Die Ausstellung "Polish Design Stories" präsentiert Polen als Land mit großer Gestaltungstradition und einem neuen Selbstverständnis. Im Rahmen der Vienna Design Week noch zu sehen bis 4. Oktober.
Polish Design Stories
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Italienisches, deutsches, französisches Design ist uns bestens vertraut. Bei den ehemaligen kommunistischen Ländern sieht die Sache schon anders aus. Dass es in der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit Weltklasse-Entwerfer gab, ist noch am ehesten bekannt, bei Slowenien fällt spontan zumindest der Name Niko Kralj, aber ungarische, rumänische oder polnische Designer stehen nur selten am Radar. Doch langsam wendet sich das Blatt. Einen kleinen Beitrag dazu leistet eine Ausstellung, die noch diese Woche in der Ankerbrot Fabrik zu sehen ist. Initiiert wurde sie von einem jungen Team von Möbelproduzenten aus Polen, die sich 366 Concept nennen.
Ein "einfacher" Sessel
Der Name ist nicht zufällig. Ihre erste Tat war es, sich die Rechte an einem Sesselentwurf zu sichern, den Joseph Chierowski (1927-2007) gestaltet hatte und der 1962 als "Model 366" auf den Markt kam. Seit 2014 wird der Easy Chair wieder produziert, und er ist ein unheimlich charmantes Kleinmöbel, das man im ersten Moment auch für einen Kinderstuhl halten könnte, aber auf dem man auch als Erwachsener extrem bequem sitzt. Das Modell wurde auch gleich zum Anlass genommen, einen ähnlichen Easy Chair neu zu gestalten (Design: Jaro Kose), als Hommage an den Altmeister. Der originale Stuhl wurde übrigens ab den 60er Jahren über eine halbe Million Mal verkauft und ist in Polen im kulturellen Gedächtnis verankert.
Billiges Produzieren
Apropos 60er Jahre: Zu dieser Zeit begann der erstarkende Möbelriese Ikea in Polen zu produzieren, nicht zuletzt deshalb, weil er Thonet-Modelle in seine Kollektion aufnehmen wollte und sich in Polen noch Fabriken fanden, in denen man die Bugholztechnik beherrschte (die eigenständige polnische Marke Fameg produziert übrigens bis heute die legendären Thonet-Entwürfe wie den Stuhl Nr. 14). Doch Ikea ist bekanntlich Billigproduzent, und damit sind wir auch schon mittendrin in der Situation, mit der die polnische Möbelproduktion zu kämpfen hat: Sie ist weltweit tätig, weil sie billig produzieren kann, doch meist tut man das im Auftrag großer internationaler Marken, nicht unter eigenem Namen und schon gar nicht mit dem Label "Polnisches Design".
Kassiker und junge Entwürfe
Zurück zur Ausstellung. Zu sehen sind auch weitere polnische Klassiker der 60er und 70er Jahre, die noch oder wieder produziert werden. Zum Beispiel das Modell A-5910 von Grabiński, einem typischen Speiseraumstuhl, wie man ihn auch in österreichischen Landgasthäusern noch hie und da antrifft. Ein weiteres Beispiel ist ein Stahldrahtstuhl aus dem Jahr 1968, eine Ikone, die aus dem öffentlichen Raum (etwa Caféterrassen) im Polen der 70er Jahre nicht wegzudenken war.
Kombiniert werden diese Legenden neben Entwürfen von polnischen Jungdesignern, die gerade dabei sind, der Möbelbranche in ihrem Land einen neuen Drive zu verpassen. Zum Beispiel der Sekretär, den Maja Ganszyniec, Paweł Jasiewicz und Krystian Kowalski für Ikea entworfen haben. Oder der preiswerte AIR Armsessel aus Stausäcken (Design: Malafor), wie man sie zur Sicherung von Ladungen in Containerschiffen verwendet. Vertreten ist auch das in Wien ansässige polnische Duo chmara.rosinke mit ihrem flexiblen Street-Food-Modul "Mobile Gastfreundschaft", das vielfach ausgezeichnet wurde. Sie haben übrigens auch für die aktuelle Wien Products-Kollektion in Zusammenarbeit mit der Favoritner Zinngießerei Chlada extrem tolle Untersetzer entworfen. Und last but not least darf bei einer solchen Ausstellung natürlich Oskar Zięta nicht fehlen, der Blech mit Luftdruck zu Objekten und Möbeln formt und u.a. mit seiner "Plopp"-Kollektion seit Jahren international für Furore sorgt.
Vor Ort bei der Eröffnung der Schau waren auch die Grafiker des Studios GraFika, die dieser Tage einen Webshop eröffnen, in dem sie Siebdrucke von polnischen Architekturikonen der Moderne verkaufen. "Print is not dead", so ihr Motto. Polnisches Design lebt ebenfalls. Und wie!
Die Ausstellung "Polish Design Stories" ist noch bis 4. Oktober auf der Vienna Design Week zu sehen.