Die Stadt steht im Zeichen einer zehnerförmigen Zuckerstange: Die Vienna Design Week findet zum zehnten Mal statt und bringt die ganze Bandbreite an Gestaltung nach Wien.
”Isochrone“ von mischer'traxler (© Marlene Mautner)
Langsam, langsam arbeitet das Pendel Schicht für Schicht einer langsam sich drehenden Tischplatte ab. Bis die gewünschte Vertiefung erreicht ist, ist die Design Week vorbei. Das ist erfrischende Anti-Effizienz und ein Produktionsprozess der unserer Lebensweise den Spiegel vorhält.
”fremdes vogel“ von zerunianandweisz (© Marlene Mautner)
Eine Serie an poetischen Gedecken lässt uns über in geheimnisvollen Ritualen verborgene Narrative fantasieren. Mehr dazu hier.
”PICNIC“ von Meşteshukar ButiQ (© Marlene Mautner)
Die Kooperation von traditionell arbeitenden Roma-Handwerkern mit Nadja Zerunian und Peter Weisz hat zu einer Kollektion an Gebrauchsgegenständen geführt, deren Formen und Materialien mit ihrer rohen Ursprünglichkeit berühren. Engagiert, mystisch und gleichzeitig ein PopUp Store!
”OMNIA“ von EOOS für die Porzellanmanufaktur FÜRSTENBERG (© Marlene Mautner)
Eine quasi-kultische Inszenierung für ein Produkt, das an der Spitze der Verfeinerung von Manufakturkultur steht, an der sich technologische Innovation mit selbstverständlicher Eleganz trifft. Schlichte Dekadenz.
”Friendly Enemy“ von Re-generacija (© Marlene Mautner)
Urban Scavenging und handwerkliches Recycling sind Keywords to watch out for: Das slowenische Kollektiv Re-generacija macht Papier aus Unkraut und zeigt vor wie Design Recherche und ihre Präsentation funktionieren.
”Generation: The Best of Young Czech Design“ kuratiert von Okolo (© Marlene Mautner)
Eine Ausstellungsarchitektur ausschließlich aus dem berüchtigten IKEA-Tisch namens ”LACK“ zeigt das Beste an jungem Design aus Tschechien, dem heurigen Gastland der Vienna Design Week.
”Grand 1/10“ von Glen Baghurst und Felix Lenz (© Marlene Mautner)
Designer Glen Baghurst und Klaviermachermeister Felix Lenz haben einen Technologietransfer gewagt und finden eine Balance zwischen pompösem Maximalismus und verfeinerter Materialität.
Folgt man der Überzeugung, dass gutes Design sich nicht aufdrängt, sondern leise Funktion und Ästhetik dienen soll, so braucht man eines unbedingt: eine Plattform, die diese Subtilität in den Mittelpunkt stellt. Ist man hingegen der Meinung, dass Design auch Fragen stellen darf, die weit außerhalb des Gegenstandes und seiner Verwendung liegen, freut man sich über ein Spektakel, das genau diese Freiheit feiert.
Kommerziell und experimentell
Das Schöne an der Vienna Design Week ist, dass sie beides kann. Scheinbar mühelos verbindet sich hier das Kommerzielle mit dem Experimentellen, die Gruppenschau mit der Einzelpräsentation, das Engagierte mit dem rein Ästhetischen und dem Technischen. So spannt sich der Bogen des Dargebotenen von den uralten Techniken der Roma-Handwerker zu selbst wachsenden Bio-Materialien, von TU-Studierenden mit einem selbstgebautem Webstuhl am Siebenbrunnenplatz zu weltbekannten Designern, die in der kristallinen Luxuswelt von Swarovski schwelgen, von der beseelten Sachlichkeit eines Adolf Krischanitz in der Innenstadtgalerie Mauroner zu den liebevollen Spielereien des Michal Strach in der Margaretner Tischlerei Cibulka – und irgendwie ergänzt sich das alles.
Wir haben für unsere kleine Galerie aus dem reichhaltigen Angebot ein paar Dinge herausgegriffen, auch um Lust auf den Rest zu machen. Allein der Einblick in die ehemaligen Ausstellungshallen der Möbelfabrik Bothe & Ehrmann, die als Festivalzentrale dienen, zahlt sich aus. Alle, die hingehen, richten der Design Week bitte alles Gute zum zehnten Geburtstag aus.
Auf zehn weitere Jahre und noch viel mehr!
Geheimtipp für alle, die ganz bis zum Ende lesen: Sehenswert ist auch die Gruppe an Objektstudien, die Huysmans Dekadenzroman "À rebours" illustrieren (im Spazio Pulpo, Sonnenfelsgasse 3).
Die Festivalzentrale der Vienna Design Week in der Schlossgasse 14 hat noch bis 9.10. täglich geöffnet. Nähere Informationen zum Programm entnimmt man dem Festival Guide oder der Website.