Donnerstag wird mit der Ausstellung "The House Of Drift" das diesjährige Sound:frame Festival im MAK eröffnet. The Gap hat sich mit Kuratorin Eva Fischer getroffen.
Unter dem Leitthema Collective widmet sich das Festival für audio-visuelle Kulturen kollektiven und interdisziplinären Arbeitsprozessen. Im Kollektiv realisierten Depart (AV/Sounddesign), Gerald Moser und Christina Simmel (Architektur und Installation), Lisi Lang (Kostüm), Andreas Waldschütz (Foto- und Videoshooting), Sebastijan Geč & Team und noch viele weitere Helfer einen begehbaren multimedialen 3-Kanal Videoinstallations-Parcours.
Über die Notwendigkeit von Koordination und Vertrauen im kollektiven Arbeiten. Wie übe ich Kritik im Kollektiv und gibt es so was wie ein Meta-Kollektives Bewusstsein? Ein Gespräch mit Eva Fischer von Denise Helene Sumi
Weshalb ist gerade jetzt das Thema Collective der Leitfaden des diesjährigen Sound:frame Festivals, wo es doch schon seit mehreren Jahren zum alltäglichen Arbeitsprozess Kreativer gehört Kollaborationen einzugehen und im selbstverständlich Kollektiv aufzutreten.
Die Thematik ist für die interne Entwicklung des Festivals an sich sehr wichtig. Die Zusammenarbeit zwischen Musikerinnen, Musikerin, Visualisteninnen und Visualisten war immer schon das Thema von Sound:frame. Ich fand es spannend genau diesen Aspekt ganz prominent in den Vordergrund zu rücken. Mir ging es schon immer um das Multimediale. Das Thema Collective hat sich aus den letzten Jahren heraus entwickelt. Substructions letztes Jahr beleuchtete Fundamente eines Projekts, Ressourcen und Nachhaltigkeit eines Festivals, etc. Schon da sind Fragen bezüglich des Arbeitsprozesses aufgetaucht: Wie wichtig ist ein Team? Wie wichtig ist die Zusammenarbeit? Wie wichtig sind die Kollaborationen als Substruktion. Das Thema führt also das Thema vom letztem Jahr weiter.
Es gibt Meinungen, die sagen die Begriffe Zusammenarbeit, Kollaboration und Partizipation sind zu leeren Slogans geworden. Reiner wirtschaftlicher Wert einer kapitalistischen Gesellschaft ohne aber den ursprünglichen Gedanken einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitsumstände darin noch zu thematisieren? Gerade wenn man die Arbeit von Agenturen und Global Players betrachtet, würde ich dieser Meinung zustimmen. Es stellt sich die Frage, ob die Kollaborationen oder das Kollektive jenseits der wirtschaftlichen Werte Networking und Outsourcing auch implizit künstlerische und soziale Werte schafft?
Networking ist eines der wichtigsten Dinge in meinem Job. Besonders auf internationaler Ebene hat mich das Netzwerk immer weiter gebracht, wirtschaftlich gesehen bringt es Öffentlichkeit und Aufmerksamkeit. Aber auch den kreativen Prozess beflügelt es. Aus Vernetzung können sich Ideen weiterentwickeln und etwas Neues kann entstehen. Darüberhinaus hinaus entstehen Freundschaften. Ich würde das nicht so eng und kritisch sehen.
Es ist bekannt, dass Sound:frame ein knapperes Budget als die Jahre davor zur Verfügung hat. Hat die Entscheidung im Kollektiv zu arbeiten und eine große Installation mit in Wien lebenden Künstlerinnen und Künstler zu machen auch wirtschaftliche Gründe?
Natürlich fließt das finanzielle Vermögen immer mit ein bei der Umsetzung solcher Projekte, ganz pragmatisch. Aber nein, auschlaggebend war das sicher nicht. Die räumlichen Verhältnisse im MAK veranlassten dazu ein gemeinsames Projekt zu realisieren.
Im kollektiven Arbeitsprozess nimmt neben dem Vertrauen auf die Anderen und deren Expertisen auch das Gespräch eine zentrale Stellung ein. Wie handhabst du Meinungsverschiedenheiten? Ist für dich Kritik eine Form der Dekonstruktion oder kann Kritik als Konstruktion und Erfindung dienen? Also Kritik in transformativer Hinsicht.
Es kommt in der Kommunikation auch immer auf die Kritik selbst drauf an. Am Ende hat Zusammenarbeit immer sehr viel mit Vertrauen zu tun. Vertraue ich auf den Anderen? Ist mir die Meinung des Anderen wichtig, oder nicht? Als Dekonstruktion sehe ich Kritik nie. Sie sollte immer etwas Positives und Antreibendes besitzen. Außerdem denke ich, dass Kritik immer im Gespräch stattfinden soll. Wobei es oft leichter fällt, Kritik in einer E-Mail ganz klar auf den Punkt zu bringen. Es fällt mit dieser Frage mehr zusammen, als nur Konstruktion oder Dekonstruktion. Ich überlege auch gerade ob ich ein Beispiel habe? Prinzipiell glaube ich, dass Leute sehr vorsichtig sind mit Kritik, gerade innerhalb eines Kollektivs.
Wie würdest du dazu stehen, wenn dein Department oder du nicht namentlich genannt werden würdest – es somit für die Öffentlichkeit keine Transparenz über die Leistung des oder der Einzelnen geben würde? Also anstelle des bzw. der Einzelnen ein Platzhalter für das Ganze stehen würde?
Ich finde es sehr wichtig, dass jede und jeder Einzelne namentlich genannt wird. Die Credits bilden für mich genauso den Arbeitsprozess ab, wie die Dokumentation selbst.
Ich denke an Gruppen wie die Guerilla Girls, einem feministischen Kollektiv aus den 70er Jahren aus New York, oder das Künstlerkollektiv Claire Fontaine aus Paris. Beide Kollektive verdecken mit dem Namen des Kollektivs den Einzelnen. Das Wir und die gemeinsamen Ziele und Produktionen stehen bei beiden ganz klar im Vordergrund. Das ist ein bewusster Gegenentwurf zum Leistungssubjekt.
Nein, ich denke für die kuratorische Praxis von Sound:frame ist es wichtig alle Namen der Beteiligten zu nennen. Dies zeigt gerade, dass das Kollektiv aus verschiedenen Teilen und Experten besteht. Gerade bei einem Projekt, bei dem sehr wenig Geld geboten wird, muss die Wertschätzung über die Nennung der Namen hergestellt werden.