Die Sommerszene Salzburg steht dieses Jahr unter dem Motto »Come As You Are«. Angela Glechner, die künstlerische Leiterin des Festivals, im Interview.
Die Sommerszene Salzburg überspannt ein breites Spektrum von »Performance, Tanz, Theater, Bildende Kunst bis Musik«. Wie geht sich dieser Spagat aus?
Angela Glechner: Dieser Spagat ist kleiner, als er auf den ersten Blick erscheint. Denn im Wesentlichen konzentrieren wir uns auf Produktionen aus dem darstellenden Kunstbereich, also Tanz, Performance, Theater. Allerdings ergeben sich aus Gesprächen mit Künstler*innen und dem Besuch von anderen Kulturevents immer wieder interessante andere Projekte, die wir dann gerne ins Programm aufnehmen. Dieser Freiraum, den wir uns selbst nehmen, spiegelt sich längst in vielen künstlerischen Produktionsformen wider. Tanz, Musik, Video, Text, Installation usw. verbinden sich oftmals auf sehr produktive Weise bei einem Stück. Die programmatische Offenheit und Durchlässigkeit der Sommerszene erleben wir selbst als sehr erfrischend und werden sie deshalb sicher beibehalten.
Welche Position nimmt die Sommerszene im Salzburger Kulturprogramm ein?
Der Kulturkalender in Salzburg ist zwar sehr dicht, allerdings gibt es eine große Lücke im darstellenden Bereich in Hinblick auf große Gastspiele. Für uns ist es wichtig, dass zumindest einmal im Jahr einige der maßgeblichsten Choreograf*innen oder auch Theatermacher*innen hier gastieren und das internationale Tor mit ihren herausragenden Stücken weit aufstoßen. Bei der Sommerszene gastieren herausragende Künstler*innen, die von den wichtigsten Festivals wie Avignon in Frankreich, dem Kunstenfestivaldesarts in Brüssel, dem Theaterspektakel in Zürich oder den Wiener Festwochen produziert und gezeigt werden. Somit versteht sich die Sommerszene als Garant dafür, hochkarätige Bühnenkunst nach Salzburg zu bringen.
Was sind die Highlights des diesjährigen Festivals?
Olivier Dubois bringt mit »Come Out« zur Eröffnung ein hypnotisches Ballett für 21 Tänzer*innen zu einer legendären und sehr politischen Komposition von Steve Reich. Einen Extremtrip aus unablässig wirbelnden Drehbewegungen, Rockmusik, Gesang und Licht präsentiert die belgische Ausnahmekünstlerin Miet Warlop. Bruno Beltrão, gefeierter Choreograf aus Brasilien, gastiert mit seiner energiegeladenen Hip-Hop und zeitgenössische Elementen virtuos verbindenden Grupo de Rua zum ersten Mal in Salzburg. Und das Finale verspricht ein Mega-Event zu werden: Marinella Senatore inszeniert eine Parade mit mehreren Hundert Teilnehmer*innen durch die Altstadt von Salzburg.
Der Schwerpunkt dieses Jahr ist »Come As You Are«. Eine Nirvana-Referenz? Welche Rolle spielt Popkultur beim Festival?
»Come As You Are« ist der diesjährige Sommerszene-Slogan, den sich unser Grafiker, Daniel Car, in Verbindung mit dem Sujet ausgedacht hat. Ob er dabei den Song von Nirvana im Kopf hatte, weiß ich tatsächlich nicht. Meine persönliche Lesart von »Come As You Are« ist weniger eine popkulturelle Referenz, sondern vielmehr eine stimmige Einladung an das Publikum: Komm, wie du bist, sei dabei, jede*r ist bei der Sommerszene willkommen. Eine inhaltliche Schwerpunktsetzung ist damit aber nicht intendiert, die liegt bei starken choreografischen Handschriften und prägnanten performativen Stimmen.
Wie wichtig ist eine gesellschaftspolitische Haltung für ein Festival? Ist sie ein Kriterium für die Programmauswahl?
Eine gesellschaftspolitische Haltung ist für ein Festival – wie übrigens für Kunsteinrichtungen im Allgemeinen – notwendig. Die Sommerszene lädt immer wieder politisch stark positionierte Künstler*innen ein – so beispielsweise Lia Rodrigues (2022) und Bruno Beltrão (dieses Jahr) aus Brasilien, die sich mit dem Rechtsruck und sozialen Ungerechtigkeiten in ihrer Heimat auseinandersetzen, oder die polnische Regisseurin Marta Górnicka (2018), die dem traditionellen Frauenbild den Kampf ansagt.
Die Sommerszene Salzburg findet vom 12. bis 24. Juni 2023 statt.