Regisseur und Produzent Jon Turteltaub hat zum virtuellen Roundtable zu sich nach Hause geladen. Und wurden wir Zeuge, wie aus einem schnöden DVD-Release eines mittelmäßigen Films ohne viel Aufwand ein kleines Spektakel mit persönlichem Touch wird.
Banges Warten auf die Online-Sitzung mit Popcorn-Filmemacher und Serien-Produzent Jon Turteltaub. Um 9:00 a.m. (Pacific Time) sollte er sich dem Fragenhagel von Presseleuten aus aller Welt stellen – ganz gemütlich von daheim aus. Nach der Zeitumrechnerei konnten auch wir uns rechtzeitig einloggen und dieses „Event“ mitverfolgen.
Aufhänger der ganzen Aktion war der DVD- und Blue-Ray-Release des Films "The Sorcerer’s Apprentice" (deutscher Titel: "Duell der Magier"). Einen erhofften Livestream gab’s nicht, sondern nur Bonusmaterial von der DVD. Zu Gunsten Turteltaubs, der hier mit dem geringst möglichen Aufwand die Werbetrommel im großen Stil rühren konnte ("Sitting in my shorts and typing on my computer feels like a typical Saturday night for me").
"The Sorcerer’s Apprentice" ist inspiriert durch das gleichnamige Segment in Disney’s Fantasia aus dem Jahr 1940. Die Info, das dieses wiederum auf Goethes „Der Zauberlehrling“ basiert, gehörte an jenem Abend mit zu Turteltaubs Aufklärungsarbeit. Hierzulande hat man, um den durchschnittlichen Kinogänger nicht zu sehr zu verängstigen, die Spuren zu den literarischen Wurzeln lieber gleich ganz unter den Tisch gekehrt und dem Film den ziemlich allgemeinen Namen "Duell der Magier" aufgedrückt. Zumindest muss sich jetzt niemand eine niveauvolle Literaturverfilmung erwarten.
Beim mehrstündigen Q&A sprach Herr Turteltaub von seiner harmonischen Zusammenarbeit mit Nicolas Cage, mit dem er zuvor ja auch schon die "National Treasure"-Filme gemacht hat. Er sprach über die Macht seines Mentors Jerry Bruckheimer ("I see him as the most successful producer in history who could have me banished if I tell him I don’t like his pants") und über die Komplexität des Charakters Mickey Mouse ("I’m still confused about Mickey Mouse. Sometimes he seems like a little boy and sometimes he owns a home, has a dog, and dates Minnie. Weird!").
Höhepunkte markierte der stellenweise aufblitzende Wahnsinn Turteltaubs, der sich in einigen Antworten widerspiegelte ("I watch bonus features when I’m in them. ME ME ME!" beziehungsweise "I love the DVD features that focus on ME! ME! ME! ME!"). Mehr als das gab er während des Roundtables über die Bonus-Features nicht Preis. Was etwas merkwürdig ist, waren sie ja das einzig Neue, das an diesem Abend präsentiert worden ist: "The Sorcerer’s Apprentice" ist mit einem Making Of und zusätzlichen Szenen ausgestattet. Standard.
Ob Turteltaub mit diesen kurzen egomanischen Anfällen nur Schwung ins etwas öde Frage-Antwort-Spiel bringen und den eigentlich nicht vorhandenen Newswert überschminken wollte oder mittlerweile doch schon ein wenig zuviel der guten Hollywood-Luft inhaliert hat, beantwortete er an jenem glamourösen Abend nicht.
Fazit dieses Roundtables:
Prinzipiell ist ein virtueller Roundtable eine gute Sache. Besonders, wenn damit die Möglichkeit gegeben wird, weite Distanzen für ein Interview zu überbrücken, welches für viele Medien anders nicht hätte stattfinden können. Die individuelle Fragestellung ist durch den verständlichen Massenandrang zwar sehr eingeschränkt – besser als gar nichts ist es aber allemal.
Den Film "The Sorcerer’s Apprentice" macht das aber nur bedingt attraktiver. Und besonders wichtig: Das Lästern über Jerry Bruckheimers Unterwäsche kann schwere Folgen haben…