Manchmal sanft, manchmal dynamisch: In der Inszenierung »Home Parkour Reloaded« lernen selbst Tanzperformance-Unkundige, wie Emotionen und Beziehungen auch ohne Worte ausgedrückt werden können.
»Home Parkour Reloaded« erzählt die Geschichte von drei Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen, die dabei universelle Erfahrungen wie Liebe und Streit darstellen. Die Beziehung zwischen den dreien bleibt bis zum Ende unklar – sie könnten Liebende, Geschwister oder drei beste Freund*innen sein. Im Programm wird die Produktion mit einer Alterseingrenzung von zwölf bis zwanzig Jahren ausgepriesen. Dies ist einerseits klug gewählt, um ein junges Publikum anzusprechen, das für die Themen und die Darstellungsweise empfänglich ist, andererseits sollte sich aber auch niemand durch diese Angabe abschrecken lassen. Für alle Altersgruppen bietet die Inszenierung eine gelungene Mischung aus Zirkus, Pantomime und Performance – was ihren Reiz und ihre Einzigartigkeit ausmacht. Es ist erstaunlich, wie ausdrucksstark die Emotionen vermittelt werden, da die Darsteller*innen ohne Worte auskommen – naja, fast ohne Worte. In der Mitte des Stückes liest eine Performerin aus einem Brief poetisch-philosophische Zeilen über Traum und Wirklichkeit vor, während ein Kollege zuvor einen kurzen Text in einer mir unbekannten Sprache vorträgt. Warum gerade diese Worte in einem sonst stummen Stück gewählt wurden, bleibt unklar, doch sie wirken keineswegs deplatziert. Dafür ist das Stück zu gut abgeschmeckt.
Alles tanzt, selbst der Raum
Ein weiteres Highlight ist das Bühnenbild: Eine bewegliche Konstruktion, die auf vier Rollen einen Raum simuliert, wird geschickt genutzt, um verschiedene Szenarien zu kreieren. Mit minimalem Einsatz von Requisiten, darunter einem Tisch und einem Stuhl, erschaffen die Tänzer*innen eine beeindruckende Vielfalt an Spielumgebungen. Durch und um diese springen die Akteur*innen mit einer erstaunlichen Leichtigkeit, interagieren mit den Objekten und bringen so eine unentwegte Bewegung auf die Bühne – eine imposante physische Leistung. In einer Szene drehen sie die Raumkulisse so, dass eine Seite kurzzeitig verschwindet nur um während diesem kurzen Wechsel rasant neue Positionen einzunehmen, was zu bemerkenswerten und oft lustigen Bildern führt. Das Einzige, was die Anstrengung sichtbar macht, ist der Schweiß, der einem Künstler kontinuierlich über das Gesicht rinnt. Sein Schweißtuch, das dementsprechend oft im Rampenlicht steht, fungiert als humorvolles kleines grünes Element und farblicher Kontrast in der weiß-roten Szenerie.
Interessanterweise dauert die Vorstellung länger als angekündigt – statt der angegebenen 50 Minuten fast eine Stunde und zwanzig Minuten. Für Theaterneulinge könnte dies etwas lang wirken, doch die faszinierende Choreographie und das kreative Bühnenbild sorgen dafür, dass trotzdem keine Langeweile aufkommt. Quasi bewiesen wurde dies bei der Premiere durch einen tobenden Abschlussapplaus vom Publikum, das schon während der Aufführung mitfieberte, laut lachte oder staunend schwieg. Wer die Chance hat, sollte sich dieses beeindruckende Spektakel nicht entgehen lassen.
»Home Parkour Reloaded« ist noch am 28. und 29. Mai im Dschungel Wien zu sehen. Aber man muss schnell sein, da die Vorstellung am 28. schon ausverkauft ist.
Dieser Text ist im Rahmen eines Schreibstipendiums in Kooperation mit dem Dschungel Wien entstanden.