Der Doninpark am Kagraner Platz sorgt seit mittlerweile zwei Jahren dafür, dass Architekturjournalisten und selbsternannte Mitglieder der Architektur-Polizei was zu tun haben. Während man in Wien grantelt, jubelt aber jetzt auch das Ausland.
In Aspern soll ein Hochhaus aus Holz gebaut werden. Die Wiener geben sich daraufhin zunächst mal skeptisch, ein wenig später hängen die Mundwinkel dann schon bis zum Kinn und Sprüche wie "Mag ja modern sein, aber warum so hässlich!" oder "Das hätte es früher nicht gegeben!" füllen die Kommentarfenster unter den Artikeln der Tageszeitungen. Was man nicht kennt, ist grundätzlich mal suspekt und gilt schnell als hässlich. Wiens Architekturpolizei ist immer und überall – und jeder kann mitmachen. Währenddessen berichten Guardian, Dezeen, Daily Mail oder Archdaily oft wohlwollend.
Ein ähnliches Szenario spielt sich rund um den bereits 2013 fertiggestellten Doninpark im 22. Bezirk ab, nur das in diesem Fall internationale Plattformen und Foren erst mit etwas Verspätung auf den visuell auffälligen Wohnkomplex reagierten und dieses Monument der Postmoderne erst zwei Jahre später in einer langen Fotostrecke würdigten. Obendrauf widmete die Architektur Galerie Berlin den Architekten des Doninparks im Juli und August eine eigene Ausstellung.
Anders in Wien – die katzenklappenartigen und scheinbar willkürlich angeordneten Fenster des auffälligen hat die Architekturpolizei schon 2013 dazu animiert, die eigene Klappe ziemlich weit aufzureißen, Kommentare waren wenig freundlich. Sache der Perspektive oder der Entfernung also? Die Donau sieht durchs Flugzeugfenster auch immer blau aus.
Pockennarben im Gesicht der Österreichischen Architektur
Der Doninpark stellt mit seinen 14.000 Quadratmetern Nutzfläche einen wichtigen Büroraum- und Wohnungsanbieter im Stadtentwicklungsgebiet rund um den Kagraner Platz. Sieben Stockwerke ist es hoch und in seiner äußeren Erscheinung, trotz der vielen Wülste von ziemlich schlanker Erscheinung. Als Teil der Kagraner Spange ragt an der Nordseite außerdem weit an das ebenfalls weiße Nachbarhaus heran. Dialog soll gefördert werden. Aber nicht nur mit den Gebäuden um den Doninpark herum, sondern auch innerhalb seiner Bewohner, weil reden ja angeblich wichtig ist – vor allem wenn man in einem Haus wohnt, das alle um einen herum einfach nur Käse finden. Deswegen gibt es Balkone und Terassen, und davon gar nicht wenige.
Flächen gibt es also viele. Was man vergeblich sucht, sind solche, die auch grün sind. Einen Nachbarschaftsstreit etwas größeren Ausmaßes hat der Doninpark auch schon hinter sich – durch die Bauarbeiten, hat sich das im Vergleich kleine, nur einstöckige Nachbarhaus gesenkt und ist teilweise sogar eingestürzt. Kommunikation auf Augenhöhe kann man das nicht gerade nennen. Was jedoch für den allergrößten Aufruhr innerhalb der Architekturpolizei und ihrer Spezialeinheit für Ästhetik gesorgt hat, ist die etwas fragwürdige Anordnung der Fenster, die von schwer nachvollziehbarer Größe sind. Klein nämlich, und teilweise bodentief angeordnet. Katzen und Babys scheinen schwerstenstens gefährdet.
Nur Käse oder wurscht
Was für viele Wiener also einfach nur wie Emmentaler und Käse aussieht, ist für andere ein beeindruckendes Zeichen der Moderne. Und wo manche nur Chaos sehen, schimmert für manche ein eindeutiges System durch. Für die Mehrheit der Wiener wird es weiterhin darum gehen, ob die geliebte Hauskatze durch die bodentiefen, katzenklappenartigen Fenster fallen kann. Die Spanne der Meinungen reicht also vom Emmental über Wien Donaustadt bis nach NYC. Sowie auch vom Unruhe verbreitenden Fensterrhythmus bis zur praktischen Frage nach dem Fensterputzen, wenn man die Fenster ja nur kippen kann.
Kleingeistigkeit? Auf der Website des Love Architekturbüros kann man nachlesen, dass sich das Gebäude exakt an die Reglementierungen des Flächenwidmungsplanes hält. Fast entschuldigend klingt der Nachsatz, dass somit eigentlich die Gemeinde Wien die Verantwortung für das Gebäude übernommen hat. Die Love Architekten nennen das Radikalpragmatismus – man tut bis zum letzten Kilo Zement genau das was man darf. Radikale Ansichtssache wird es trotzdem bleiben.
Egal ob man es ein Gebäude mit System nennt oder einen Fehler im System der modernen Architektur – ansehen kann man sich das ja mal (zum Beispiel i>hier oder auch einfach in echt).