Anfang Dezember startet »Krampus« in den Kinos. Die kuriose Horrorkomödie von Micheal Dougherty ist nur die Spitze des Krampus-Hypes in den USA. Der Regisseur sowie eine Volkskundlerin klären, warum es der gehörnte Störenfried plötzlich mit Santa und der Unterhaltungsindustrie aufnimmt und was er mit der österreichischen Identität treibt.
Weihnachten ist jünger als der Krampus
Naja. Einer derartig kuriosen Umdeutung vom Krampus sieht die Volkskundlerin Eva Kreissl naturgemäß eher skeptisch entgegen: »Unsere Art, Weihnachten zu begehen, ist jünger als die Wurzeln zu den Bräuchen rund um den Krampus«, setzt Kreissl an, »Weihnachten ist die christliche Neu-Interpretation eines römischen Jahreswendfestes und in seiner heutigen Ausprägung, neben der Kommerzialisierung, wesentlich protestantisch geprägt, während Nikolo und Krampus zutiefst und genuin katholisch sind.« Der Krampus sei hier Symbol für die Gefahren von Normverletzungen. »Darin ist die katholische Drohgeste deutlich spürbar.« Oder, um es mit den Worten von Christoph Waltz bei Jimmy Fallon auszudrücken: »Österreich ist ein tief katholisches Land, das durch Traumatisierung funktioniert.«
Um Österreich und seine Kulturgeschichte mag es dem Regisseur wohl augenfällig nicht in aller erster Konsequenz gegangen sein, wenn er auch den Ursprung gerne betont. Die Abweichungen erkennt er und nimmt sie ebenso gelassen hin, seine Prioritäten liegen woanders: »Es muss als Weihnachtsfilm funktionieren und gleichzeitig Elemente von Horror, Fantasy und Humor beinhalten.« Ein Spagat, der zweifelsohne schon anspruchsvoll genug sein mag. Für Dougherty ist die Figur des Krampus zweifelsohne eine furchterregende, aber gleichzeitig auch eine mit beißendem Witz. »In all seinen unterschiedlichen Darstellungen ist er nicht immer ausschließlich schreckenserregend, sondern manchmal auch charmant, verspielt oder sogar attraktiv.« Damit mag er Recht haben. Auch Kreissl betont die besonders in Österreich, von Westen nach Osten zunehmende, mitschwingende Erotik vom Krampus. Nicht zuletzt auf den alten Grußkarten, die George L. Peters auf seiner Website hortet, kommt das nicht nur unterschwellig zum Vorschein.
Krampus Creature Feature
Die Kostümfrage ist aufgrund der unzähligen, von Region zu Region variierenden Krampus-Darstellungen eigentlich keine leichte. Hier greift allerdings Doughertys Know-how in Bezug auf das Horrorgenre, das er schon in »Trick’r’Treat« gezeigt hat. »Jeder hat seine eigene Vorstellung wie er aussieht, darum haben wir die Kreatur über lange Strecken im Schatten verborgen und mysteriös gehalten. Wie in jedem guten Monsterfilm, will man nicht zu früh zu viel von seiner Kreatur offenbaren.« Die Überraschung mag am Ende dafür umso größer sein.
Michael Doughertys »Krampus« schwankt immer wieder zwischen Klamauk, echtem Horror und sogar ein wenig gesellschaftskritischem Kommentar. Die eigentliche Sensation ist allerdings weniger der Film an sich als die Tatsache, dass es nun einen US-Film von einem Major Studio gibt, in dem der Krampus den Protagonisten darstellt, auch wenn kaum Ursprüngliches daran haften geblieben ist. Es bleibt ein popkulturelles Kunststück, diese verschiedensten Elemente und Bräuche derart erbarmungslos durchzumischen und einen kuriosen Hype, der bereits Fernsehen, Reddit, Web und Souvenirläden erklommen hat, auf’s nächste Level zu heben. Viel Spaß mit dem Krampus, Amerika! Vielleicht entdecken wir erst durch eure Euphorie unsere eigene alte Freude daran. Oder wir übergeben euch den zotteligen Hardcore-Katholiken mit Erleichterung. Darüber werden wir noch abstimmen.
»Krampus« läuft ab 4. Dezember in den heimischen Kinos.