Die hiesige Bergwelt ist genretauglich. Nachdem im letzten Jahr Mutanten einen Gletscher unsicher gemacht haben, verwandelt Andreas Prochaska in »Das finstere Tal« nun die Alpen zum Austragungsort eines unterkühlten Westerns.
»Es gibt Sachen, über die darf man nicht reden. Sachen, die früher passiert sind.« Schwer wiegen die Worte der jungen weiblichen Stimme aus dem Off, die uns in eine graue Winterlandschaft führt. In »Das finstere Tal«, dem neuen Film von Andreas Prochaska, verschlägt es uns mitten in die Alpen. Dass hier ein scharfer Wind weht, wird bald klar. Das raue Klima erinnert an Prochaskas »In drei Tagen bist du tot 2«. Doch diesmal ist es kein Gegenwartshorrorfilm, sondern ein Western, der sich zwischen den Gipfeln abspielt. Wir folgen der Spur eines Fremden (Sam Riley), der auf eine von der Zivilisation abgeschirmte Dorfgemeinde in den Bergen stößt. Die Gastfreundschaft der feindseligen Bewohner, angeführt vom patriarchalischen Brenner-Bauern und seinen Söhnen, kann er sich nur mit einem Sack Gold erkaufen. Greider, so nennt er sich, wolle über den Winter bleiben, um zu fotografieren. Vom ältesten der Brenner-Söhne, Hans (Tobias Moretti), wird er bei der Gaderin (Carmen Gratl) und deren Tochter Luzi (Paula Beer) einquartiert. Doch sobald der Winter einbricht, kommt es zu fatalen Vorfällen im Dorf.
Genre-Hopper Prochaska
Der österreichische Filmemacher Andreas Prochaska übt sich gerne in den verschiedensten Genres. Größere Bekanntheit erlangte er, als er 2006 mit »In drei Tagen bist du tot« den ersten österreichischen Teenie-Horrorfilm in die Kinos brachte. Kurz darauf folgte das noch wesentlich blutigere Sequel, daraufhin die Kidnapping-Komödie »Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott«. Nun hat er Thomas Willmanns Bestsellerroman »Das finstere Tal« verfilmt und damit das Genre des österreichischen Westernfilms begründet. Was sich durch all diese Filme wie ein roter Faden zieht, ist der starke Lokalbezug, der Prochaska auch in seinem neuesten Werk ein Anliegen war. »Es ist natürlich auch ein Heimatfilm«, betont er, »du hast eine Umgebung, die den Rocky Mountains um nichts nachsteht und kannst gleichzeitig lokal authentisch bleiben.« Willmann nennt den Heimatromanautor Ludwig Ganghofer sowie Sergio Leone als die beiden Schutzheiligen seines Buches. »Das kommt meinen Bedürfnissen, Genre mit starkem lokalauthentischen Bezug zu kreuzen, total entgegen.« Das bedeute aber nicht, ein verkitschtes Heile-Welt-Bild zeichnen zu müssen. »Heimatfilm heißt ja nicht gleich glückliche Kühe und jodelnde Mägde.« Die Natur sei aber ein entscheidender Faktor für die Erzählung.
Bemerkenswert ist die Besetzung des Films. Allen voran der britische Darsteller Sam Riley, bekannt aus »On The Road« oder dem Joy-Division-Biopic »Control«, der dazu beiträgt, Western-Atmosphäre in den Alpen aufkommen zu lassen. Aber auch ein starkes heimisches Ensemble, von jungen Talenten wie Thomas Schubert (»Atmen«) und Paula Beer bis hin zu Routinier und Publikumsliebling Tobias Moretti. Sogenanntes Starkino zu machen, lag Prochaska allerdings noch nie im Sinn. »Ich hab ja lange überlegt, ob ich den Moretti überhaupt besetzen soll, weil ich Bedenken hatte, dass es dann ein Moretti-Film würde.« Gespräche mit ihm sowie Probeaufnahmen haben aber gezeigt, dass kein Weg daran vorbei führe, »er war einfach die perfekte Besetzung dafür.«