Österreichisches Design präsentierte sich bei der Mailänder Möbelmesse vergangene Woche mit großem Tamtam. Der Aufwand hat sich zweifellos gelohnt.
Die Möbelmesse in Mailand ist der wichtigste Designevent der Welt: Neben der Hauptmesse mit über 2000 Ausstellern gibt es Hunderte von Präsentationen in der Stadt – von gediegen bis experimentell, von protzig bis nachhaltig. Klar, dass viele Länder die Bühne nützen, um ihr kreatives Potenzial zu zeigen – so auch Österreich. Die Außenwirtschaft Österreich hat vor zwei Jahren erstmals eine eigene Ausstellung ausgerichtet, damals wie im vergangenem Jahr noch in bescheidenerem Rahmen, in einer ehemaligen Manufaktur inmitten der „Zona Tortona“, wo jedes Jahr Trubel herrscht wie beim Oktoberfest. Eine Leistungsschau solcher Art hat meistens das Problem, ein Mittelding zwischen messeartigem Auftritt und klassischer Ausstellung zu sein. Will heißen: Es gibt eine Auswahl, die auch irgendwie kuratiert wird, aber bestimmte Firmen und Namen kann man dabei offenbar nicht übergehen. Der Qualitätsunterschied zwischen den gezeigten Arbeiten war daher schon beim ersten Auftritt nicht zu übersehen – vor allem, weil die Objekte sehr dichtgedrängt präsentiert werden mussten. Neben international Herzeigbarem war auch manch Provinzielles dabei, was dem Gesamtbild des „österreichischen“ Designs nicht nur gut getan hat. Und wer hat schon in Mailand Zeit, sich die Rosinen herauszusuchen?
Heuer: besser
Dem Dilemma der Auswahl ist man auch heuer nicht entkommen, doch man hat mit der heurigen Präsentation „Raw and delicate“ einen schönen Schritt voraus gemacht. Denn es wurde offensichtlich sehr viel Kohle in die Hand genommen, um sich in „La Pelota“ einzumieten, einem genialen und geradezu bombastischen Raum im Nobel-Bezirk Brera. Nur um zu veranschaulichen, in welche Gesellschaft man sich da begibt: 2011 präsentierte hier Hermès seine Kollektion, im Jahr davor Established & Sons, die ultimativ-coole Designmöbel-Marke der letzten Jahre.
Und jetzt also Österreich. Das ist natürlich schon per se beeindruckend. Die Ausstellungsgestaltung wurde dem Innsbrucker Trio „Pudelskern“ übertragen: Mit gigantischen Leuchtobjekten und herangekarrten Birken hat es den hohen Raum souverän in den Griff gekriegt, auf dem großzügigen Parcours konnten die Besucher herumschlendern und sich ein Bild davon machen konnten, was österreichisches Design denn ist. Ein Gesamtbild konnte es allerdings nicht werden, weil so wichtige Büros wie EOOS schmerzlich fehlten (weil sie kaum für österreichische Auftraggeber arbeiten?), auch vom Global Player Zumtobel war leider nichts zu sehen. Schade.
Mit dabei waren allerdings Designer wie Polka, Marco Dessí, mischer’traxler oder Walking-Chair und Unternehmen wie Bene, Wittmann, Lobmeyr, Augarten und andere. Das Spektrum der gezeigten Arbeiten war jedenfalls extrabreit: Von absoluten Gustostückerln bis hin zu biederen Entwürfen, die man besser zuhause gelassen hätte. Aber letztere haben erstere dieses Mal nicht runtergezogen, sondern ihren Raum gelassen. Es war also eine fast schon sozialpartnerschaftliche Präsentation – und das ist jetzt nicht abwertend gemeint.
Ein ausführlicher Bericht und Reflektionen über die Mailänder Designmesse findet sich in der Mai-Ausgabe von The Gap.