Krampus killed the Christmas Star

Anfang Dezember startet »Krampus« in den Kinos. Die kuriose Horrorkomödie von Micheal Dougherty ist nur die Spitze des Krampus-Hypes in den USA. Der Regisseur sowie eine Volkskundlerin klären, warum es der gehörnte Störenfried plötzlich mit Santa und der Unterhaltungsindustrie aufnimmt und was er mit der österreichischen Identität treibt.

Testosteronstau

Was hat es mit der Identitätsstiftung auf sich? Die Volkskundlerin Eva Kreissl sieht die Folgen vom Krampusspiel auch durchaus kritisch: »Stellen Sie sich einmal junge, kasernierte Männer mit Testosteronstau vor, wenn sie völlig vermummt dem Publikum, auch vielen jungen Mädchen, zeigen, wie der Teufel straft. Da gab es oft Verletzungen, selbst Todesfälle oder die Nikolospiele wurden zum Anlass von Dorfschlägereien.« Solche Vorfälle passieren heute noch, gehen aber auch weit in der Geschichte zurück und wurden als Konsequenz dessen schon mehrmals verboten. »Aber zwei Generationen später waren die Auswüchse vergessen und die Schauspiele und Umzüge wurden als schöner Brauch wiederbelebt.«

Eva Kreissl kuratierte vor einigen Jahren die Ausstellung »Krampus – Das gezähmte Böse« im Volkskundemuseum Graz. Die Ausstellung ging der Frage nach, wie sich der Krampus, dessen Wurzeln bis ins Mittelalter zurückgehen, über die Jahrhunderte hinweg vom Sinnbild des leibhaftigen Teufels hin zum relativ zahmen Begleiter des Heiligen Nikolaus entwickelte. Dem Krampus, wie er heute existiert, schreibt Kreissl eine andere Rolle zu: »Moderne Krampusläufe haben wie auch der neue Trachtenboom nicht viel mit Tradition zu tun. Doch sie haben in meinen Augen sehr viel mit der Sehnsucht nach Wurzeln zu tun und sind als Antwort auf Ängste vor Globalisierung, Entfremdung und den Folgen der Risikobelastung des modernen Lebens zu lesen.«

Ein immaterielles Kulturerbe

Und der Krampus spaltet weiterhin die Gesellschaft, aus der er stammt. Die Unesco kann sich zu seinen Fans zählen. Denn seit geraumer Zeit stehen auch verschiedene österreichische Krampus-Rituale auf der von ihr veröffentlichten Liste des immateriellen Kulturerbes. In den Wiener Kindergärten wurden Krampusse 2006 hingegen offiziell verbannt, da sie den Kindern zu große Angst einjagen würden und dies pädagogisch nicht vertretbar sei. Ein Salzburger sorgte im Vorjahr für Schlagzeilen, als er Krampus-Seminare anbot, in dem vorwiegend Frauen sich mit ihrer Angst vor den Maskierten auseinandersetzen sollten.

In den USA sind wir von solchen Konflikten weit entfernt, das frisch entdeckte Ungetüm wird jungfräulich gefeiert. Allerdings wird der Krampus hier auch stark mit dem Weihnachtsfest selbst und weniger mit dem 6. Dezember in Verbindung gebracht, wohl ganz bewusst, um ihn mit der lokalen Kultur verträglich zu machen. Der Krampus wurde quasi assimiliert. Und das ist auch der Moment, wo auch der Film »Krampus« schnell aufhört, penibel am Original zu beharren und sich eine große Portion künstlerische Freiheit nimmt.

Auslöser der folgenden irrwitzigen Eissturm-Apokalypse im Film »Krampus« ist lediglich der kleine Max, der aufgrund seiner unausstehlichen Verwandtschaft (David Koechner als Waffennarr Howard und Conchata Ferrell als daueralkoholisierte Zynikerin Aunt Dorothy) den Geist der Weihnacht verloren glaubt und im Affekt seinen Brief an den Weihnachtsmann in der Luft zerreißt. Ein dreistes Verhalten, das unmittelbar bestraft werden soll und den Krampus auf den Plan ruft. Nicht den Gezähmten, wie in Kreissls Ausstellung nahegelegt, sondern ein ganz anderes Kaliber. Und als würde das nicht reichen, auch noch eine Armee bösartiger Gehilfen. Hier bekommt man den Eindruck, der europäische Einwanderer habe innerhalb kürzester Zeit sämtliche geläufige US-Weihnachtsmotive, die allesamt vom Teufel (also eh dem ursprünglichen Krampus) besessen sind, auf seine Seite gebracht. Was folgt, weicht selbstredend in sich überschlagender Form von jeder traditionellen Vorlage ab. Wir bekommen die ganze Palette geliefert, Familiendramen, herzhafte One-Liner à la »Global Warming my Ass«, Monster und dennoch auch noch reichlich Weihnachtsstimmung. »Wir haben uns definitiv ein paar Freiheiten genommen«, gibt auch Dougherty zu, »aber der Ursprung ist ganz klar sehr alt und auch sehr österreichisch.«

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