Vergangenes Wochenende startete »Love« auf Netflix. Judd Appatow kann hier gemeinhin als Absender gesehen werden, auch wenn er nicht jede Folge geschrieben hat und noch weniger Regie führte. Wie schon spätestens bei »Trainwreck«, wo er Regie geführt hat, bleibt ein ungutes Gefühl – sein Frauenbild betreffend.
Judd Appatow war in den letzten 15 und mehr Jahren so etwas wie der Fürsprecher der Nerds, oder allgemeiner der vermeintlich Uncoolen, vielleicht sogar einer Subkultur. Sein Ausdrucksmittel waren Serien und Filme, die oberflächlich durchaus als Romantic Comedys durchgehen. Die Qualität ist dabei durchwachsen, sein durchaus eigener und willkommen anderer Zugang bot aber eine symphatische Alternative zum Mainstream der Football-Helden und Prom-Queens.
Überlang und schal
Nun erschien mit »Love« seine neue Serie – und sie ist mindestens ebenfalls durchwachsen. Zum einen geht die Grundannahme irgendwie nicht auf. Die beiden Charaktere, die hier aufeinander treffen sind nicht so grundunterschiedlich, wie uns das die Serie vormachen will. Zum anderen sind viele Szenen schlecht geschrieben und schlicht überlang. Und letztlich bleibt ein schaler Nachgeschmack die weibliche Hauptrolle betreffend.
Letztes Jahr führte Appatow Regie beim Amy Schumer-Vehikel »Trainwreck«. Einem Film, der vollkommen unverständlicher Weise letztlich das Gegenteil von dem ausdrückt, wofür Amy Schumer üblicherweise steht: Selbstbewusste Frauen mit Spaß an Sex, Lebenslust und keinerlei Scheu vor Derbheiten. Das alles trifft zwar auch auf ihre Figur im Film zu, allerdings wird es schnell als Makel dargestellt, der geändert werden muss. Und am Schluss gibt sie die Cheerleaderin, die für den Mann tanzt, damit dieser sie als Frau akzeptieren kann. Ein Schuldeingeständnis bezüglich ihres Lebenswandels. Genau: Frauen, die gerne Party machen, Alkohol trinken und Spaß an Sex haben, sollten ihr Leben bitte dringend überdenken.
In »Love« nun trifft ein ungeschickter Dork auf eine unbekümmerte Mittdreißigerin mit leichtem Hang zu Rauschmitteln. Und letztlich werden nicht nur ihr Hang zu Drogen, sondern auch der zu Drinks und Sex schnell als zu behebender Schaden portraitiert. Auch wenn unter diesen Eigenschaften nie jemand zu leiden hat außer ihr. Keine Frage, auch der von Paul Rust (der ihn auch gleich spielt) und Judd Appatow erdachte Gus hat seine Flaws. Unter denen dann auch andere leiden. Nur müssen sie irgendwie nicht verhandelt werden. Am Ende liegt es an ihr, Mickey, ihre Fehler einzugestehen und umzudenken.
Langweiliger als es sein müsste
»Love« ist grundsätzlich einfach viel langweiliger, als es sein müsste. Daran können auch die gelungene Besetzung und die Gaststars wenig ändern. Wirklich schräg ist aber die Grundannahme diese beiden Personen wären so grundsätzlich unterschiedlich und während Gus sich keine Gedanken über seine Handlungen machen muss, liegt es an ihr, Veränderungen herbeizuführen und ihr Leben zu überdenken.
»Love« ist seit 20. Februar komplett bei Netflix streambar.