Jetzt bin ich der Chef

Die Szene in Wien floriert. Doch neben den großen Locations wird nach wie vor in kleinen Clubs, in den Beisln und Pubs der Hauptstadt gefeiert. Doch tut sich da irgendwas? Genau da fragen wir nach. Heute bei Mary vom Polkadot.

Bei deinen Konzerten geht oftmals der sogenannte "Hut" durch das Publikum? Ist es aus deiner Sicht (kein Eintritt, kleines Lokal) gar nicht möglich, den Künstlern ein Fixum zu zahlen?

Fixgagen stellen für mich als Barbetreiber ein Risiko dar. Wenn die Band keine Leute bringt, mache ich damit ein Minus und bin dadurch auch weniger bereit Bands zu buchen, die noch keine fixe Fanbase haben. Ich möchte auch kleineren unbekannteren Musikern eine Plattform bieten, sozusagen in einem geschützteren Rahmen mit kleinerem Publikum. Das ist nur möglich, wenn es für mich keine großen Unkosten gibt. Außerdem ist die Band mehr dahinter Werbung zu machen, denn wenn sie keine Leute bringen, bekommen sie auch keine Gage. Bei freiwilliger Spende springt allerdings manchmal mehr raus oder zumindest gleich viel. Außerdem glaube ich, dass auch wenn es nur ein paar Euros sind, ein fixer Eintritt bei mir auch einige Leute abschrecken würde, die die Band vielleicht noch nicht kennen.

Auf deiner Website schreibst du "Alternative Music Bar for Students, Travelleres and Awesome People". Von innen sieht das Polkadot jedoch eigentlich sehr wienerisch aus. Versuchst du mit "Travellers Bar" auf einen Zug aufzuspringen, mit den andere Institutionen wie das Travelshack große Erfolge feierten?

Allgemein finde ich sollte sich ein Lokal nicht zu sehr einem Trend anpassen, so verliert es seine Persönlichkeit und Charme. Auf einmal stehst du da mit deiner Bubble Tea Bar und die Besucherströme sind weitergezogen. Das Lokal schaut aus, wie es aussieht, weil es ein altes Wiener Lokal ist. Die meisten Einrichtungsgegenstände sind schon etwas abgenutzt, aber gepflegt, überall ist Holz – was ich liebe – und mit vielen kleinen Details wurde das Lokal renoviert oder noch immer weiter verändert. Ich habe mir das alles ohne Bankkredit oder große Investoren finanziert, daher musste ich mit dem arbeiten, was da war und was in der kurzen Zeit bis zur Eröffnung möglich war. Ich glaube aber nicht, dass ich, wenn ich das Geld hätte, viel anders machen würde. Das würde nicht passen, nicht zu mir und zum Konzept.

Die Konzerte bei denen neben Österreichischen auch Acts aus Deutschland, Italien, Frankreich, England, USA und Kanada auftreten, tragen sicher auch zu dem "Travel" Aspekt bei. Besonders mit der Musik wollen wir uns von den mir bekannten Travel Bars in anderen Großstädten abheben und haben hohe Qualitätsansprüche an unsere internationale Bierkarte und auch an alles andere das wir ausschenken.

Machst du nur eigene Veranstaltungen oder kann jeder bei dir eine Party, ein Konzert machen? Wenn ja, wie?

Ich mach hauptsächlich eigene Veranstaltungen, aber nicht nur. Es kann jeder gerne vorbeikommen und mir seine Idee/Konzept vorstellen. Ob ich es dann auch umsetze, ist mir überlassen und die Details müssen wir uns halt dann vereinbaren. Es muss zum Lokal passen, mir gefallen und es ist auf alle Fälle anders als bei anderen Locations, wo man einfach die Miete zahlt und es dem Lokal so gut wie egal ist, was man dann veranstaltet. Das geht bei uns nicht. So können wir auch besser kontrollieren, welche Zielgruppe angesprochen wird bzw. womit wir in Verbindung gebracht werden.

Was muss ich tun, um bei euch nicht reinzukommen?

Reinkommen ist nicht so das Problem, nachdem wir keinen Türsteher haben (im Normalfall). Aber rausschmeißen tu ich dich schon. Das kann mehrere Gründe haben, ist bis jetzt auch noch nie passiert, angedroht wurde es schon und anscheinend bin ich respekt- bzw. Angst einflößend genug, sodass das Entfernen des Gastes nicht nötig war. Gründe rauszufliegen: Andere Gäste grundlos anpöbeln, Sachen mutwillig kaputtmachen, Getränke bestellen und kein Geld mehr haben, rechte Äußerungen machen, Sachen stehlen oder sich komplett ausziehen.

Das Polkadot veranstaltet Akustikkonzerte, DJ-Abende, Sweatpants-Parties, Sprachencafés und Champions League Übertragungen. Ein kleines Bier startet bei 2,70, ein kleiner Spritzer bei 2,60. Anti-Alk gibt es ab 1,30 und Shots ab 2,50. Der Eintritt im Polkadot ist immer gratis. Bei Konzerten wird eine Spendenbox durchgegeben.

Mehr zur kleinen Clubkultur gibt es hier:

Das Bach: Der Punk geht den Bach runter

Shelter: Gimme Shelter

Café Carina: Rock’n Roll im Drogenmilieu

Local: Rock am Ende des Gürtels

B72: Indie Disco Inferno auf zwei Floors

Tüwi: Eine endlose Abrissparty

Kiez: Einmal ohne Bühne, bitte!

Café Prosa: Luft und Liebe

Avalon: Wirtshaus mit Kulturschock

Tonstube: Fusion-Clubbar mit Privatstrand

Zwe: Jazz ist anders

Loop: Nevermind the Cocktails

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Bild(er) © Foto 1-3: Christian Bruna
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