Placebo gastierten am Mittwoch im Rahmen ihrer aktuellen Tour in Wien. Sie brachten dabei erst spät richtig Schwung ins Publikum.
Ein angenehm Herbstabend, die Stadthalle Wien zu knapp zwei Dritteln gefüllt. In freudiger, ruhiger Atmosphäre die Wartezeit auf den Main-Act mit der auf den Screens projizierten Botschaft verkürzt, man möge doch auf das Handy verzichten und sich auf den Moment und die Musik einlassen – »Peace und Namaste«. Als Brian Molko und Stefan Olsdal dann mit »Forever Chemicals« ihr Set eröffneten, dem Opener des vor knapp einem Jahr erschienenen achten Studioalbums »Never Let Me Go«, hielt sich auch der Großteil der Fans an das »Handyfilmverbot«. Streng überprüft von den Securitys, die diesmal eher die Handy- als die Crowd-Control übernahm und den Spielverderber*innen mit grellen Taschenlampen die Aufnahmen vermiesten.
Anstatt auf kleine leuchtende Bildschirme zu schauen, konzentrierte sich das anfangs noch sehr zurückhaltende Wiener Publikum auf die 17 grellen Videoscreens, die über die eher spartanisch wirkende Stage verteilt waren und diese im Look des neuen Albums erstrahlen ließen. Dabei hieße es doch so treffend im Song »Try Better Next Time«: »Somebody take a picture, before it’s too late.«
Schmerzlich und hymnisch zugleich
Anfangs erinnerten die Visuals noch an das Kunstkollektiv Station Rose und deren digitale Glitch-Interventionen, mit der Zeit wurden sie aber immer belangloser und dienten nur dazu, einzelne der fünf weiteren Bandmitglieder, die teilweise brav hinter den LED-Screens werkten, ins Rampenlicht zu bringen. Mit »Beautiful James« folgte gleich der nächste Kracher von »Never Let Me Go«, schmerzlich und hymnisch zugleich, die menschliche Bindung ansprechend. Einer der besten Songs des neuen Albums, der gleich noch einmal besser klingt, wenn sich kaum jemand hinter seinem Handy versteckt.
Mit »Scene of the Crime« von »Loud Like Love« kam auch, nach den üblichen, anfänglichen Stadthallen-Akustikproblemen, das Publikum in Fahrt, vor allem der Front-of-Stage-Bereich gab sich viel Mühe. Etwas verkürzt, als Radio-Edit, ging es ohne Pause weiter mit »Hugz« (»Never Let Me Go«), einem wunderbaren Song, der bei genauerer Betrachtung viel Wahrheit in sich trägt. Perfekt gespielt mündete er fast überganglos in »Happy Birthday in the Sky«, ein weiteres Highlight des achten Studioalbums – ausnahmsweise sehr filmisch von den Visuals auf den sich ständig bewegenden LED-Screens über den Köpfen des Duos begleitet.
Im Stakkato folgten dann neben »Bionic« fünf weitere Songs aus dem sehr üppig präsentierten aktuellen Album. Das weiße Klavier, gespielt von Olsdal, hatte seinen Auftritt bei »Too Many Friends« und »Went Missing«, zwei mit viel Hingabe gespielten absoluten Highlights, die in Erinnerung bleiben werden.
Frenetisch beklatscht
Etwas mehr Schwung kam dann mit den älteren Hits auf. »For What It’s Worth«, »Slave to the Wage«, gefolgt von den All-Time-Klassikern »Song to Say Goodbye«, »The Bitter End« und »Infra-Red«, die von den frenetisch Im-Takt-Klatschenden der vordersten Reihen bis hin zu den leicht Mitschwingenden in den lichten hinteren Reihen sehr goutiert wurden.
Nach knapp 75 Minuten kam der Hauptteil auch schon zu einem »Bitter End«. In den Zugaben folgten »Shout«, ein Cover des 80er-Jahre-Hits von Tears for Fears, »Fix Yourself« und ein weiteres Cover: der durch die Serie »Stranger Things« wieder in die Gegenwart gehievte Kate-Bush-Klassiker »Running up That Hill«. Im Zugabenblock war viel Energie zu spüren, leider eher nur am Ende dieses recht kurzen Placebo-Konzerts. So blieb mit Feedback und Noise für every you and every me a bit of peace. Namaste!