Junge KunstsammlerInnen in Wien

Die Wiener Kunstszene befindet sich im Aufbruch. Mit der Besiedlung neuer Galerien in Wien steigt auch das Potenzial junge Menschen für das Sammeln von Kunst zu begeistern. Doch wie gelingt der erste Kauf? Und was gilt es dabei zu beachten?

Das junge Wien und die junge Kunst

Mit den GaleristInnen und KuratorInnen Sophie Tappeiner, Cornelius van Almsick, Nathalie Halgand, Vincenzo Della Corte oder auch Franziska Sophie Wildförster hat Wien einige neue junge Player gewonnen, die nun im österreichischen Kunstgeschehen mitmischen. Mit ihrer Konzentration auf zeitgenössische Kunst und Praktiken sowie ihrer Vorliebe für junge österreichische KünstlerInnen wie Angelika Loderer oder Marianne Vlaschits setzen sie neue Impulse, die eine junge und neue Generation von SammlerInnen hervorbringen kann. »Jedes Jahr besuchen immer mehr junge Menschen die viennacontemporary, um Kunst zu kaufen«, so Christina Steinbrecher-Pfandt. Dem gegenüber bleibt die Einschätzung, dass die österreichische SammlerInnenszene überschaubar sei. »In Wien existieren mehr KunstliebhaberInnen als SammlerInnen«, so Nathalie Halgand, die 2016 ihre eigene Galerie im sechsten Bezirk eröffnete und erklärt, dass die Kunstwelt noch ein undurchsichtiges Terrain für junge SammlerInnen aus Wien darstellt.

© Galerie Nathalie Halgand

Doch Wien sei aufgewacht, beschönigen einige aktuelle Beobachtungen und Zeitungsartikel. Dies mag zwar teilweise auf das Galeriegeschehen zutreffen, betrifft aber die SammlerInnenszene noch kaum. Doch zeitgenössische Kunst scheint im Trend wie schon seit längerer Zeit nicht mehr. GaleristInnen wie Sophie Tappeiner oder auch Nathalie Halgand können junges Publikum in ihre Ausstellungsräume locken, sofern sie die richtigen Signale senden und darauf setzen, dass der Genuss von Kunst keiner Elite vorbehalten und das Sammeln von Kunst durchaus leistbar ist. Ein entscheidender Aspekt ist auch die Förderung junger, noch unbekannter KünstlerInnen und das Angebot entsprechender Ausstellungsmöglichkeiten. Etablierte Galerien, die bereits bekannte KünstlerInnen vertreten und damit einhergehend auch große Preise vermuten, tun sich schwer junge Kunstinteressierte in ihre Räume zu bringen. Die ungewollt erzeugte Hemmschwelle scheint nicht leicht abbaubar. Dennoch, und vielleicht gerade deswegen, gibt es Initiativen, die es jungen Menschen erleichtern können, das Sammeln von Kunst in Erwägung zu ziehen.

So kann es beginnen

Wer Kunst kauft, muss nicht gleich zahlen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Galerien Ratenzahlungen anbieten, um das gewünschte Werk erwerbbar zu machen. Dauer und Höhe der Zahlungen können in Dialog abgestimmt werden, setzen aber auch eine dauerhafte Verpflichtung an die KäuferInnen voraus. Editionen, wie sie die Kunstzeitschrift Collectors Agenda anbietet, können den günstigen Anfang einer eigenen Sammlung darstellen. »Das Prinzip einer Edition ist es, dass ein Kunstwerk mehrfach verfügbar ist, durch Limitierung und einer Editionsnummer sowie der Unterschrift der KünstlerInnen dennoch ein Original bleibt«, erklärt Florian Langhammer. Wer zwischen 600.- bis 1.500.- Euro zur Verfügung hat, kann sich bereits eine erste Edition leisten.

Werkserie »What lays bare in me«, von Madeleine Boschan via Collectors Agenda

Kunstinteressierte, die sich im Kunstgeschehen bewegen und mit KünstlerInnen bekannt sind, können auch direkt über die Kunstschaffenden selbst ihre ersten Werke beziehen. Mit billigen Preisen sollte man hierbei aber nicht rechnen, da die Preisentwicklung und der Hype um bekannte Stars am Kunstmarkt Druck auf junge KünstlerInnen ausüben. Durch den direkten Kauf über die KünstlerInnen kann jedoch ein gewünschtes Werk einen unbezahlbaren Wert erhalten. Dies ist der Fall, wenn eine persönliche Beziehung im Kaufprozess entsteht, denn »ein Ankauf ist eine persönliche Förderung und auch ein Vertrauen in die Künstlerin und die Qualität der Arbeit«,  betont die österreichische Künstlerin Marianne Vlaschits. Wer keinen persönlichen Kontakt zu Kunstschaffenden hat, kann sich bei der von Nathalie Halgand und Antje Prisker gegründeten Initiative, dem »young collectors circle«, austauschen, einen Einblick in die Mechanismen des Kunstmarkts gewinnen und sich mit anderen potenziellen SammlerInnen vernetzen. Sich zu informieren ist also ein Anfang und Möglichkeiten dazu gibt es genug.

Neue SammlerInnen?

Eine überschaubare und gering ausgeprägte junge SammlerInnenschaft bewegt sich derzeit in Wien und hat die Möglichkeit mit der Herausbildung neuer Galerien zu wachsen. Ambitionierte Initiativen erleichtern Kunstinteressierten den ersten Einstieg in die Sammelleidenschaft. Wer zeitgenössische Kunst sammeln möchte, kann dies bereits mit geringem Budget, jedoch nicht mit geringem Aufwand betreiben. Eine große Portion Hingabe und der ein oder andere Verzicht gehören schon dazu, um das richtige Werk zum leistbaren Preis erhalten zu können. Wichtig ist dabei immer in Dialog mit Kunst- und Kulturschaffenden zu stehen, den Schritt in die Galerien zu wagen und das Klischee der wohlhabenden Tante hinter sich zu lassen. Auch die eigenen Kaufmotivationen sollten ergründet werden, um zu entscheiden, welchen Wert die Kunst für die Person hat. »Das ist ein bisschen wie die Suche nach sich selbst. Man kann dies auch über Kunstwerke, die man erwirbt und in seinen Lebensraum integriert, ausdrücken«, erzählt Christina Steinbrecher-Pfandt und fügt hinzu: »Die Kunst ist wie ein Spiegelbild unseres Lebens.«

Die Vienna Contemporary, Österreichs internationale Kunstmesse, bietet für Kunstsammler, -liebhaber und -interessierte die Möglichkeit, einen Blick in die Kunstszene zu werfen. Dort präsentieren 110 Galerien aus 27 Ländern ihre KünstlerInnen und Programme.

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