Asaf Avidan war zu Gast im Wiener Konzerthaus und hat dort sein Herz ausgeschüttet.
Nach den ersten zwei Liedern erhebt sich der gebürtige Israeli von seinem Hocker, lächelt und bittet um mehr Licht. Er möchte sich erst vorstellen. Sein Name ist Asaf Avidan und er ist Musiker. Auch wenn das Publikum jetzt denke, das sei ja klar, der steht ja da oben mit seiner Gitarre, so ist er selbst immer noch etwas verwundert darüber, weil er erst vor ein paar Jahren mit dem Musikmachen angefangen hat.
Mit 26 habe er das erste Mal in seinem Leben ernsthaft eine Gitarre in die Hand genommen – der Grund war der Schmerz über seine erste zerbrochene Liebe. Avidan erzählt und erzählt und er kann das, mit Sinn für Humor, Tragikkomik, Pointen und die wichtigen Details, etwa die in einer Frau-Mann Beziehung. Eines seiner Resumes: "We learned a very important lesson: falling out of love is a very different experience than falling in love."
Glücklicherweise hatte sein Schmerz über das Ende seiner ersten großen Liebe auch eine überaus positive Seite – sein erster Song wurde geboren: "This cool." Und diesen spielt er auch in Wien. Von Beginn an reizt er seine Stimme aus, klagend, flehend, fordernd, besänftigend, flüsternd, treibend, stampfend und ganz besonders und immer leidend. Und wenn er dann ganz viel leidet, dann ist Asaf Avidan am besten.
Seine Lieder hat er mit Poesie ausgekleidet, mit poetischen Betrachtungen der großen und ungelösten Fragen zwischen Leben und Tod. Politik ist dabei kein Thema, auch wenn sich der Künstler in Interviews immer wieder kritisch dazu äußert, unter anderem zur Lage in seinem Heimatland Israel, bleibt diese beim Songschreiben außen vor. Dieser Zugang hängt auch damit zusammen, dass Avidan seine Musik, wie er erklärt, als etwas sehr Privates und Intimes definiert, als etwas, das er ist, und als etwas, das seine ganz persönliche Therapie ist.
Egal ob Band oder Solo
Das Spannende am Wiener Konzerthausauftritt lag freilich in der Differenz zu seinen früheren Auftritten mit seiner Band the Mojos, beispielsweise im Rahmen seiner 2013er Tour, bei der er auch im Wiener Gasometer Halt machte. Die Ruhe im Mozartsaal im Unterschied zum Gasometer ist beeindruckend. Der Künstler genießt die volle Aufmerksamkeit, die Aufmerksamkeit eines sitzendes Publikums. Avidan ist als One Man Show nicht besser oder schlechter als mit seiner Band. Trotz seiner wuchtiger Stimme, trotz aufwühlender Geschichten, ist die Stimmung geprägt von einer äußerst angenehmen Ruhe und Entspanntheit.
Amüsant war dann gegen Ende des Abends noch die Vorstellung eines außergewöhnlichen Instruments, welches Avidan in einem Folkshop in Arizona entdeckte, eine Autoharp. Ein wundersames Instrument, so Avidan, weil es so viele Saiten hat, und weil es erfunden wurde "… for people who dont know to play music to play music."
Obligatorische Zugabe wird "Reckoning Song", der ihn vor drei Jahren weltweit bekannt gemacht hat. Nach "Love it or leave it", das sich eine Frau aus dem Publikum wünscht, ist dann das Ende des Abends erreicht. Avidan, der ab und an einen Schluck aus seinem Whiskyglas nimmt, entgeht nicht, dass einige in der ersten Reihe sich ihren Flachmann zu Lippen führen. "Oh, you brought your own whisky, that’s great!" Nimmt sein Glas und stösst mit dem Publikum an. Prost!