Auch bei Charity-Events fällt Engagement leichter, solange es sich auf einen Klick beschränkt. Warum es manchmal Sinn macht, nicht so angesagt zu sein.
Das Internet als Fluch und Segen
Ganz teilnahmslos scheint die Generation jedoch nicht zu sein, Online-Kampagnen wie die ALS Ice Bucket Challenge wurden immerhin großartig angenommen und waren ein beeindruckender viraler Erfolg. Laut Medienwissenschaftlerin Jana Herwig braucht es klare und einfache Handlungsanweisungen, um Menschen zum Mitmachen zu bewegen. Spaß und Raum für Selbstdarstellung tragen außerdem dazu bei, ob solche sozialen Kampagnen ankommen. Im Diskurs wird das auch »Social Proofing« genannt – man sieht, dass andere im eigenen Umfeld zu einem Teil einer größeren Sache werden und möchte dazu gehören.
Die perfekte gute Tat
Kritiker stempeln diese Form von »Clicktivism« – also Aktivismus im Netz – als heuchlerisch ab. Zu gering wäre das eigene Zutun der Aktivisten, zu anonym, zu kurzlebig und vor allem ohne richtig spürbare Konsequenzen. Von einem Like wird noch kein Kind satt. Klar, man muss sich nicht wirklich mit einer Krankheit wie ALS auseinandersetzen, um sich einen Eiskübel über den Schädel zu schütten. Und dazu, ein Video von sich selbst ins Netz zu stellen, hat noch selten ein Millennial Nein gesagt. Die perfekte gute Tat: narzisstisch, unkompliziert, kurzlebig. Der Erfolg solcher Online-Kampagnen ist schwer zu messen, sollte aber nicht an dem Gerede darüber fest gemacht werden, sondern an dem, was tatsächlich getan wird.
Ein Klick für die gute Sache
Clicktivism macht auch vor der Welt der Charity-Events nicht Halt. Im Vorhinein sagt man gerne zu und drückt so Unterstützung und Wohlwollen aus. Vielleicht war dann aber doch eine andere Abendplanung sexier, man muss am nächsten Tag aufstehen oder es gibt ja eh so viele Zusagen, dass es vielleicht zu voll wird. Facebook ist nicht verbindlich. Das trifft nun nicht alle gleichermaßen. Bei allem »Bock auf Kultur« gab es bis dato erst eine Veranstaltung, zu der es – wohl aus Timing-Gründen nach einem Halloween-Freitag – nicht viele Leute geschafft haben. »Wir sind eigentlich nie auf diesen Trendsetter-Zug aufgesprungen, der spricht meist nur junge und weniger inhaltsorientierte Menschen an – von denen es allerdings sehr viele gibt«, so Hinterbauer von Ute Bock.
Zwischen Trend und Bestand
Und natürlich wirken nicht alle Probleme dieser Welt gleich dringend. Kinderlähmung und Lepra sind heute zum Glück weitgehend unter Kontrolle. Dass es aber auch heute einen seltsamen Mitleidswettbewerb gibt, bringt etwa eine „South Park“-Episode bitterböse auf den Punkt. Als Eric Cartman sich mit HIV infiziert, kommt niemand zu seiner Benefizveranstaltung, weil HIV mehr so ein 80er-, 90er-Jahre-Ding war, heute würde sich doch alles um Krebs drehen. Selbst Elton John sagt ab, weil er dringender auf einem Krebs-Benefiz spielen muss. Im Internet ist es umgekehrt. Manchen Events scheint es fast schon zum Verhängnis zu werden, wenn sie zu aktuelle Probleme behandeln. Wenn etwas in den sozialen Medien hochkocht, zieht das auch Trittbrettfahrer an.
Charity ohne Charity-Marketing?
Man kann sich nun spitzbübisch fragen, ob es nicht sogar helfen würde, einfach coole Events mit solidem Line-up zu organisieren – und das Geld ohne großes Aufsehen zu spenden, wie das ja auch manche Sommerfestivals schon lange machen. Die Veranstalter selbst scheinen auf diese Idee nicht so abzufahren. Jeder Schuss in diese Richtung würde nach hinten losgehen und die Mündigkeit der Besucher untergraben. Ob diese einen im Nachhinein gespendeten Gewinn tatsächlich als so negativ empfinden würden, ist schwer zu beantworten. Fakt ist aber, dass es ohnehin schon schwer ist, ganz normale Events so zu organisieren, dass alle auf ihre Kosten kommen. Das Wissen wie man Leute für eine Sache begeistert, wie Poster und Webbanner aussehen sollen, wie man sich koordiniert und organisiert, das braucht es für Charitys natürlich besonders, wenn mit gut nicht das Gegenteil von gut gemeint sein soll.
Die Redaktion empfiehlt generell, massig auf Charity-Events zu gehen, ganz konkret und im Speziellen aber diesen Samstag, da wäre nämlich Club Fraktal für Bock auf Kultur im Werk.