Das Waves Vienna ist schon am ersten Tag voll durchgestartet und die meisten Gürtellocations waren mehr als gut gefüllt. Das Team von The Gap wird an allen drei Tagen seine Highlights präsentieren.
Kleinabaoho (bf)
Das macht dem Namen durchaus alle Ehre, was da als erster Act auf die Waves-Vienna-Bühne im Café Carina zu sehen ist. Die aus Linz stammende Singer-Songwriterin macht kleine Lieder mit oho Emotionen. Das schafft den spannenden Spagat gleichzeitig intim und ansteckend, gleichzeitig zurückgenommen und antreibend zu sein. Die Instrumentierung tut ihr übriges zu diesem Eindruck. Häufig Akustisches in der Live-Band – sogar Ukulele! – aber immer mit genug Umpf, um nie fad zu werden. Im Zentrum bleibt aber stets Kleinabaoho selbst und ihre gefühlsgeladenen Texte. Thema Nr. 1 davon ist – wie könnte es anders sein – Liebe: Liebeskummer, Neue Liebschaften, alte Lover. Aber alles eine Spur queerer als wir das aus dem Pop-Mainstream sonst so kennen. Kein Wunder, dass das anscheinend auch im Streaming recht gut läuft. Guter Einstieg ins diesjährige Waves Vienna mit einem Act, bei dem der Name stärker und stärker Understatement wird.
Automotion (do)
Tacos, Cupcakes, noisy Postrock und Lennon fuckin’ Gallagher: Das B72, die nördlichste Gürtel-Location am heurigen Waves Vienna, zeigt sich früh von seiner besten Seite. Der Brixoner Vierer Automation (mit Liams Sohn) taucht die Stage in blauen, roten und viel grauen Nebel, der sich in noch frische Lungen bohrt wie sich der langsame Sprechgesang (»You disgust me«, »You make me sick«, dies und das) abwechselnd mit melancholischem Singsang hinter viel lauteren postigen Gitarrenflächen in die Synapsen der Massen bohren, die trotz der Vielzahl an parallel spielenden Acts sehr zahlreich erschienen sind. Alle schwitzen. Heißer Sommer und schwüle Lokale vertragen sich schlecht. Auch die Übergangsjacken, die in vielen Kästen verstauben, sehnen sich nach einem späteren Datum, das Waves Vienna war ja immer eher so gegen Ende September. Immerhin sorgt der kühle Sound der Briten für leichte Erlösung, auch die Bitten der Band nach mehr Reverb auf den Ohrmuscheln werden erhört.
Gatafiera (bf)
Mit so viel Charisma auf der Bühne lässt sich viel wett machen. Was nicht heißt, dass bei Gatafiera musikalisch irgendwas wackelt. Aber aufgefallen wäre es im knallvollen Kramladen vermutlich niemandem. Die beiden betonen zwar mehrfach, dass sie den letzten Song erst auf den Weg zur Venue geschrieben hätten (»We always get booked for 45 minute slots and we only have two released songs«), aber – wie sie ebenfalls selbst sagen – sie delivern. Die Menge geht ziemlich ab und selbst das Animationsprogramm bringt sogar mich fast zum Mitmachen. Aber als Journalist muss man halt objektiv bleiben, hat mal wer behauptet. Was in dem Fall schwer ist, siehe Charisma und siehe eine ziemlich explosive Mischung aus Latin Clubsounds, multilingualen Raps und eingängigen Hooks. Also Gatafiera-Mode aktivieren und nächste Show keinesfalls verpassen!
Freak Slug (do)
Die Mancunian Freak Slug hat nicht nur einen coolen Stage- und Realnamen (Xenya Genovese, I mean …), sondern zählt auch zu den most anticipated Acts des ersten Abends, Streamingzahlen im sechs- bis siebenstelligen Bereich sind keine Seltenheit für die weißkleidige und a volte sonnenbebrillte Frontfrau ihrer vierköpfigen Kapelle. Die muss sich – typisch Showcase-Festival – ihr schneckenhaftes Publikum zuerst ein bisschen erspielen, spätestens nach dem Opener ist das Dampfbad namens B72 wieder kuschelig. Der durchaus rotzige Gesang auf melancholisch-verschlepptem Gitarrenrock eignet sich für die letzten einsamen Indieherzen, das Waves-Vienna-Publikum altert mit seinem Lieblingsfestival. Diese Herzen werden flugs erobert, am Ende klebt der Saal an Freak Slugs Lippen wie tausende Baumwoll- und Nylonfasern an verschwitzen Körperstellen.
Gardens (bf)
Das mit Abstand tighteste Set meines ersten Abends liefert Gardens ab. Da wackelt wenig, weder an der Setlist noch bei den einzelnen Songs – von den Drums mal abgesehen. Wenn das B72 am Donnerstag ein Dampfbad war, dann bog das Rhiz bei seinem letzten Act Richtung Schwimmbad ab. Macht aber nichts, denn auf Wellen zu surfen passt als Metapher eh ganz gut zum Act mit der Debütsingle »Waves«. Entgegen von der Band gezielt gestreuten Gerüchten ist das Festival zwar nicht danach benannt, trotzdem wirken Gardens auf diesem Showcase ziemlich zuhause. Genau die richtige Band zur richtigen Zeit mit dem richtigen Sound. Da kann selbst der lästige Typ aus der letzten Reihe, der nicht umhin kann lauthals dem Rest des Publikums zu »erklären«, was gerade auf der Bühne passiert wenig ändern. Erstes Album kommt übrigens Anfang November – gleich im Kalender rot anstreichen!
Kobrakasino (ln)
Davon, dass das Loft den ganzen Abend von technischen Problemen geschüttelt war, ließ sich Kobrakasino nicht aus der Ruhe bringen. Die Grazer Art-Rock Boys lieferten zu später Stunde noch einmal ab und der gut gefüllte Main Floor im Loft hatte viel Spaß am Gelieferten. Den bilderbuchigen Sound muss man ihnen nicht absprechen, aber sobald man sich des Vergleichs anmaßt, biegen sie in eine andere Richtung ab. So hatten diese 45 Minuten doch mehr Abwechslung in sich, als andere Dreiviertelstunden des Abends. Ein bisschen Pop-Hits, ein bisschen Indierock, dann noch eine 6/8-Ballade zum Abrunden. Alles ziemlich abgebrüht aber immer mit Spaß am gemeinsam auf der Bühne sein. Eine Zugabe unter dem Vorwand, dass sie einen Song vergessen hätten, gab es auch noch. Alles super, alle gehen zufrieden nach Hause. Die Messlatte für die anderen Tage hat der Donnerstag schon einmal hochgelegt.
Das Waves Vienna findet noch bis inklusive 7. September in diversen Gürtellokalen statt.