkiges Bette Midler-Cover.
Was für ein Zirkus! Nach der vierten Rückkehr auf die Bühne nahm der Wahnsinn nach zwei Stunden schließlich doch noch ein Ende und dem Publikum stand kollektiv der Mund offen.
Die Apfelstrudel-Verkäufe waren am nächsten Tag hoch wie nie. Wundervolle, glorreiche Eels.